Abmahnung der Kanzlei U+C wegen Streaming

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Die Rechtsanwälte U+C aus Regensburg sprechen seit kurzem zahlreiche Abmahnungen im Auftrag der Archive AG aus der Schweiz aus. Seit Anfang Dezember wurden mir mehrere Abmahnungen der U+C Anwälte zur Prüfung vorgelegt.

Diese Abmahnungen stellen insoweit ein Novum im Bereich urheberrechtlicher Abmahnungen dar, als hier erstmals nicht das öffentliche Verbreiten bzw. Zugänglichmachen von urheberrechtlich geschützten Werken in Tauschbörsen (sog. Filesharing) Gegenstand der Abmahnung ist, sondern lediglich das Streamen von urheberrechtlich geschützten Werken.

Die Kanzlei U+C trägt im Namen und Auftrag der Archive AG zunächst vor, dass ihre Mandantschaft die exklusiven Verwertungsrechte an den abgemahnten Filmwerken besitze. Des Weiteren wird in den Abmahnschreiben behauptet, der Abgemahnte habe als Anschlussinhaber über seinen Internetanschluss eine Urheberrechtsverletzung begangen, indem er das Werk gestreamt habe.

Die Abmahnschreiben enthalten einen Ermittlungsdatensatz, in welchem eine von der Archive AG beauftragte Ermittlungsfirma das Datum der vermeintlichen Urheberrechtsverletzung, die IP-Adresse des jeweiligen Anschlussinhabers, den Werknamen, die Benutzerkennung sowie den Filelink beweissicher festgestellt und dokumentiert haben will.

Sodann will die Rechteinhaberin vor dem Landgericht Köln gem. § 101 Abs. 9 UrhG den jeweiligen Internet-Service-Provider auf Auskunft in Anspruch genommen haben und so die Daten des Anschlussinhabers erhalten haben.

Die U+C Rechtsanwälte führen weiterhin aus, dass beim Streamen des urheberrechtlich geschützten Werkes eine technisch notwendige Zwischenspeicherung erfolge und dieser Vorgang eine Vervielfältigung im Sinne des § 16 UrhG darstelle, die ausschließlich dem Rechteinhaber zustehe. Es spiele, so die U+C Rechtsanwälte, keine Rolle, ob das Werk dauerhaft, oder nur vorübergehend gespeichert werde. Eine rechtmäßige Nutzung der angeblichen Raubkopie gem. § 44a UrhG komme ohne Genehmigung des Urhebers nicht in Betracht.

Eine erlaubte Vervielfältigung zum privaten Gebrauch gem. § 53 UrhG komme ebenfalls nicht in Betracht, da es sich bei dem gestreamten Werk um eine offensichtlich rechtswidrig hergestellte oder öffentlich zugänglich gemachte Vorlage handele.

Der Archive AG, so die U+C Rechtsanwälte aus Regensburg, stehe deshalb ein Unterlassungsanspruch sowie ein Schadensersatzanspruch gem. § 97 UrhG zu. Zusätzlich erfolgt der Hinweis, dass wegen des angeblich illegalen Streamens gem. § 98 UrhG noch ein Anspruch auf Vernichtung der rechtswidrigen Kopien bestehe.

Dementsprechend fordern die U+C Rechtsanwälte im Auftrag der Archive AG abschließend die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung. Hierbei verpflichtet sich der Abgemahnte als Schuldner des Unterlassungsanspruchs gegenüber der Archive AG dazu, es zu unterlassen, das abgemahnte, urheberrechtlich geschützte Werk oder Teile davon im Rahmen von Streaming im Internet zu vervielfältigen oder vervielfältigen zu lassen.

Weiterhin machen die U+C Rechtsanwälte im Auftrag der Archive AG gem. § 97a Abs. 3 UrhG einen Kostenerstattungsanspruch sowie einen Schadensersatzanspruch gem. § 97 Abs. 2 UrhG geltend.

Der Schadenersatzanspruch wegen des angeblich illegalen Streamings wird pauschal mit 15,50 € beziffert. Im Rahmen des Kostenerstattungsanspruchs werden hinsichtlich der durch die Ermittlungsfirma durchgeführten Ermittlungen und des gerichtlichen Auskunftsverfahrens beim LG Köln insgesamt 65,00 € angesetzt. Schließlich fordern die U+C Rechtsanwälte Erstattung der Anwaltskosten, die nach einem Gegenstandswert von 1.080,50 € mit insgesamt 169,50 € zu Buche schlagen.

