BAG: Einsatz von Rotkreuzschwestern in Krankenhäusern ist Arbeitnehmerüberlassung

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Das Bundesarbeitsgericht hat den Zustimmungsersetzungsantrag eines Krankenhausbetreibers abgewiesen. Der Betriebsrat hat die Zustimmung zur Überlassung einer Rotkreuzschwester mit der Begründung verweigert, die Überlassung sei nicht vorübergehend und verstoße damit gegen § 1 Abs. 1 AÜG. Dort ist geregelt: „Die Überlassung … erfolgt vorübergehend.“

Bundesarbeitsgericht v. 21.02.2017 – 1 ABR 62/12 (s. die Pressemitteilung des BAG)

Warum bedarf der Arbeitgeber der Zustimmung des Betriebsrats?

Jede Einstellung bedarf der Zustimmung des Betriebsrats gemäß § 99 Abs. 1 des Betriebsverfassungsgesetzes. Der Betriebsrat kann die Zustimmung verweigern, wenn die Einstellung gegen Gesetze verstößt.

Die Hereinnahme von Leiharbeitnehmern in den Betrieb ist in diesem Sinne eine „Einstellung“. Das Bundesarbeitsgericht hat bereits in anderem Zusammenhang entschieden, dass der Betriebsrat die Zustimmung bei Leih-Arbeitnehmern verweigern darf, wenn die Arbeitnehmerüberlassung nicht nur vorübergehend erfolgt.

Bundesarbeitsgericht v. 30.09.2014 – 1 ABR 79/12

Warum gilt dies auch für Rotkreuzschwestern?

Das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz gilt eigentlich für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Rotkreuzschwestern sind aber streng genommen gar keine Arbeitnehmerinnen. Sie stehen in einem mitgliedschaftlichen Rechtsverhältnis zum Verein der Rotkreuzschwestern, dem sie angehören. Die Rechte und Pflichten der Schwestern sind satzungsrechtlich geregelt. Dazu gehört auch, dass die Schwestern ihre Arbeitsleistung dort erbringen, wo sie vom Verein eingesetzt werden. In vielen Fällen werden die Schwestern an Krankenhäuser im Rahmen eines Gestellungsvertrags überlassen.

Europäischer Gerichtshof sieht ähnliche Schutzbedürftigkeit bei Gestellung von Schwestern an Krankenhäuser

Das Bundesarbeitsgericht hat nun infolge der von ihm selbst in einem Vorabentscheidungsersuchen herbeigeführten Entscheidung des EuGH in der Rechtssache C-216/15 („Ruhrlandklinik“) die Konsequenz gezogen, dass Art. 1 Abs. 1 und 2 der Leiharbeitsrichtlinie vom 19.11.2008 dahin auszulegen ist, dass auch die Überlassung der Schwestern als Vereinsmitglieder an einen Entleiher zum Zwecke der Erbringung von Arbeitsleistung der Richtlinie unterfalle, also auch, wenn das Vereinsmitglied nach nationalem Recht kein Arbeitnehmer sei.

Das Bundesarbeitsgericht kommt zu dem Ergebnis, dass es sich bei der Gestellung der Schwestern um Arbeitnehmerüberlassung handle. Die Richtlinie sei unionsrechtskonform dahingehend auszulegen, dass diese auch gilt, wenn es sich nicht um Arbeitnehmerinnen, sondern um Vereinsmitglieder handelt, die einen vergleichbaren Schutz wie Arbeitnehmerinnen genießen.  

Auswirkungen auf die Praxis:

Die Entscheidung hat sicherlich immense Auswirkungen für den Einsatz von Rotkreuzschwestern. Diese kann nicht mehr wie bisher über längere Zeiträume erfolgen. Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales hatte bereits vor der BAG-Entscheidung angekündigt, dass gesetzliche Änderungen geplant seien, nach der Rotkreuzschwestern vom Verbot der nicht vorübergehenden Überlassung ausgenommen werden sollen. Dies bleibt abzuwarten.

Dr. Bert Howald

Rechtsanwalt

Fachanwalt für Arbeitsrecht

Anwaltskanzlei Gaßmann & Seidel, Stuttgart


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