Inobhutnahme: Gründe, Ablauf und Rechte der Eltern
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Die Inobhutnahme des eigenen Kindes ist eine Horrorvorstellung für Eltern. Hier können Sie nachlesen, wo die Inobhutnahme gesetzlich geregelt ist, wann eine Inobhutnahme erfolgt, wie sie abläuft und welche Möglichkeiten beziehungsweise Rechte Eltern in dieser Situation haben.
Inobhutnahme durch das Jugendamt
Die Inobhutnahme ist eine zeitlich befristete Interventionsmaßnahme in einer Krisensituation und erfolgt durch das zuständige Jugendamt. Kinder beziehungsweise Jugendliche werden durch das Jugendamt aus ihrer Familie genommen. Oftmals erfolgt die Inobhutnahme aufgrund von Hinweisen aus der Schule, der Kita, von Nachbarn oder weil die Familie dem Jugendamt bereits längere Zeit bekannt ist. Die gesetzliche Grundlage für eine Inobhutnahme ist § 42 Sozialgesetzbuch (SGB) VIII. Danach ist das Jugendamt berechtigt und sogar verpflichtet, ein Kind oder einen Jugendlichen in seine Obhut zu nehmen, wenn
das Kind oder der Jugendliche selbst um die Inobhutnahme bittet
eine dringende Gefahr für das Kindeswohl die Inobhutnahme erforderlich macht und die Personensorgeberechtigten – in der Regel die Eltern – nicht widersprechen oder eine Entscheidung über die Inobhutnahme beim Familiengericht nicht rechtzeitig eingeholt werden kann
ein ausländisches Kind oder Jugendlicher ohne Begleitung nach Deutschland kommt und sich weder Personensorge- noch Erziehungsberechtigte im Inland aufhalten.
In den meisten Fällen ist die dringende Gefahr für das Kindeswohl der Grund für die Inobhutnahme. Hierunter können unter anderem folgende Fälle fallen:
häusliche Gewalt und (sexuelle) Misshandlung
Vernachlässigung
Überforderung
Suchtproblematik der Eltern
psychische Erkrankung
Hinweis: Die Inobhutnahme ist ein sehr drastisches Mittel und auch wegen des Stellenwertes des Sorgerechts stets eine sorgfältig zu prüfende Einzelfallentscheidung und soll grundsätzlich so kurz wie möglich gehalten werden. Insbesondere psychische Erkrankungen müssen nicht zwangsläufig zu einer Inobhutnahme führen. Art und Ausmaß der Erkrankung sind hier entscheidend.
Braucht das Jugendamt einen richterlichen Beschluss?
Ein richterlicher Beschluss ist für die Inobhutnahme durch das Jugendamt tatsächlich nicht zwangsläufig notwendig. Gemäß § 8a Abs. 2 SGB VIII ist das Jugendamt sogar verpflichtet, bei einer dringenden Gefahr ohne einen solchen Beschluss einzuschreiten und das Kind in Obhut zu nehmen – also immer dann, wenn schnelles Handeln geboten ist. Bei einem Widerspruch der Personensorge- oder Erziehungsberechtigten ist die familiengerichtliche Entscheidung dann unverzüglich nachzuholen (s. u. Ablauf einer Inobhutnahme). Sofern dies nach den Gesamtumständen zumutbar ist, ist die Entscheidung des Gerichts abzuwarten.
Ablauf einer Inobhutnahme
Eine Inobhutnahme läuft in der Regel so ab, dass das Jugendamt nach Kenntnis relevanter Gründe über die Inobhutnahme entscheidet. In der Regel müssen dies die Vorgesetzten des zuständigen Sachbearbeiters entscheiden. Das Kind oder der Jugendliche wird sodann zu Hause, in der Schule, in der Kita oder an einem anderen Ort abgeholt. Das Gesetz sieht vor, dass das betroffene Kind oder der Jugendliche umfassend und in einer verständlichen, nachvollziehbaren und wahrnehmbaren Form über diese Maßnahme aufgeklärt wird. Auch ist dem Kind oder dem Jugendlichen unverzüglich Gelegenheit zu geben, eine Person seines Vertrauens zu benachrichtigen, § 42 Abs. 2 SGB VIII. Auch die Personensorge- oder Erziehungsberechtigen des Kindes oder Jugendlichen sind unverzüglich über die Inobhutnahme zu informieren und aufzuklären. Das Gefährdungsrisiko ist abzuschätzen.
