Begutachtungsanordnungen für Soldaten 90/5 - Impftauglichkeit und COVID-19 im Wehrrecht

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Jeder Soldat kennt es. Steht irgendeine Verwendung an, soll eine Begutachtung oder kurz 90/5, über die jeweilige Dienst- oder Verwendungsfähigkeit durch den Truppenarzt erstellt werden.

Für diesen Zweck erhalten Sie von Ihrem Disziplinarvorgesetzten das entsprechende Formular, das Sie dann Ihrem Truppenarzt überreichen sollen. Dieser führt die Untersuchung durch, notiert das Ergebnis auf dem Formular, was dann Ihr Disziplinarvorgesetzter Ihnen förmlich zu eröffnen hat.

Dieses Verfahren regelt die zentrale Dienstvorschrift A-831/0-4000. Dort sind in Anlage 7 auch diejenigen Ergebnisse aufgeführt, die der Truppenarzt dem Disziplinarvorgesetzten mitteilen darf.


Täglicher Missbrauch durch Disziplinarvorgesetzte

Immer wieder erreichen uns jedoch Nachrichten von Kameraden, dass Ihr Disziplinarvorgesetzte ihnen gegenüber eine Begutachtungsanordnung getroffen hat, wonach der Truppenarzt feststellen solle, ob eine

„Impftauglichkeit“

hinsichtlich einer COVID-19 Impfung bestehe oder ob angebliche

„Kontraindikationen“

für eine solche Impfung bestehen sollen.


Solche Begutachtungsanordnungen (90/5) sind unzulässig. Soldaten müssen eine solche Untersuchung nicht nach § 17a II Nr. 2 SG dulden. Eine solche Begutachtungsanordnung kann allenfalls freiwillig vollzogen werden.


Wir empfehlen jedem Kameraden dringend, sich einer solchen Begutachtungsanordnung nicht freiwillig zu unterziehen.


Einziger Zweck, eine solche Begutachtungsanordnung durchzuführen, dürfte darin bestehen, Sie disziplinarrechtlich oder auch strafrechtlich zu überführen und entsprechend zu bestrafen.

Begutachtungsanordnungen, die irgendeine „Impffähigkeit“ oder „Kontraindikationen“ gegen eine ganz bestimmte Immunisierung feststellen/überprüfen sollen, sind nicht verpflichtend und müssen von Ihnen also auch nicht geduldet werden.

Sie sind auch nicht verpflichtet, Ihrem Disziplinarvorgesetzten mitzuteilen, ob Sie gegen eine ganz bestimmte Infektionskrankheit immunisiert wurden oder aus welchen Gründen eine solche Immunisierung nicht stattgefunden hat. Das sind Informationen bzw. personenbezogene Daten, die den Disziplinarvorgesetzten nichts angehen. Besprechen Sie solche Angelegenheiten ausschließlich mit Ihrem Truppenarzt und nicht mit Ihrem Disziplinarvorgesetzten oder dem Kompaniefeldwebel. Wir raten dringend davon ab, solche Themen mit irgendwem außerhalb des San-Bereichs zu besprechen.

Ihr Disziplinarvorgesetzter will von Ihnen solche Informationen nur deshalb erhalten, damit er Sie hinsichtlich einer bestimmten Impfung unter Druck setzen kann und gegebenenfalls Beweise dafür hat, dass Sie bislang nicht gegen eine ganz bestimmte Infektionskrankheit geimpft wurden. Auf anderem Wege kann er legal solche Informationen nicht erhalten und Sie demgemäß auch nicht disziplinarrechtlich verfolgen.

Ihr Disziplinarvorgesetzter wird also versuchen, solche Informationen über Ihren Truppenarzt durch eine Begutachtungsanordnung (90/5) zu erhalten. Solche Begutachtungen sind unzulässig und müssen von Ihnen nicht geduldet werden, wie nunmehr auch das Truppendienstgericht Süd in einem Beschluss vom 06.07.2022 (S4 GL 15/22), den wir für einen Kameraden erwirkt haben, festgestellt hat.

Dort bezweifelt das Truppendienstgericht auch die rechtliche Zulässigkeit des Verfahrens aus der „Handreichung des BMVg Lagezentrum Corona-LZ2461 vom 11.02.2022 hinsichtlich der Übertragung von Daten auf das „Wiederbestellblatt Impfmaßnahmen Bundeswehr“.