In rechtlicher Hinsicht ist in Bezug auf die vorstehend beschriebene Abmahnung der U+C Rechtsanwälte auf folgendes hinzuweisen.

Zum einen dürfte höchstrichterlich noch nicht abschließend geklärt sein, ob und ggf. inwieweit das Streamen von urheberrechtlich geschützten Werken ohne Einwilligung des Urhebers oder Rechteinhabers überhaupt eine Verletzungshandlung i.S.d. derzeit geltenden deutschen Urheberrechts darstellt.

Denn die einzige Kopie, die beim Streamen angefertigt wird, ist eine nur wenige Sekunden andauernde Speicherung im Zwischenspeicher des Computers (RAM). Solche Kopien dürften eine vorübergehende Vervielfältigungshandlung gem. § 44a UrhG darstellen.

§ 44a Vorübergehende Vervielfältigungshandlungen

Zulässig sind vorübergehende Vervielfältigungshandlungen, die flüchtig oder begleitend sind und einen integralen und wesentlichen Teil eines technischen Verfahrens darstellen und deren alleiniger Zweck es ist,
1.eine Übertragung in einem Netz zwischen Dritten durch einen Vermittler oder
2.eine rechtmäßige Nutzung
eines Werkes oder sonstigen Schutzgegenstands zu ermöglichen, und die keine eigenständige wirtschaftliche Bedeutung haben.

Demnach dürfte meines Erachtens das Streamen unter den Privilegierungstatbestand des § 44a UrhG fallen.

Hinzu kommt, dass das Streamen zusätzlich eine privilegierte, also nicht abmahnfähige Vervielfältigungshandlung i.S.d. § 53 UrhG darstellen dürfte:

§ 53 Abs. 1 UrhG

Zulässig sind einzelne Vervielfältigungen eines Werkes durch eine natürliche Person zum privaten Gebrauch auf beliebigen Trägern, sofern sie weder unmittelbar noch mittelbar Erwerbszwecken dienen, soweit nicht zur Vervielfältigung eine offensichtlich rechtswidrig hergestellte oder öffentlich zugänglich gemachte Vorlage verwendet wird. Der zur Vervielfältigung Befugte darf die Vervielfältigungsstücke auch durch einen anderen herstellen lassen, sofern dies unentgeltlich geschieht oder es sich um Vervielfältigungen auf Papier oder einem ähnlichen Träger mittels beliebiger photomechanischer Verfahren oder anderer Verfahren mit ähnlicher Wirkung handelt.

Bei den mir vorliegenden Abmahnungen der U+C Rechtsanwälte ist Gegenstand der Abmahnung jeweils ein über die Internetplattform „redtube.com" gestreamtes Werk. Hierbei dürfte zumindest sehr zweifelhaft sein, dass für den streamenden Nutzer offensichtlich gewesen ist, dass es sich bei den zum Streaming angebotenen Filmen um rechtswidrig hergestellte oder öffentlich zugänglich gemachte Vorlagen handelt.

Fazit:

Als Empfänger einer Abmahnung der U+C Rechtsanwälte wegen Streaming sollte man zunächst Ruhe bewahren.
Keinesfalls sollte die vorgefertigte Unterlassungserklärung unterschrieben werden.
Diese ist wie ein Schuldanerkenntnis formuliert und enthält außerdem eine Zahlungsverpflichtung.
Es sollte in jedem konkreten Einzelfall sorgfältig geprüft werden, ob ggf. eine abgeänderte, sog. modifizierte Unterlassungserklärung abzugeben ist. Des Weiteren ist immer anhand der konkreten Sachverhaltsumstände zu untersuchen, ob ungeachtet der rechtlichen Probleme überhaupt in tatsächlicher Hinsicht eine Verantwortlichkeit des Anschlussinhabers für das abgemahnte Streamen besteht.

Rechtsanwalt Kreuter steht Ihnen bei Fragen zum Thema Urheberrecht gerne zur Verfügung.

Rechtsanwalt Kristian Kreuter

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