Nießbrauch an Gesellschaftsanteilen als Gestaltungsmittel der Unternehmensnachfolge: Steuerrechtliche Aspekte

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Die Nachfolgeplanung in Familienunternehmen stellt eine komplexe Herausforderung dar, bei der nicht nur wirtschaftliche und rechtliche, sondern vor allem steuerliche Aspekte eine zentrale Rolle spielen. Eine besonders interessante Gestaltungsmöglichkeit, die sowohl den Generationenwechsel erleichtert als auch steuerliche Vorteile bietet, ist der Nießbrauch an Gesellschaftsanteilen.


Definition und rechtliche Grundlagen

Nießbrauch ist das dingliche Recht, die Nutzungen eines fremden Gegenstandes zu ziehen (§ 1030 BGB). Im Kontext von Gesellschaftsanteilen bedeutet dies, dass der Nießbraucher die Erträge (z.B. Dividenden) aus den Gesellschaftsanteilen erhält, ohne deren rechtlicher Eigentümer zu sein. Der Eigentümer bleibt der sogenannte „nackte Eigentümer“, der die Anteile formal besitzt, jedoch keine direkten Erträge daraus zieht.


Steuerrechtliche Vorteile des Nießbrauchs

Die Anwendung des Nießbrauchs an Gesellschaftsanteilen bietet zahlreiche steuerliche Vorteile, die insbesondere im Bereich der Erbschaft- und Schenkungsteuer sowie der Einkommensteuer relevant sind.


Erbschaft- und Schenkungsteuer

  1. Minderung der Bemessungsgrundlage: Beim Nießbrauch an Gesellschaftsanteilen wird der Wert des Nießbrauchs vom Wert der übertragenen Anteile abgezogen. Dies führt zu einer geringeren Bemessungsgrundlage für die Schenkungsteuer, da nur der Wert des nackten Eigentums besteuert wird. Der Wert des Nießbrauchs richtet sich nach der voraussichtlichen Lebensdauer des Nießbrauchers und den zu erwartenden Erträgen.
  2. Steuerfreibeträge: Durch geschickte Nutzung von Steuerfreibeträgen kann die Steuerlast weiter reduziert werden. So können bei Schenkungen unter Ehegatten oder eingetragenen Lebenspartnern Freibeträge von bis zu 500.000 Euro und bei Kindern von bis zu 400.000 Euro genutzt werden.
  3. Steuerstundung: Der Nießbrauch kann eine Art der Steuerstundung darstellen. Durch die Aufteilung in Nießbrauch und nacktes Eigentum kann die sofortige Steuerzahlung reduziert werden, da der Nießbrauchswert vom übertragenen Wert abgezogen wird.


Einkommensteuer

  1. Vermeidung von Progressionswirkungen: Die Aufteilung der Erträge zwischen dem Nießbraucher und dem nackten Eigentümer kann dazu beitragen, Progressionswirkungen bei der Einkommensteuer zu vermeiden. Dies ist besonders relevant, wenn der Nießbraucher und der nackte Eigentümer unterschiedliche steuerliche Belastungen haben.
  2. Absetzung für Abnutzung (AfA): Im Fall von gewerblichen Einkünften kann der Nießbraucher unter bestimmten Umständen die Absetzung für Abnutzung (AfA) geltend machen. Dies kann die steuerliche Belastung des Nießbrauchers weiter senken.


Steuerliche Gestaltungsmöglichkeiten

Die Ausgestaltung des Nießbrauchs an Gesellschaftsanteilen kann flexibel erfolgen, um die steuerlichen Vorteile optimal zu nutzen. Wichtige Gestaltungsmöglichkeiten umfassen:

  • Zeitlich befristeter Nießbrauch: Ein zeitlich befristeter Nießbrauch kann genutzt werden, um den Übergang zu einem bestimmten Zeitpunkt abzuschließen und steuerlich optimal zu planen.
  • Vorbehaltsnießbrauch: Der Übergebende behält sich den Nießbrauch vor, bis er vollständig auf den Nachfolger übertragen wird. Dies kann insbesondere bei Schenkungen innerhalb der Familie steuerliche Vorteile bieten.
  • Bewertung des Nießbrauchs: Die Bewertung des Nießbrauchs muss sorgfältig erfolgen, um die steuerlichen Vorteile optimal zu nutzen. Hierbei spielt die Restlebensdauer des Übergebenden und die Höhe der erwarteten Erträge eine Rolle. Eine exakte Berechnung ist notwendig, um steuerliche Vorteile zu maximieren und rechtliche Unsicherheiten zu vermeiden.


Steuerliche Herausforderungen und Fallstricke

Obwohl der Nießbrauch an Gesellschaftsanteilen viele steuerliche Vorteile bietet, gibt es auch Herausforderungen und Fallstricke, die beachtet werden müssen:

  • Einfluss auf die Unternehmensführung: Der Nießbraucher hat in der Regel keine Mitbestimmungsrechte in der Gesellschaft, es sei denn, dies wird vertraglich anders geregelt. Dies kann zu Konflikten führen, wenn der Nießbraucher dennoch Einfluss auf die Unternehmenspolitik nehmen möchte.
  • Ertragsschwankungen: Da der Nießbraucher auf die Erträge der Gesellschaft angewiesen ist, können Schwankungen der Unternehmensgewinne zu finanziellen Unsicherheiten führen. Eine vertragliche Absicherung kann hier Abhilfe schaffen.
  • Gesellschaftsrechtliche Zustimmung: In vielen Gesellschaften (insbesondere bei GmbHs und AGs) ist die Übertragung von Anteilen oder Rechten daran zustimmungspflichtig. Es ist daher unerlässlich, die Bestimmungen des Gesellschaftsvertrages zu prüfen und gegebenenfalls anzupassen.

    Fazit

Der Nießbrauch an Gesellschaftsanteilen stellt ein vielseitiges und effektives Instrument in der Unternehmensnachfolge dar. Er ermöglicht eine flexible und steuerlich optimierte Übergabe der Unternehmensanteile, wobei die Interessen sowohl des Übergebenden als auch des Übernehmenden gewahrt bleiben. Eine sorgfältige rechtliche und steuerliche Beratung ist jedoch unerlässlich, um die Vorteile dieser Gestaltungsmöglichkeit voll auszuschöpfen und rechtliche Fallstricke zu vermeiden.


Rechtstipp aus den Rechtsgebieten

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