Plausibilitätsprüfungen aufgrund von Patientenidentitäten

  • 3 Minuten Lesezeit


Immer wieder werden Plausibilitätsprüfungsverfahren nach § 106d SGB V iVm. § 10 Abs. 2 der Abrechnungsprüfungs-Richtlinie nicht nur wegen der Überschreitung der Zeitbudgets, sondern aufgrund zu hoher Patientenidentitäten eingeleitet - z.B. in der KVWL sogar bei ortverschiedenen Praxen.

Den Prüfungen zugrunnde liegt der Gedanke, dass durch die erhöhte Anzahl an Scheinen in den beteiligten Praxen eine absichtliche "Scheinzahlvermehrung" stattfindet und damit ungerechtfertigtes Honorar generiert werden soll.


Aufgreifkriterium Überschreitung der Grenzwerte

Das Aufgreifkriterium für auffällige Patientenidentitäten ist erfüllt, wenn fachgruppengleiche Praxen mehr als 20% und fachgruppenungleiche Praxen mehr als 30 % identische Patienten aufweisen.

Da es durchaus üblich und in aller Regel auch sinnvoll ist, dass sich Praxen einer Praxisgemeinschaft oder auch innerhalb einer Stadt in Fällen von urlaubs- oder krankheitsbedingter Abwesenheit gegenseitig vertreten, kommt es immer wieder dazu, dass die vorgegebenen Grenzwerte überschritten werden.

In den dann eingeleiteten Prüfverfahren werden nicht nur die zunächst auffälligen Quartale untersucht, sondern auch bis zu acht Vorquartale, so dass die Einleitung eines solchen Verfahrens häufig mit erheblichen Regressandrohungen einhergeht.


Vertretungsfälle

Für die betroffenen Praxen ist es wichtig, nachzuweisen, dass es sich bei den abgerechneten Vertretungsfällen um „echte“ Vertretungen handelt, also die Vorgaben des § 32 der Zulassungsverordnung Ärzte erfüllt sind. Dies ist i.d.R. der Fall, wenn die jeweils andere Praxis aufgrund von Krankheit, Urlaub etc., ganztägig geschlossen war und es sich bei der Behandlung um eine Akutbehandlung handelte, ein Aufschub also nicht möglich war.


Praxisgemeinschaften

Vor allem in Praxisgemeinschaften kommt es häufig dazu, dass Patienten die Praxisräumlichkeiten aufsuchen, während die Praxis, in der sie eigebtlich betreut werden, geschlossen ist und z.B. Rezepte abholen möchten. Ist dies bei zu vielen Patienten der Fall, werden die beteiligten Praxen automatisch auffällig.

Es sollte darauf geachtet werden, den Patienten gegenüber geplante Abwesenheitszeiten deutlich zu kommunizieren und Vorkehrungen zu treffen, um weitestgehend zu vermeiden, dass z.B. Rezeptabholungen während der Abwesenheit der zuständigen Praxis erfolgen. Zudem sind die Vertretungen auf die in der Zulassungsverordnung genannten Sachverhalte zu begrenzen. Eine stundenweise Abwesenheit oder die Vereinbarung, dass die eine Praxis immer am Mittwochnachmittag und die andere Praxis immer am Freitagnachmittag geschlossen ist, fallen nicht hierunter.


Räumlich verschiedene Praxen

Nachdem über viele Jahre hinweg solche Prüfungen im Wesentlichen in Bezug auf Praxisgemeinschaften stattgefunden haben, ist die KVWL in den vergangenen Jahren dazu übergegangen, Patientenidentitäten sogar dann zu prüfen, wenn die Praxen in unterschiedlichen Räumlichkeiten tätig sind. Dies hat dazu geführt, dass sich auch Praxen im Rahmen eines Plausibilitätsprüfungsverfahrens rechtfertigen müssen, welche weder in denselben Räumlichkeiten arbeiten, noch Einfluss auf die Öffnungs- bzw. Schließzeiten der jeweils anderen Praxis nehmen können.


Verhalten im Plausibilitätsprüfungsverfahren / Stellungnahme / Praxisbesonderheiten

Sollte ein solches Prüfverfahren eingeleitet werden, empfiehlt es sich, zunächst Akteneinsicht zu nehmen und insbesondere den Fehlzeitenkalender zu prüfen.

Sodann sollte eine dezidierte Stellungnahme erfolgen, in deren Rahmen nicht nur die getroffenen Vorkehrungen zur Vermeidung der Patientenidentitäten dargestellt, sondern auch auf bestehende Praxisbesonderheiten einzugehen ist. Wichtig ist es, geeignete Nachweise zu erbringen und zu prüfen, ob die formalen Vorgaben an den Kürzungsbescheid (z.B. Verjährungsfristen) eingehalten wurden. Der Sachvortrag muss so erfolgen, dass die KV die vorgebrachten Argumente nachvollziehen und anhand der vorgelegten Nachweise auch nachprüfen kann.

Häufig können durch eine fundierte Stellungnahme die Verfahren erfolgreich beendet und ein Regress abgewendet werden.


Rechtsanwältin Sabine Warnebier

Fachanwältin für Medizinrecht

Mediatorin

warnebier@voss-medizinrecht.de

www.voss-medizinrecht.de

Foto(s): Voß.Partner

Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

Artikel teilen:


Sie haben Fragen? Jetzt Kontakt aufnehmen!

Weitere Rechtstipps von Rechts- und Fachanwältin Sabine Warnebier