Gesetzesänderung bei Besitz von Kinderpornografie: Strafe wird gesenkt

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Am 16. Mai 2024 hat der Bundestag eine bedeutende Änderung des § 184b StGB verabschiedet, welche die Mindeststrafe für das Verbreiten von Kinderpornografie von einem Jahr auf sechs Monate und für den reinen Besitz auf drei Monate Freiheitsstrafe senkt. Diese Änderung hat weitreichende Konsequenzen für die Verteidigung in entsprechenden Strafverfahren. In diesem Beitrag werden die wichtigsten Änderungen erläutert und aufgezeigt, welche neuen Verteidigungsmöglichkeiten sich nun bieten.

Hintergrund der Gesetzesänderung

Die Verschärfung des § 184b StGB im Jahr 2021, welche den Besitz von Kinderpornografie zu einem Verbrechen anhob, führte zu erheblichen Diskussionen und Probleme in der Praxis.  Kritiker bemängelten, dass selbst bei geringfügigen Verstößen zwingend eine Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr verhängt werden musste, was oftmals unverhältnismäßig erschien. Mit der neuen Regelung trägt der Gesetzgeber den Einwänden Rechnung und ermöglicht wieder eine differenziertere Betrachtung der Einzelfälle. Gerade bei wenigen Dateien, kann nunmehr auf ein deutlich besseres Ergebnis gehofft werden.

Die wichtigsten Änderungen im Überblick

  • Mindeststrafe gesenkt: Die Mindeststrafe für das Verbreiten von Kinderpornografie wird von einem Jahr auf sechs Monate Freiheitsstrafe herabgesetzt. Beim reinen Besitz und Erwerb sogar auf drei Monate.

  • Neuklassifizierung als Vergehen: Durch die Senkung der Mindeststrafe wird der Besitz von Kinderpornografie nun als Vergehen und nicht mehr als Verbrechen eingestuft.

  • Erweiterte Verteidigungsmöglichkeiten: Mehr Spielraum für die Verteidigung, insbesondere bei geringfügigen Fällen.

Auswirkungen auf die Verteidigung

Insbesondere die Neubewertung als Vergehen eröffnet neue Verteidigungsperspektiven:

1. Möglichkeit der Einstellung des Verfahrens

Bei geringfügigen Fällen, insbesondere wenn es sich nur um wenige Dateien handelt, bestehen nun bessere Chancen, das Verfahren ohne öffentliche Hauptverhandlung einzustellen. Hier können besonders die Regelungen der §§ 153, 153a StPO (Einstellung des Verfahrens bei Geringfügigkeit bzw. unter Auflagen) zur Anwendung kommen.

2. Vermeidung von Vorstrafen

Durch die Möglichkeit der Einstellung des Verfahrens kann auch eine Vorstrafe vermeiden werden. Bei einer Einstellung gelten Sie weiterhin als unschuldig und es erfolgt keine Eintragung im Führungszeugnis. Dies ist insbesondere für das persönliche und berufliche Fortkommen von erheblicher Bedeutung..

3. Erledigung ohne Hauptverhandlung

Auch in Fällen, in denen eine Einstellung nicht mehr möglich ist, weil zum Beispiel doch mehr Dateien gefunden wurden, kann nun eine Hauptverhandlung vermieden werden. Eingestuft als Verbrechen musste die Staatsanwaltschaft immer Anklage erheben, wenn ein hinreichender Tatverdacht bestand und dies führte automatisch zu einer öffentlichen Hauptverhandlung. Dadurch, dass der Straftatbestand nunmehr nur noch ein Vergehen sein wird, können die Sachen aber auch ohne öffentliche Hauptverhandlung, zum Beispiel durch einen schriftlichen Strafbefehl, erledigt werden. Dies vermeidet, dass der Vorwurf öffentlich wird.

Vorteile für Betroffene

Die Änderung des Gesetzes bietet für Betroffene deutliche Erleichterungen:

  • Weniger Stigmatisierung: Durch die Möglichkeit der Verfahrenseinstellung kann die öffentliche Bloßstellung und Stigmatisierung vermieden werden.

  • Geringere Strafen: Bei Verurteilung drohen nun mildere Strafen, was insbesondere für Ersttäter von großer Bedeutung ist.

  • Mehr Verhandlungsspielraum: Verteidiger haben nun mehr Möglichkeiten, individuelle Lösungen zu erarbeiten und die Interessen ihrer Mandanten effektiv zu vertreten.

FAQ zur Gesetzesänderung im Besitz von Kinderpornografie

Wann tritt die Gesetzesänderung in Kraft?

Der genaue Zeitpunkt des Inkrafttretens ist noch nicht sicher, da das Gesetz noch den Bundesrat passieren und anschließend verkündet werden muss. Diese Schritte sind jedoch übliche Formalitäten und werden zeitnah erfolgen.

Was bedeutet die Senkung der Mindeststrafe konkret?

Durch die Senkung der Mindeststrafe von einem Jahr auf sechs bzw.. drei Monate wird das Verbreiten und der Besitz von Kinderpornografie nun als Vergehen und nicht mehr als Verbrechen eingestuft. Dies ermöglicht mildere Strafen und eröffnet neue Verteidigungsmöglichkeiten.

Welche neuen Verteidigungsmöglichkeiten gibt es?

Zu den neuen Verteidigungsmöglichkeiten gehört das Hinwirken auf eine Einstellung des Verfahrens bei geringfügigen Fällen oder aber die Erledigung mit einem schriftlichen Strafbefehl.

Können Verfahren jetzt eingestellt werden?

Ja, insbesondere bei geringfügigen Fällen besteht nun die Möglichkeit dass das Verfahren ohne öffentliche Hauptverhandlung eingestellt werden kann. Dies ist nach der bisherigen Rechtslage nicht möglich, da es bei einem hinreichenden Tatverdacht zwingend zu einer Gerichtsverhandlung kommen musste.

Was bedeutet das für Ersttäter?

Für Ersttäter bedeutet die Gesetzesänderung eine erhebliche Erleichterung, da die mildere Strafandrohung und die erweiterten Verteidigungsmöglichkeiten eine weniger drastische strafrechtliche Konsequenz zur Folge haben können.

Fazit und Ausblick

Die Gesetzesänderung stellt einen wichtigen Schritt hin zu einer differenzierteren und gerechteren Strafverfolgung im Bereich der Kinderpornografie dar. Sie eröffnet neue Verteidigungsstrategien und ermöglicht es, insbesondere in weniger schweren Fällen, humanere Lösungen zu finden.

Wann genau die Neuregelung in Kraft tritt, ist noch nicht abschließend geklärt, da das Gesetz noch durch den Bundesrat muss. Es ist im Bundesrat aber nicht mit Widerstand zu rechnen, da die Entschärfung auf breiter Front unterstützt wird.

Wenn Sie oder jemand aus Ihrem Umfeld von einem entsprechenden Verfahren betroffen sind, stehe ich Ihnen mit meiner Erfahrung und Fachkompetenz gerne zur Seite. Kontaktieren Sie mich gerne für ein kostenfreies und unverbindliches Erstgespräch.

Foto(s): Consultatio Strafverteidiger

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