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Gefahrgut: Wie ist es zu kennzeichnen und was gilt für den Transport?

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Gefahrgut: Wie ist es zu kennzeichnen und was gilt für den Transport?

Experten-Autor dieses Themas

Was ist ein Gefahrgut? 

Sachen, die bei einem Transport gefährlich sind, werden als Gefahrgut bezeichnet – unabhängig von ihrem Aggregatzustand, d. h., ob sie fest, flüssig oder gasförmig sind. Von Gefahrgut spricht man nur bei einem Transport der Sachen im öffentlichen Raum. Es muss sich zudem eine Gefährdung für die öffentliche Sicherheit und Ordnung oder für Gemeingüter ergeben können. Ein Gemeingut ist beispielsweise die Gesundheit und das Leben von Menschen und Tieren. Auch bestimmte Dinge können als Gemeingut einzustufen sein. 

Zu unterscheiden ist das Gefahrgut vom „gefährlichen Gut“ im Transportrecht und Frachtrecht (etwa in § 410 Handelsgesetzbuch (HGB) beziehungsweise Art. 22 der Internationalen Vereinbarung über Beförderungsverträge auf Straßen (CMR). Der Begriff „gefährliches Gut“ umfasst Gefahrgut, kann jedoch noch darüber hinausgehen und Güter beinhalten, von denen an sich keine Gefahr ausgeht (wie PCs oder PC-Bauteile), die aber beispielsweise besonders diebstahlgefährdet sind. Hierunter fallen auch Güter, die von ihrer Beschaffenheit zwar ungefährlich sind, die Gefährlichkeit kann sich aber durch die Transportsituation ergeben. 

Wie ist ein Gefahrgut zu kennzeichnen?

Ein Gefahrgut wird durch einen sogenannten Gefahrzettel gekennzeichnet. Ein Gefahrzettel ist ein auf der Spitze stehendes Quadrat (Raute) mit den Mindestmaßen 10 cm x 10 cm. Darauf abgebildet sind Piktogramme und ein Nummerncode, die Auskunft über die Art der Gefahr geben. 

Nach der Einstufung als Gefahrgut wird eine vierstellige Nummer vergeben. Die Kennzeichnung hat auf der Verpackung, im Beförderungspapier oder teilweise auf der orangefarbenen Gefahrgut-Kennzeichnung von Fahrzeugen und Containern zu erfolgen. Meistens werden 40 cm x 30 cm große, rechteckige orangefarbene Tafeln verwendet. 

Welche Bedeutung haben die Nummern des Gefahrguts? 

Die Nummern wurden früher als Kemler-Zahl bezeichnet. Bei Stoffen der Gefahrgutklassen 2 bis 9 besteht sie aus zwei oder drei Ziffern. Hierdurch soll vor bestimmten Gefahren gewarnt werden: 

2     Entweichen von Gas durch Druck oder durch chemische Reaktion 

3     Entzündbarkeit von flüssigen Stoffen (Dämpfen) und Gasen oder selbsterhitzungsfähiger flüssiger Stoff 

4     Entzündbarkeit von festen Stoffen oder selbsterhitzungsfähiger fester Stoff 

5     oxidierende (brandfördernde) Wirkung 

6     Giftigkeit oder Ansteckungsgefahr 

7     Radioaktivität 

8     Ätzwirkung 

9     Gefahr einer spontanen heftigen Reaktion 

Soweit eine einzige Ziffer zur Warnung ausreicht, wird eine Null angefügt. Wenn die Ziffer wiederholt wird, weist dies auf eine höhere Gefahr hin. Falls ein „X“ vorangestellt ist, besteht die Gefahr, dass der Stoff gefährlich mit Wasser reagiert. Eine Beschreibung aller Gefahrzettel und Kennzeichen ist über das Bundesministerium für Digitales und Verkehr (BMDV) abrufbar. 

Sind Gefahrgut-Schulungen vorgeschrieben?

Personen, deren Arbeitsbereich die Beförderung gefährlicher Güter umfasst, benötigen gemäß 1.3 ADR eine Unterweisung. Alle Unternehmen, die an der Beförderung von Gefahrgut beteiligt sind, müssen grundsätzlich schriftlich einen Gefahrgutbeauftragten bestellen. Ausnahmen regelt die Gefahrgutbeauftragtenverordnung (GbV). 

Der Schulungsnachweis für Gefahrgutbeauftragte ist insgesamt fünf Jahre gültig. Vor Ablauf muss erneut die sogenannte Verlängerungsprüfung für den Gefahrgutbeauftragten abgelegt werden. Zeiträume für die Wiederholung der Schulungen für andere mit Gefahrgut befasste Personen bestehen nicht. Da Änderungen des ADR alle zwei Jahre erfolgen, lässt sich eine entsprechende Frist daraus ableiten.  

Was ist ein Gefahrguttransport?

Wird ein Gefahrgut auf öffentlichen Straßen befördert, spricht man von einem Gefahrguttransport. Häufig werden nur kleine Mengen – sogenannte Kleinmengen – transportiert. Hierfür ist eine Höchstmenge bestimmt. Es wird zwischen Transporten im Rahmen der Haupttätigkeit und Versorgungstransporten unterschieden. 

