Leitender Angestellter: Welche Pflichten und Befugnisse hat er?
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Wer ist ein leitender Angestellter?
Wenn einem Arbeitnehmer wesentliche Arbeitgeberbefugnisse übertragen wurden, spricht man von einem leitenden Angestellten. Insbesondere die Einstellungs- und Entlassungsbefugnis, eine Generalvollmacht, eine erhebliche Handlungsvollmacht oder Prokura können solche Aufgaben sein. Wenn mindestens eine der drei genannten Funktionen dauerhaft übertragen ist, ist der Arbeitnehmer leitender Angestellter im Sinne des Betriebsverfassungsgesetzes (BetrVG).
Im Sinne des Betriebsverfassungsrechts § 5 Abs. 3 ist ein leitender Angestellter, wer nach Arbeitsvertrag und Stellung im Unternehmen oder im Betrieb zur selbstständigen Einstellung und Entlassung von im Betrieb oder in der Betriebsabteilung beschäftigten Arbeitnehmern berechtigt ist oder Generalvollmacht oder Prokura hat und die Prokura auch im Verhältnis zum Arbeitgeber nicht unbedeutend ist oder regelmäßig sonstige Aufgaben wahrnimmt, die für den Bestand und die Entwicklung des Unternehmens oder eines Betriebs von Bedeutung sind und deren Erfüllung besondere Erfahrungen und Kenntnisse voraussetzt, wenn er dabei entweder die Entscheidungen im Wesentlichen frei von Weisungen trifft oder sie maßgeblich beeinflusst; dies kann auch bei Vorgaben insbesondere aufgrund von Rechtsvorschriften, Plänen oder Richtlinien sowie bei Zusammenarbeit mit anderen leitenden Angestellten gegeben sein. Für leitende Angestellte im Sinne des Betriebsverfassungsgesetzes (BetrVG) gilt das BetrVG und das Arbeitszeitgesetz nicht.
Weitergehende Pflichten als andere Arbeitnehmer
Fehlverhalten im Privatleben, die bei anderen Arbeitnehmern keinen Bezug zum Arbeitsverhältnis hätten, können bei leitenden Angestellten eine verhaltensbedingte Kündigung nach sich ziehen. Voraussetzung ist, dass ein solches Fehlverhalten das Ansehen des Arbeitgebers schädigt. Dies ist etwa bei einer Trunkenheitsfahrt oder kleinen Eigentumsdelikten, wie einer Unterschlagung, möglich. Leitende Angestellte haben daher eher die Pflicht, die Interessen ihres Arbeitgebers über ihre arbeitsvertraglichen Verpflichtungen hinaus wahrzunehmen.
Leitende Angestellte haben auch keine gesetzlich geregelte Arbeitszeit. Nach § 18 ArbZG sind diese vom Arbeitszeitgesetz ausgenommen. Demnach ist beispielsweise eine Verlängerung der Arbeitszeit über zehn Stunden oder das Arbeiten an Sonntagen uneingeschränkt möglich.
Unter welchen Voraussetzungen sind leitende Angestellte kündbar?
Grundsätzlich sind bei leitenden Angestellten dieselben Fristen wie bei normalen Arbeitnehmern einzuhalten, das heißt, es müssen erhebliche Gründe für ordentliche und außerordentliche Kündigungen vorliegen. Das Kündigungsschutzgesetz (KSchG) ist gemäß § 14 Abs. 2 KSchG und § 9 Abs. 1 Satz 2 KSchG nur eingeschränkt anwendbar. Demzufolge hat das Gericht auf Antrag des Arbeitgebers das Arbeitsverhältnis aufzulösen und den Arbeitgeber zur Zahlung einer angemessenen Abfindung zu verurteilen, wenn Gründe vorliegen, die eine den Betriebszwecken dienliche weitere Zusammenarbeit zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer nicht erwarten lassen.
Von den Schutzstandards zugunsten von Arbeitnehmern werden leitende Angestellte ausgeschlossen, so z. B. von dem Schutz vor Massenentlassungen, den die Richtlinie 98/59/EG (europäische Richtlinie) vorgibt. Das Europarecht geht bei einer Kollision mit dem deutschen Recht nämlich grundsätzlich vor. Die Schutzstandards sind im Licht des Europarechts entweder richtlinienkonform auszulegen, als unwirksam einzustufen, oder es werden Schadensersatzansprüche der Betroffenen gegen den EU-Mitgliedstaat, der die EU-Vorgaben nicht entsprechend umgesetzt hat, ausgelöst.
