KCanG - Konsumcannabisgesetz... und jetzt?

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Sicher haben auch Sie es mitbekommen. Das Konsumcannabisgesetz ist da. Legalisierung? Entkriminalisierung? Es ist alles leider gar nicht so einfach, wie viele gehofft hatten. Aber der Reihe nach: Es folgt ein Versuch, einiges auf das Wesentliche zu komprimieren:


I.

Die für Cannabis-Konsumenten wichtigste Norm ist sicherlich § 3 KCanG:

"(1) Personen, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, ist der Besitz von bis zu 25 Gramm Cannabis, bei Blüten, blütennahen Blättern oder sonstigem Pflanzenmaterial der Cannabispflanze bezogen auf das Gewicht nach dem Trocknen, zum Eigenkonsum erlaubt.

(2) Personen, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, ist abweichend von Absatz 1 im Geltungsbereich dieses Gesetzes an ihrem Wohnsitz oder an ihrem gewöhnlichen Aufenthalt der Besitz von Cannabis wie folgt erlaubt: 

1.von bis zu 50 Gramm Cannabis, bei Blüten, blütennahen Blättern oder sonstigem Pflanzenmaterial der Cannabispflanze bezogen auf das Gewicht nach dem Trocknen, und2.von bis zu drei lebenden Cannabispflanzen.

In den Fällen des erlaubten Besitzes von Cannabis nach Satz 1 Nummer 1 und Absatz 1 darf die insgesamt besessene Menge 50 Gramm Cannabis, bei Blüten, blütennahen Blättern oder sonstigem Pflanzenmaterial der Cannabispflanze bezogen auf das Gewicht nach dem Trocknen, nicht übersteigen."


II.

Mehr als 50 und bis zu 60 Gramm an seinem Wohnsitz oder seinem gewöhnlicher Aufenthalt oder mehr als 25 und bis zu 30 Gramm an anderen Orten zu besitzen, ist immer noch nicht strafbar, sondern "nur" eine Ordnungswidrigkeit (vgl. § 36 KCang).


III.

Große Augen gab es bei nahezu allen Personen, die in der Strafjustiz tätig sind, seien es Richter:innen, Staatsanwaltschaften oder die Verteidigung. Die nicht geringe Menge THC sollte zwar gemäß den Überlegungen des Gesetzgebers deutlich angehoben werden (vgl. die Begründung zum Gesetz), blieb aber auch mit neuer Gesetzeslage weiter den Gerichten überlassen. 

Mit zwei Beschlüssen der letzten Tage haben sowohl der erste, als auch der fünfte Strafsenat des Bundesgerichtshofs (Beschluss vom 18.04.2024, Az. 1 StR 106/24 und vom 23. April 2024, Az. 5 StR 153/24 ) diesen Hoffnungen ein mindestens vorläufiges Ende bereitet: Die "Risikobewertung" bliebe die Gleiche, also bleibt auch weiterhin die nicht geringe Menge bei 7,5 Gramm THC (Wirkstoffgehalt). 

Dass viele diese Begründung vollkommen unsinnig und schlichtweg unvertretbar finden, ändert zunächst nichts daran. 

Man darf aber sicherlich festhalten, dass es seltsam anmutet, dass bei bis zu 60 Gramm Cannabisbesitz zuhause keine Strafbarkeit gegeben ist, aber ab 60,1 Gramm mit einem normalen THC-Gehalt von 13 % dann gleich ein besonders schwerer Fall vorliegen soll. Eine Überschreitung der Strafbarkeitsschwelle um 0,1 Gramm erscheint dem Verfasser alles andere als ein "besonders schwerer" Fall.

Wenn der Normalfall, also dass Mengen über 60 Gramm mehr als 7,5 % THC enthalten, nach Auffassung des BGH nun (fast) immer gleich ein "besonders schwerer Fall" mit erhöhter Strafandrohung sein soll, dann ist das rechtlich kaum nachzuvollziehen. Denn damit hat man die Situation, dass Dank dieser Rechtsprechung im Prinzip jeder Fall jetzt ein besonders schwerer Fall ist:

Keine Strafbarkeit bis 60 Gramm. Besonders schwerer Fall bei 60,1 Gramm. Ein besonders schwerer Fall zeichnet sich ja aber (Überraschung!) gerade dadurch aus, dass er besonders schwer ist und nicht der Standardfall. Es wird nun wohl erst einmal dazu kommen, dass der Regelstrafrahmen für "normale" Mengen kaum mehr Anwendung finden und auch das Absehen von der Verfolgung bei geringer Schuld (§ 35a KCanG) ausgehebelt wird, da ja fast alle Fälle "besonders schwer" sind.

Man kann zum Konsum von Cannabis stehen wir man will - aber diese Gesetzesauslegung schreit förmlich nach einer Überprüfung durch den Großen Senat des Bundesgerichtshofs, das Bundesverfassungsgericht und eine hoffentlich bald durch den Gesetzgeber neu vorgeschriebene nicht geringe Menge, die sich sinnvollerweise bei über 60 Grammn THC bewegen müsste.

Über einige weitere Entwicklungen (die Frage, ob jetzt Menschen mit legalen Mengen standardmäßig potenzielle Zeugen sein sollen in Ermittlungsverfahren gegen "unbekannte" Dealer, ob Ermittlungsverfahren wegen Geldwäsche eingeleitet werden können etc) darf man sich ebenfalls wundern.


IV. 

Als Fazit kann festgehalten werden, dass das derzeitige Gesetz in der Praxis nur schwer handhabbar ist, die Rechtsprechung des BGH seltsam anmutet und es, sobald man als Beschuldigter oder Zeuge geführt wird, nach wie vor der richtige Weg ist, sich eines anwaltlichen Beistands zu bedienen, der mit dieser Materie vertraut ist.




Rechtstipp aus den Rechtsgebieten

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