Wir haben dieses Verfahren von Anfang an für offensichtlich rechtswidrig gehalten. Das in der „Handreichung“ beschriebene Verfahren dient unserer Ansicht nach ausschließlich dazu, rechtliche Vorgaben hinsichtlich der Verschwiegenheit der Truppenärzte und der Zulässigkeit von Untersuchungen zu umgehen, um Soldaten disziplinar- und strafrechtlich verfolgen zu können.

Mit dem oben genannten Beschluss hat nunmehr auch das Truppendienstgericht einem solchen Vorgehen zunächst die Grundlage entzogen. Wir haben das Verfahren für einen Kameraden geführt, dem auch eine Begutachtungsanordnung aufgegeben wurde, weil er nach Ansicht seines Disziplinarvorgesetzten, angebliche Impfpflichten nicht erfüllt haben soll.

Tatsächlich hatte der Disziplinarvorgesetzte aber keine Informationen über die gesundheitliche Lage unseres Mandanten, weil den Disziplinarvorgesetzten solche Daten auch nichts angehen.

Dem Verfahren folgen aber viele Einheiten der Bundeswehr, wonach gegen Soldaten einfach mal ein Disziplinarverfahren eingeleitet wird und diese dann gezwungen werden, Ihren Impfstatus gegenüber dem Disziplinarvorgesetzten nachzuweisen. Das ist grob rechtswidrig. Sie sollten sich solchen Verfahren nicht widerstandslos beugen. Grundsätzlich hat der Disziplinarvorgesetzte Ihnen das Dienstvergehen nachzuweisen.


Nicht Sie müssen Ihre Unschuld beweisen, sondern der Disziplinarvorgesetzte muss Ihre Schuld zweifelsfrei nachweisen.


Daher wird über den Umweg einer Begutachtungsanordnung (90/5) rechtswidrig versucht, an Informationen zu kommen, an die der Disziplinarvorgesetzte sonst nicht kommt.

Sollte bei Ihnen eine solche Begutachtungsanordnung im Raum stehen oder gar schon zu strafrechtlichen oder disziplinarrechtlichen Konsequenzen geführt haben, sollten Sie unverzüglich anwaltlichen Rat in Anspruch nehmen.


Leider hat sich in der Vergangenheit gezeigt, dass die Kollegen des DBwVin dieser Angelegenheit nicht im ausreichenden Maße Hilfe leisten können oder Hilfe leisten wollen.

Lassen Sie sich vor jeder Vernehmung durch den Disziplinarvorgesetzten anwaltlich beraten! In den allermeisten Fällen können disziplinarrechtliche Maßnahmen durch eine frühzeitige rechtliche Beratung vermieden werden.

Melden Sie sich in ähnlichen Fällen bei uns. Eine kurze juristische Einschätzung hilft oft, schwere Fehler zu vermeiden. In dringenden Fällen erhalten Sie auch kurzfristig einen telefonischen Termin.


Wir kämpfen einseitig nur für Ihr Recht!

Zur Person:

Rechtsanwalt Giesen ist 58 Jahre alt und seit über 30 Jahren im Wehrrecht tätig. Er hat selbst über 12 Jahre als SaZ in der Bundeswehr als Jäger, Begleitjäger und zuletzt als Feldjäger gedient und in Zuziehungen Kontakt zur Truppe gehalten. Im Gegensatz zu vielen anderen im Wehrrecht tätigen Kollegen hat Rechtsanwalt Giesen also seine Erfahrungen bei der Bundeswehr nicht durch Belastungen der Truppe in kürzeren (Freizeit-)Reserveübungen gemacht, sondern kennt Ihre Probleme aus langjähriger eigener Erfahrung. Rechtsanwalt Giesen vertritt ausschließlich Soldaten gegen den Dienstherren und wechselt seinen Hut nicht dadurch, dass er in (Freizeit-)Reserveübungen die Rolle des Disziplinarvorgesetzten einnimmt und nach dieser Tätigkeit wieder die eines angeblichen Verteidigers. Rechtsanwalt Giesen vertritt konsequent Ihre Rechte ohne Rücksicht auf mögliche Loyalitäten gegenüber dem Dienstherren/Disziplinarvorgesetzten aus (Freizeit-)Reserveübungen.

Wir kämpfen einseitig nur für Ihr Recht!


In dringenden Fällen erhalten Sie kurzfristig eine erste Einschätzung Ihrer Sache in einem Telefontermin.


Rechtstipp aus den Rechtsgebieten

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