Bestätigt sich bei diesen Gesprächen der Eindruck des Jugendamtes einer Kindeswohlgefährdung und widersprechen die Personensorge- oder Erziehungsberechtigten der Inobhutnahme, so hat das Jugendamt unverzüglich eine gerichtliche Entscheidung (Familiengericht) herbeizuführen, sofern das Jugendamt nach wie vor von einer Gefährdungslage ausgeht. Diese Entscheidung dauert in der Regel einige Monate. Das Kind oder der Jugendliche wird sodann bei einer geeigneten Person, in einer geeigneten Einrichtung oder in einer sonstigen Wohnform beziehungsweise Inobhutnahmestelle vorläufig untergebracht. Da eine Inobhutnahme eine vorübergehende Maßnahme ist, ist das Ziel des Jugendamtes, diese so schnell wie möglich zu beenden, das bedeutet eine Rückführung in den elterlichen Haushalt. Hierfür muss an dem Grund der Inobhutnahme gearbeitet werden.
Rechte der Eltern
Die Inobhutnahme durch das Jugendamt ist ein sogenannter Verwaltungsakt. Eltern haben daher die Möglichkeit, Widerspruch gegen die Maßnahme einzulegen oder Klage vor dem Verwaltungsgericht zu erheben. Das Verwaltungsgericht prüft die Rechtmäßigkeit der Inobhutnahme. Das Familiengericht hingegen entscheidet, ob die Fremdunterbringung aufrechtzuerhalten ist. Liegt die familiengerichtliche Entscheidung vor, dass das Kind oder der Jugendliche fremdunterzubringen ist, ist die Inobhutnahme zunächst wirksam. Das hat zur Folge, dass das Kind oder der Jugendliche den Personensorgeberechtigten nicht widerrechtlich vorenthalten wird, sodass auch kein Anspruch auf Herausgabe des Kindes gemäß § 1632 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) besteht. Ein vor dem Familiengericht zu beantragender Herausgabeanspruch gemäß § 1632 Abs. 1 BGB besteht erst, wenn das Familiengericht die Fremdunterbringung ablehnt und das Jugendamt die Inobhutnahme dennoch aufrechterhält.
Tipp: In manchen Fällen – vor allem bei der Überforderung– hilft es, wenn die Eltern nun Kooperationsbereitschaft signalisieren und mit dem Jugendamt an einem Strang ziehen. Manche Inobhutnahmen können durch die Installation von geeigneten Hilfen seitens des Jugendamtes und entsprechende Zusammenarbeit einvernehmlich beendet werden.
Folgen einer Weigerungshaltung der Eltern
Viele Eltern sträuben sich gegen eine Inobhutnahme. Sofern den Eltern noch das Sorgerecht – beziehungsweise die Personensorge – obliegt und sie sich gegen eine Inobhutnahme stellen, dieser widersprechen und das Jugendamt einen entsprechenden Antrag beim Familiengericht stellen muss, kann und wird den Eltern vom Familiengericht regelmäßig die Personensorge entzogen werden. Da die teilweise Sorgerechtsentziehung weitreichende Konsequenzen hat, sollte der im familiengerichtlichen Verfahren immer noch aufrechterhaltende Widerspruch gegen die Inobhutnahme gut durchdacht sein. Hier empfiehlt es sich unbedingt, anwaltlichen Rat einzuholen. Jedenfalls ab dem Zeitpunkt, wenn das Jugendamt das Familiengericht einschaltet und der Entzug der elterlichen Sorge in Teilen droht, sollten Kindeseltern nicht eigenmächtig entscheiden. Wird ein entsprechender Antrag beim Familiengericht wegen des Widerspruchs der Eltern vom Jugendamt gestellt und das Familiengericht entzieht den Eltern die Personensorge nicht, muss die Inobhutnahme des Kindes spätestens nach 48 Stunden beendet werden.
Fazit
Die Inobhutnahme ist eine zeitlich befristete Interventionsmaßnahme in einer Krisensituation.
Das Jugendamt kann und muss bei einer akuten Kindeswohlgefährdung die Inobhutnahme anordnen.
Gründe für eine Inobhutnahme, die grundsätzlich Berechtigung und Verpflichtung des Jugendamtes ist, sind in § 42 SGB VIII festgelegt.
Ein richterlicher Beschluss ist für die Inobhutnahme durch das Jugendamt bei einer dringenden Gefahr zunächst nicht notwendig – muss dann aber bei Widerspruch der Personensorgeberechtigten nachgeholt werden.
Die Inobhutnahme durch das Jugendamt ist ein sogenannter Verwaltungsakt.
Eltern haben daher die Möglichkeit, Widerspruch gegen die Maßnahme einzulegen oder Klage vor dem Verwaltungsgericht zu erheben.
Ein Herausgabeanspruch gemäß § 1632 Abs. 1 BGB besteht erst, wenn das Familiengericht die Fremdunterbringung ablehnt und das Jugendamt die Inobhutnahme dennoch aufrechterhält.
Widersprechen die sorgeberechtigten Eltern der Inobhutnahme, droht der teilweise Sorgerechtsentzug durch das Familiengericht.
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Rechtstipps zu "Inobhutnahme"
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