Sprecherausschuss statt Betriebsrat
Der Betriebsrat hat bei der Kündigung leitender Angestellter kein Mitspracherecht. Bei einer unwirksamen Kündigung kann die Rückkehr zum Arbeitsplatz durch einen Auflösungsantrag gerichtlich geregelt und unterbunden werden. Ihnen steht dann eine Abfindung zu.
Möglicherweise werden die Interessen von einem bestehendem Sprecherausschuss durch diesen wahrgenommen. Gemäß dem Sprecherausschussgesetz (SprAuG) sind in Betrieben mit in der Regel mindestens zehn leitenden Angestellten Sprecherausschüsse der leitenden Angestellten zu wählen (§ 1 Abs. 2 SprAuG). Das Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) findet, da in ihm nicht ausdrücklich etwas anderes bestimmt ist, gemäß § 5 Abs. 3 BetrVG keine Anwendung auf leitende Angestellte. Somit ist auch in Betrieben, die einen Betriebsrat errichtet haben, ein leitender Angestellter im Gegensatz zu einem anderen Arbeitnehmer nicht gemäß § 8 BetrVG wählbar, da das Gesetz nicht anwendbar ist.
Die Rechte des Sprecherausschusses sind im Vergleich zu den Rechten des Betriebsrats sehr schwach. Mitglieder des Sprecherausschusses dürfen gemäß § 2 Abs. 3 S. 2 SprAuG wegen ihrer Tätigkeit nicht, auch nicht hinsichtlich ihrer beruflichen Entwicklung, benachteiligt werden. Ein besonderer Kündigungsschutz für Sprecherausschussmitglieder, wie ihn § 15 Kündigungsschutzgesetz (KSchG) für Betriebsratsmitglieder vorsieht, besteht jedoch nicht. Die leitenden Angestellten haben jedoch Anspruch auf Sitze als Arbeitnehmer im Aufsichtsrat (§ 15 Mitbestimmungsgesetz, MitbestG).
Klage bei Unsicherheit möglich
Sind sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer darüber uneinig, ob der Arbeitnehmer leitender Angestellter ist, kann nach § 5 Abs. 3 BetrVG die Statusfrage geklärt werden. Bei Uneinigkeit zwischen Betriebsrat und Arbeitgeber wird durch das Gericht im Beschlussverfahren – ohne mündliche Verhandlung – entschieden. Leitende Angestellte dürfen auch als ehrenamtliche Richter bei Arbeits- und Sozialgerichten fungieren (§§ 22 II Nr. 2, 37 II, 43 III ArbGG, §§ 16 IV Nr. 4, 35 I, 47 SGG).
Leitender Angestellter oder nur Führungskraft?
Abteilungsleiter, Meister oder Betriebsleiter sind außertariflich angestellt. Diese sind aber nicht immer, sondern eher selten leitende Angestellte. Ihnen müssen hierfür stets Arbeitgeberbefugnisse übertragen sein.
Interessanterweise sind Chefärzte in der Regel auch keine leitenden Angestellten im Sinne von § 5 Abs. 3 BetrVG. Anders ist es nur ausnahmsweise dann der Fall, wenn sie Einfluss auf die Unternehmensführung oder bedeutsame Personalbefugnisse haben. Das hat das Landesarbeitsgericht (LAG) Hamm vor einigen Jahren auf der Grundlage der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) klargestellt (LG Hamm vom 10.10.2008, 10 TaBV 24/08).
Angestellte Wirtschaftsprüfer mit Prokura sind gemäß § 45 der Wirtschaftsprüferordnung leitende Angestellte im Sinne des Betriebsverfassungsgesetzes, ohne dass die weiteren Voraussetzungen des Betriebsverfassungsgesetzes erfüllt sein müssen (BAG vom 29. Juni 2011). Für angestellte Steuerberater oder Rechtsanwälte als vergleichbare Berufsgruppe gibt es aber keine entsprechende Regelung.
Wechsel zum Geschäftsführer als Führungskraft
Häufig wird beim Wechsel eines leitenden Angestellten in die Position eines Geschäftsführers das Arbeitsverhältnis aufgehoben. Dies ist jedoch sehr problematisch, wenn der Vertrag nicht von einem Geschäftsführer, sondern wie meistens von einem Vertreter der Gesellschafterversammlung geschlossen wird. Wenn es an einer ausreichenden Vertretung fehlt, ist die integrierte Aufhebungsvereinbarung nämlich schwebend unwirksam. Daher ist grundsätzlich ein schriftlicher Aufhebungsvertrag über das bisherige Arbeitsverhältnis vorzugswürdig (vgl. Bundesarbeitsgericht, Entscheidung vom 24.10.2013, Aktenzeichen: 2 AZR 1078/12).
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