Im Rahmen der Haupttätigkeit  

  • muss die Höchstmenge der Kleinmengenregelung eingehalten und 450 Liter je Verpackung dürfen nicht überschritten werden, 

  • darf die Beförderung nicht für die interne oder externe Versorgung durchgeführt werden und 

  • muss durch geeignete Maßnahmen das Freiwerden gefährlichen Guts unter normalen Beförderungsbedingungen verhindert werden. 

Bei Versorgungstransporten gilt: 

  • Die Höchstmenge für Kleinmengentransporte auf einem Fahrzeug wird eingehalten, aber der Transport dient der Versorgung oder es sind mehr als 450 Liter in einer Verpackung. 

  • Durch geeignete Maßnahmen ist hierbei das Freiwerden gefährlichen Guts unter normalen Beförderungsbedingungen zu verhindern. 

  • Für den Transport sind bauartgeprüfte Verpackungen vorgeschrieben, zudem sind Feuerlöscher mitzuführen. 

  • Verpackungen müssen mit Gefahrzetteln und UN-Nummern gekennzeichnet sein.  

  • Die Gefahrgüter dürfen beim Transport nicht vom Fahrzeugführer oder vom Beifahrer geöffnet werden.  

  • Die Ladung ist so zu sichern, dass sich die Lage zueinander und zum Fahrzeug nur geringfügig verändern kann. 

Gesetzliche Regelungen zu Gefahrguttransporten 

Gefahrguttransporte sind gesetzlich sehr komplex und unübersichtlich geregelt. Es bestehen transnationale Regelungen, denen sich die meisten Staaten angeschlossen haben. Die Vereinten Nationen (UNO) haben beispielsweise die „Model Regulations“ der „UN Recommendations on the Transport of Dangerous Goods“ erlassen. Auf europäischer Ebene besteht das  „Übereinkommen über die internationale Beförderung gefährlicher Güter auf der Straße“ (ADR) für den Straßenverkehr. Die ADR-Vorschriften sind in 54 Staaten, darunter Deutschland, zu beachten. Daneben gibt es in Deutschland nationale Regelungen, die die Zuständigkeiten und sonstigen Pflichten klären.  

Das ADR ist ein technisches Regelwerk für die Straßen. Es gibt kennzeichnungspflichtige Transporte und vereinfachte Transporte. Letztere werden auch mit „Freistellung“ bezeichnet. Wenn man Gefahrgut ohne Sicherungen und Kennzeichnungen transportiert, liegt ein Verstoß gegen die ADR-Richtlinien vor. Die „Gefahrstoffverordnung“ (GefStoffV), die „Technischen Regeln für Gefahrstoffe“ (TRGS 510), das „Gesetz über die Beförderung gefährlicher Güter“ (GGBefG) sowie die „Gefahrgutverordnung Straße, Eisenbahn und Binnenschifffahrt“ (GGVSEB) sind weitere wichtige rechtliche Grundlagen.  

Im Schienenverkehr besteht die „Ordnung über die internationale Eisenbahnbeförderung gefährlicher Güter“ (RID). Die internationale Seeschifffahrt hat den „International Maritime Dangerous Goods Code“ (IMDG-Code) erlassen. Für die Binnenschifffahrt besteht das „Europäische Übereinkommen über die internationale Beförderung gefährlicher Güter auf Binnenwasserstraßen“ (ADN). Die Luftfahrt muss sich nach den „Technical Instructions for the Safe Transport of Dangerous Goods by Air“(ICAO-TI) richten. 

Welche Bußgelder drohen bei Verstößen?

Im Buß- und Verwarnungsgeldkatalog zur Gefahrgutverordnung Straße, Eisenbahn und Binnenschifffahrt (GGVSEB) sind die Bußgelder bei Verstößen geregelt. Die Bußgelder sind relativ hoch und beginnen bei 150 €. Daneben können Punkte in Flensburg eingetragen oder, abhängig vom Verstoß, Fahrverbote verhängt werden. 

Wer ist für das Gefahrgut verantwortlich? 

Grundsätzlich bleibt die Verantwortung für die Betriebssicherheit seines Fuhrwerks beim Fahrzeugführer. § 412 HGB ist zunächst zu beachten. Nach der „Gefahrgutverordnung Straße, Eisenbahn und Binnenschifffahrt“ (GGVSEB) oder dem ADR sind aber Verlader und Fuhrunternehmer verantwortlich. 

Was ist ein Gefahrgutunfall?

Unter einem Gefahrgutunfall versteht man allgemein jedes Schadensereignis, bei dem Gefahrgut beim Transport ohne Vorsatz oder Absicht und in erheblichem Umfang in die Umwelt gelangt oder schädliche Auswirkungen auf Menschen, Tiere, Umwelt oder Sachwerte hat.* Folgenschwere Beispiele für Gefahrgutunfälle sind das Tanklastunglück von Los Alfaques 1978 oder der Eisenbahnunfall von Lausanne 1994. 

Auch wenn nur geringe Mengen bestimmter Stoffe freigesetzt werden, ist ein sehr hoher Aufwand zur Bergung oder Sicherstellung erforderlich. Im Einzelfall kann es notwendig sein, Erdreich zu entfernen oder ganze Gebäude abzureißen. Auch für die Einsatzkräfte von Feuerwehr oder technischem Hilfswerk bestehen besondere Gefahren beim Umgang mit Gefahrgut. 

*Thierbach, A.: Lexikon der Notfallmedizin, S. 168.

Foto(s): ©Adobe Stock/U. J. Alexander

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