Abgasskandal: Software-Update von VW laut VG Schleswig rechtswidrig

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Das Verwaltungsgericht Schleswig hat das Software-Update der Volkswagen AG für einen VW Golf Plus TDI (2,0 Liter) mit dem Motor EA 189 der Abgasklasse Euro 5 als rechtswidrig eingestuft. Nach den Feststellungen des Gerichts wies das Fahrzeug trotz des Software-Updates weiterhin unzulässige Funktionen der Abgasregulierung auf. Folglich hat das Verwaltungsgericht den Freigabebescheid des Kraftfahrtbundesamtes (KBA) für das Update aufgehoben und die Behörde verpflichtet, tätig zu werden (VG Schleswig, Urteil v. 20.02.2023, Az. 3 A 113/18). Damit drohen Stilllegungen für betroffene Fahrzeuge. Das Urteil ist von der Deutschen Umwelthilfe e. V. erstritten worden.

Software-Update enthält unzulässige Abschalteinrichtungen

Nachdem im Jahr 2015 aufgedeckt worden war, dass die Volkswagen AG in Fahrzeugen mit dem Motor EA 189 unzulässige Abschalteinrichtungen aufwiesen, hatte die Volkswagen AG Software-Updates erstellen lassen. Die ab dem Jahr 2016 neu aufgespielte Software reduziert die Abgasreinigung ab Temperaturen von unter 10 Grad Celsius, was ebenso zu erhöhten Stickoxidemissionen jenseits der Grenzwerte führt (sog. Thermofenster). Die Volkswagen AG rechtfertigte die eingeschränkte Abgasreinigung mit dem Schutz von Bauteilen. Dies erachtete das Gericht jedoch als nicht zulässig und qualifizierte die Funktionen des Updates ebenso als unzulässige Abschalteinrichtungen.

Ohne Freigabebescheid droht Stilllegung

Das Gericht hob damit den Freigabebescheid des Kraftfahrtbundesamtes auf und verpflichtete die Behörde zum Einschreiten. Damit sind die mit einem solchen Update versehenen Fahrzeuge weiterhin vorschriftswidrig ausgestattet und es droht eine Stilllegung der Fahrzeuge durch die Zulassungsbehörden, wenn das Urteil rechtskräftig werden sollte. Das VG Schleswig beruft sich dabei auf Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH). Dieser hat sogenannte Thermofenster als unzulässige Abschalteinrichtungen qualifiziert. Zum Schutz des Motors stellte der EuGH klar, dass nur schwere Gefahren eine Abschalteinrichtung rechtfertigen und sich Hersteller nicht auf einen einfachen Bauteilschutz berufen können

Wie geht es nun weiter?

Das Verwaltungsgericht hat die Berufung und Sprungrevision zugelassen, so dass das Urteil noch nicht rechtskräftig ist. Folglich ist derzeit nicht damit zu rechnen, dass das KBA den Freigabebescheid aufhebt und Fahrzeuge stillgelegt werden. Es bestehen aber Zweifel, ob die Rechtsmittel Erfolg haben werden. Mit Rechtskraft des Urteils drohen behördliche Maßnahmen bei betroffenen Fahrzeugen. Weiterhin steht ein Urteil des EuGH an, wonach ggf. auch fahrlässig verbaute unzulässige Abschalteinrichtungen einen Schadenersatzanspruch für Fahrzeugkäufer begründen können (Rechtssache C 100/21). Sollte der EuGH dies per Urteil bestätigen, ist mit einer weiteren Klagewelle gegen die Volkswagen AG und weitere Hersteller zu rechnen. Der Abgasskandal hätte ein neues und längeres Nachspiel.


Rechtsanwalt Philipp Neumann befasst sich seit dem Jahr 2016 mit Haftungsprozessen gegen Fahrzeughersteller aus Anlass des Abgasskandals und hat bereits mehrere Urteile gegen Hersteller (Volkswagen, Audi, Mercedes), u. a. auch vor dem BGH, erstritten. Für den Fall von Fragen wenden Sie sich direkt telefonisch an die Kanzlei 2vier2 (069-770 394 690) oder per Mail (neumann@kanzlei-2vier2.de).



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