129 Euro Zuschuss auf Hartz IV - welche Folgen hat das Maskenurteil?

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Sofort als ich das Urteil las, war mir das enorme Echo bewusst, das es auslösen sollte. Das Sozialgericht Karlsruhe hat ein Jobcenter dazu verdonnert, einem Bezieher des ALG II („Hartz IV“), ausreichend Masken zur Verfügung zu stellen. Und zwar die nach dem inzwischen fast überall vorgeschriebenen FFP2-Standart.

Damit diese Masken wirklich schützen, sollten sie nicht länger als acht Stunden getragen werden. Wer nun aber abwägen muss zwischen Abendessen und Maskenwechsel, wird sich wohl eher fürs Sattwerden entscheiden. Eine solche Wahl darf der Staat nicht zulassen. 

Ein Urteil, das spaltet...

In den Sozialen Netzwerken spaltete das Urteil sofort zwei Fraktionen. Die, die zustimmen, ob aus persönlicher Erleichterung oder aus Fakten begründeter Einsicht. Und die, die stets schimpfen, wenn andere Sozialleistungen beziehen: „Ich bekomme Kurzarbeitergeld, wer zahlt meine Masken?“, war zu lesen. Mein Tipp an Letztere: Freuen Sie sich über den Erhalt Ihres Arbeitsplatzes! Und sprechen Sie im Bedarfsfall mit Ihrem Arbeitgeber oder der Gewerkschaft. Der Reflex jedoch, nach unten zu treten, Menschen mit Existenzminimum einen so nötigen Zuschuss nicht zu gönnen - er hilft wirklich niemandem. 

Die Höhe des Zuschusses war zugegeben auch für mich überraschend. Sie wirft Fragen auf: 

- Muss ich nachweisen, das Geld auch ausschließlich für den Kauf von Masken verwendet zu haben? 

- Gibt es den Zuschuss jetzt für alle Bezieher*innen von Hartz IV? 

Dazu das Urteil in Kurzform: 

"Der Antragsgegner (Behörde) wird verpflichtet, dem Antragsteller vorläufig als Sachleistung wöchentlich 20 Atemschutzmasken zur Verfügung zu stellen, welche den Anforderungen der Standards FFP2 entsprechen. Der Antragsgegner kann diese Verpflichtung nach seiner Wahl auch dadurch erfüllen, dass er dem Antragsteller als Zuschuss für den Bewilligungsmonat 129,- Euro nachzahlt / im Voraus auszahlt." 

Damit wurde also erstmals ein individueller Mehrbedarf nach SGB II, §21, Absatz 6, für Masken richterlich festgestellt, und zwar 129 Euro pro Monat. (Übrigens: Der Mehrbedarf gilt laut Gesetz auch für Azubis und Studierende, die Anspruch auf Bafög haben!). Das Urteil stellt den Behörden aber frei, Masken auszuteilen oder einen Zuschuss in bar zu gewähren. Da hier meines Erachtens eine Kluft zwischen tatsächlichen Beschaffungskosten und dem angesetzten Zuschuss besteht, wird es sicher Jobcenter geben, die sich für die Maskenausgabe entscheiden. Wird hingegen das Geld bewilligt, kann die Behörde einen Nachweis über die Verwendung verlangen. Wird dieser dann nicht erbracht, kann das Geld zurückgefordert, bzw. verrechnet werden. 

Ist das Urteil allgemeingültig?

Das Urteil gilt zwar unmittelbar zunächst für den Antragsteller, der es sich erstritten hat, darüber hinaus für den Bereich dieses Sozialgerichts. Es ist aber mustergültig, andere Bezieher*innen dürfen nicht schlechter gestellt werden. Bedeutet: Wer aufgrund des Urteils einen Zuschuss bei seinem Jobcenter beantragt, hat gute Chancen, dass ihm Masken oder Zuschuss bewilligt auch werden. Sollte der Antrag abgelehnt werden: Wenden Sie sich sofort an einen in der Sache kompetenten Anwalt, der für Sie Widerspruch einlegen kann. Mit großer Wahrscheinlichkeit wird dieser dann erfolgreich sein.  

Herzlichst, 

Gerhard Rahn, Fachanwalt Sozialrecht 

(Urteil: Sozialgericht Karlsruhe, AZ S 12 AS 213/21 ER, Bild: Raphael-Apotheke-Lindenberg.de)

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Foto(s): Raphael-Apotheke-Lindenberg, Rahn privat

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