§167 ZPO „rettet“ Klägerin

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Zum Thema Ansprüche aus dem AGG und die entsprechende Fristenwahrung hat das BAG am 22.05.2014 (8 AZR 662/13) eine Entscheidung getroffen, die Arbeitgebern wahrscheinlich die Gesichtszüge erstarren lässt.

Im vorliegenden Fall ging es um einen Tag – nach Ansicht des Arbeitgebers hatte er die Klage einer Bewerberin auf Schadensersatz wegen Diskriminierung einen Tag zu spät erhalten. Er berief sich auf § 15 Abs. 4 AGG, der vorsieht, dass man Schadensersatz wegen Diskriminierung spätestens 2 Monate nach Kenntnis von der Diskriminierung schriftlich geltend machen muss. Die Klage wurde dem Arbeitgeber am 29.02.2012 zugestellt, die Zwei-Monatsfrist war aber am 28.02.2012 abgelaufen.

Im Verfahren allerdings machte das BAG dem Arbeitgeber deutlich, dass sein Frohlocken zu früh kam und verwies auf § 167 ZPO. Dort heißt es: „Soll durch die Zustellung eine Frist gewahrt werden oder die Verjährung neu beginnen oder nach § 204 des Bürgerlichen Gesetzbuchs gehemmt werden, tritt diese Wirkung bereits mit Eingang des Antrags oder der Erklärung ein, wenn die Zustellung demnächst erfolgt.“

Dieser Entscheidung ging der folgende Fall voraus:

Eine junge Fachangestellte für Bäderbetriebe bewarb sich in einem Hallen- und Freibäderbetrieb. Sie sollte eine Elternzeitvertretung übernehmen. Da sie über alle erforderlichen Qualifikation verfügte, um Aquafitness-Kurse, Schwimmunterricht, die Betreuung der Badegäste und das Kontrollieren des Badebetriebs durchzuführen, hatte sie den Vertrag schon fast in der Tasche. Anfang November 2011 wurde die Frau noch darauf hingewiesen, dass körperliche Fitness ein Muss sei für die Tätigkeit. Die Bewerberin sagte, dass sie über die für diese Tätigkeit notwendige körperliche Fitness verfüge.

Am 16.12. 2011 – praktisch auf dem letzten Drücker – teilte die junge Frau dem künftigen Arbeitgeber mit, dass sie seit 2011 an MS erkrankt und zu 50 % schwerbehindert sei. Der Schwimmbadbetreiber zog nach Rücksprache mit dem Betriebsarzt sein Angebot zurück. Die Frau klagte. Das LAG wies die Klage aufgrund der abgelaufenen Frist ab.

Das BAG hatte sich der Rechtsprechung des BGH angeschlossen. Zum Leidwesen des Arbeitgebers. Lt. Rechtsprechung des BGH wahrt ein Kläger – wenn er Schadensersatz auch außergerichtlich geltend machen kann – auch dann die Frist, wenn seine Klage rechtzeitig bei Gericht eingeht und wenn die Klage „demnächst“ zugestellt wird. „Demnächst“ heißt hierbei, dass der Zustellende alles in seiner Macht stehende getan haben muss, um die Zustellung „demnächst“ zu bewirken. Im vorliegenden Fall sahen die Richter des BAG dieses „demnächst“ bei 9 Tagen noch als zulässig an.

Der Fall ging an das LAG zurück. Dort ist nun zu prüfen, ob der Arbeitgeber sachliche Gründe zur Rechtfertigung der Diskriminierung vortragen kann.


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