Diesel-Fahrverbot – jetzt Diesel ohne Verlust zurückgeben

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Das Landgericht Berlin hat ein Urteil gefällt, das für kreditfinanzierte Autokäufe von großer Bedeutung ist. Besitzer von kreditfinanzierten Wagen können aus dem Kredit aussteigen und den Wagen zurückgeben.

Viele Autobesitzer, die ihren Wagen mit einem Kredit gekauft haben, können laut einem Urteil des Landgerichts Berlin sowohl Kredit- als auch Kaufvertrag aufgrund eines Formfehlers im Kreditvertrag rückgängig machen. Rückgängig machen bedeutet, dass beide Verträge aufgehoben, alle gegenseitigen Zahlungen erstattet und der Wagen zurückgegeben werden. Im wirtschaftlichen Ergebnis läuft dies darauf hinaus, dass der Besitzer so gestellt wird, als hätte er nie finanziert und gekauft. Der Autobesitzer wird (fast) so gestellt „als wäre nichts gewesen“.

Das Landgericht Berlin urteilte über einen Darlehensvertrag der Volkswagen Bank, mit dem ein VW Touran finanziert worden war.

Der Darlehensvertrag enthalte nicht alle Pflichtangaben, die das Gesetz vorsieht, so das Landgericht. Die Pflichtangaben sollen nach dem Gesetz vollständig sein, damit der Verbraucher sich umfassend über seine Rechte und Pflichten informieren kann. Sind die Pflichtangaben nicht vollständig, sieht das Gesetz vor, dass die eigentlich nur vierzehntägige Frist für den Widerruf des Vertrags nicht ausläuft. Mit dieser sehr strengen Rechtsfolge sollen Banken angehalten werden, die Informationspflichten wirklich zu erfüllen. Ergo gelangte das Landgericht zu der Schlussfolgerung, dass das Widerrufsrecht nicht ausgelaufen ist. Die Entscheidung trägt das Az. 4 O 150/16 und wird nicht nur die VW Bank, sondern auch alle anderen Autobanken noch stark beschäftigen.

Der Widerruf des Darlehensvertrags führt auch zum Widerruf des Kaufvertrags über das Auto.

Diese Rechtsfolge wird die meisten Laien verwundern. Der Grund liegt darin, dass beide Verträge verbundene Geschäfte bilden und somit rechtlich eine Einheit. Fällt der eine Vertrag, fällt (meist) auch der andere. Beide werden rückgängig gemacht. Konkret entschied das Landgericht, dass der Kläger als Darlehensnehmer seine Anzahlung und seine Raten zurückerhält, abzüglich einer Nutzungsentschädigung in Höhe von 9 Cent pro Kilometer. Die VW Bank erhält das Auto. Es mag dem Laien seltsam erscheinen, dass die Bank das Auto erhält, doch wäre näher betrachtet nichts anderes sinnvoll. Deshalb ist diese Folge auch gesetzlich vorgesehen. Wenn die Bank schon die Anzahlung und die Raten zurückzahlen muss, muss sie auch das Auto als Gegenwert bekommen. Bekäme der Hersteller den Wagen zurück, hätte die Bank einen doppelten Verlust.

Es gibt jetzt mehrere Urteile dieser Art.

Am 20.11.2017 hatte das Landgericht Arnsberg (Az. I-2 O 45/17) ähnlich entschieden. Am 25.01.2018 ist eine Entscheidung des LG Ellwangen zu dem Az. 4 O 232/16 hinzugekommen, am 09.02.2018 eine Entscheidung des Landgerichts München I (Az. 29 O 14138/17).

Die Urteile sind für viele Autobesitzer interessant.

In normalen Zeiten gingen die Entscheidungen vielleicht als wenig praxisrelevante Nischenentscheidungen durch. Denn der Besitzer, der mit einem Kredit der Autobank finanziert hat, hat ein neues Auto erworben. Er hat in der Regel keinen Grund, es wieder loszuwerden. Nicht so in den Zeiten des Abgasskandals und des Dieselskandals. Besitzer eines Diesels machen sich Sorgen um Fahrverbote. Pendler wissen nicht, ob ihr Wagen in Zukunft überhaupt noch zu etwas zunutze ist. Fahrverbote drohen bereits konkret in den Großstädten Düsseldorf, Stuttgart, Berlin, Köln und Hamburg. Auch in Aachen, Bielefeld und Dortmund sind Fahrverbote im Gespräch. Weitere Kommunen werden folgen. Die Wagen bekommen undurchsichtige Software-Updates, die angeblich alle Probleme lösen sollen. Schwer vorstellbar: Dann hätten die Hersteller die Software ja von Anfang an aufspielen können. Weiterhin sind immense Wertverluste der vom Abgasskandal betroffenen Wagen absehbar. Auf dem Gebrauchtwagenmarkt werden diese Wagen Ladenhüter sein.

Rückgabe ohne Beweisschwierigkeiten.

Wer seinen Wagen wegen des Abgasskandals zurückgeben will und mit einem Kreditvertrag finanziert hat, muss nun nicht mehr beweisen, dass der Wagen vor oder nach Update mangelhaft war und wer was wann bei VW gewusst hat. Er muss nur widerrufen. Der Rest ist nur rechtliche Prüfung des Vertragswerks.

Nicht nur die VW Bank (genauer: Volkswagen Financial Services) hat die entscheidenden Formfehler gemacht.

Die Fehler finden sich auch in Verträgen der akf Bank, Audi Bank, AutoEuropa Bank, Bank Deutsches Kraftfahrzeuggewerbe (BDK), Bank11, Banque PSA Finance (Citroen Bank, Peugeot Bank), BMW Bank, Commerz Finanz, CreditPlus Bank, DSL Bank, FCA Bank (Alfa Romeo, Fiat, Jeep, Abarth, Maserati, Jaguar, Land Rover), Ford Bank, FFS Bank, GMAC Bank, Honda Bank, Hyundai Capital Bank, Mercedes-Benz Bank, MKG Bank (Mitsubishi), Opel Bank, RCI Bank (Renault, Dacia, Nissan, Infiniti), Santander, Seat Bank, Škoda Bank, S-Kreditpartner, TARGO Bank, Toyota Financial Services. Es ist in der Bankenwirtschaft nämlich Usus, dass standardisierte Verträge verwendet werden, sodass verschiedene Banken jedenfalls mit Blick auf die entscheidenden formalen Stellen gleichlautende Verträge haben können. Es lohnt sich also, jeden Vertrag prüfen zu lassen, gleich welcher Autobank.

Rechtsschutzversicherungen müssen in der Regel die Kosten decken.

Hierzu gibt es bereits Urteile.

Übrigens gibt es etwas Ähnliches auch bei Immobiliendarlehensverträgen. Hier heißt das Schlagwort „Widerrufsjoker“.

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