Abzugsbeträge bei neuen KfW-Krediten können in bestimmten Fällen zurückgefordert werden

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Abzugsbeträge bei neuen KfW-Krediten sind unter bestimmten Voraussetzungen unwirksam und können dann zurückgefordert werden

Die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) ist die weltweit größte nationale Förderbank. Ihre Aufgabe ist es auch, öffentliche Aufgaben zu realisieren. Im Zentrum allerdings steht die finanzielle Förderung des Mittelstandes und von Existenzgründern. Daneben vergibt diese auch Investitions- und Bildungskredite. Wie jedoch bei allen Banken fallen auch hier für den Darlehensnehmer zusätzliche Kosten an. Der BGH entschied in vier Urteilen vom 16. Februar 2016 (XI ZR 454/14, XI ZR 63/15, XI ZR 73/15 und XI ZR 96/15) über die von der KfW erhobenen Abzugsbeträge. Dabei hat allein der von uns vertretene Mandant ein erfolgreiches Revisionsurteil erstritten!

Worum es in dem Verfahren ging:

In gleich vier Verfahren entschied der BGH am Dienstag über Ansprüchen von Darlehensnehmern auf Rückzahlung der Abzugsbeträge.

Kommt es zu einer Darlehensgewährung, wird das Darlehen nicht von der KfW direkt, sondern von dem jeweiligen Kreditinstitut (in dem Fall die Bank) des Empfängers ausgezahlt. Die Bank wiederum finanziert das Darlehen aus Fördermitteln KfW. Zur Refinanzierung hatten die Kreditinstitute mit der KfW jeweils eigene Darlehensverträge abgeschlossen, bei denen Abzugsbeträge in Höhe von 4 % des Darlehensnennbetrages zugunsten der KfW anfielen. Diese Kosten reichten die Kreditinstitute an die Darlehensempfänger weiter und behielten gemäß einer Vereinbarung in den Darlehensverträgen 4% des Darlehensnennbetrages ein. Somit wurde letztendlich nicht das gesamte Darlehen ausgezahlt, sondern nur 96% des Betrages.

In dem Verfahren, dem ein nach diesem Tag abgeschlossener Darlehensvertrag zugrunde lag, ist das Berufungsurteil aufgehoben und das Verfahren an das Berufungsgericht zurückverwiesen worden, damit fehlende tatsächliche Feststellungen zur Anwendung neuer Regelungen des Verbraucherdarlehensrechts nachgeholt werden können.

Was der BGH entschied:

Drei Darlehensnehmer hatten Darlehensverträge vor dem 11. Juni 2010 bei der KfW abgeschlossen. Die Darlehensnehmer gründeten ihren Anspruch auf Rückzahlung des Abzugsbetrags auf § 812 Abs. 1 Satz 1 BGB. Danach ist derjenige zur Herausgabe verpflichtet, der ungerechtfertigt bereichert ist. Einfach gesagt: Wenn jemand z.B. eine Geldleistung erhält, die ihm nicht zusteht, muss er das Geld zurückzahlen. Ihre Klagen wurden jedoch aus den folgenden Gründen abgewiesen.

In den zwischen den klagenden Darlehensnehmern und dem Kreditinstitut geschlossenen Darlehensvertrag ist folgende streitige Klausel über Abzugsbeträge einbezogen worden:

Es wird ein Disagio (Abzug vom Nennbetrag des Kredits) von 4,00 v.H. erhoben. Dieses umfasst eine Risikoprämie von 2,0 v.H. für das Recht zur außerplanmäßigen Tilgung d. Kredits während d. Zinsfestschreibung u. 2,0 % Bearbeitungsgebühr.

Dem BGH zufolge sind die Risikoprämie von 2 % und die Bearbeitungsgebühr von ebenfalls 2 % eigenständig zu prüfen.

Den Darlehensnehmern wurde die Möglichkeit geboten, das Darlehen jederzeit während der Zinsbindung zu tilgen, ohne eine Vorfälligkeitsentschädigung zahlen zu müssen. Dies stellt eine zusätzlich angebotene Leistung dar, die die Beklagte gesondert in Rechnung stellen darf. Dafür wurde die Risikoprämie erhoben.

Der BGH hatte bereits 2014 die Bearbeitungsgebühren, die von Kreditinstituten bei Darlehnsverträgen erhoben wurden für unrechtmäßig erklärt. Bei Krediten im Rahmen einer Förderung durch die KfW müsse aber eine gesonderte Betrachtung erfolgen. Hier nämlich benachteilige die Gebühr die Darlehensnehmer auch bei umfassender Interessensabwägung nicht unangemessen. Es ist auf die verfolgten Zwecke der Förderung abzustellen.

Die Darlehen wurden nicht nach den Bedingungen des Kapitalmarktes vergeben. Vielmehr handelt es sich um zweckgebundene Gewährungen besonders günstiger Mittel zur Förderung wirtschaftspolitischer Ziele. Bei diesen ist das Bearbeitungsentgelt Teil der vorgegebenen Förderbedingungen. Die Gewährung der Förderdarlehen diene von vornherein nicht der Verfolgung eigenwirtschaftlicher Interessen der KfW, sondern beruht auf dem staatlichen Auftrag, urteilte der BGH.

In unserem Verfahren (XI ZR 96/15) allerdings fiel das Urteil positiv aus. Der XI. Zivilsenat entschied, dass die Abzugsbeträge bei Verträgen nach dem 11.06.2010 unrechtmäßig sind. Das Berufungsurteil wurde aufgehoben und zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Am 11.06.2010 trat ein Gesetz zur Umsetzung einer Verbraucherkreditrichtlinie in Kraft. Dafür wurde § 500 Abs. 2 BGB neu eingeführt. Dieser besagt, dass ein Darlehensnehmer berechtigt ist, seine Verbindlichkeiten aus einem Verbraucherdarlehensvertrag jederzeit ganz oder teilweise zu erfüllen. Gemäß § 502 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 BGB darf eine eventuell zu zahlende Vorfälligkeitsentschädigung 1 % des vorzeitig zurückgezahlten Betrags nicht überschreiten.

Die Vertragsklausel weiche laut BGH in diesem Fall mit dem Verzicht auf die Vorfälligkeitsentschädigung und der dafür zu zahlenden Abschläge von 4% zu Lasten des Klägers von § 502 Abs. 1 BGB ab. Somit unterliege die Vertragsklausel gemäß § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB der AGB-rechtlichen Inhaltskontrolle. Mithilfe dieser wird eine Klausel dann für unwirksam erklärt, wenn sie den Empfänger unangemessen benachteiligt. Laut § 511 Satz 1 BGB darf von den gesetzlichen Regelungen bei einem Verbraucherdarlehen nicht zum Nachteil des Verbrauchers abgewichen werden. Genau das sei hier aber geschehen, so der BGH.

Unter folgenden Voraussetzungen besteht die Chance einer Entgeltrückerstattung:

  1. Es handelt sich um einen Verbraucherkredit.
  2. Er wurde nach dem 11.06.2010 abgeschlossen.
  3. Es handelt sich nicht um einen Immobilienkredit.

Für den Fall, dass Sie ein Verbraucherdarlehen bei der KfW nach dem 11.06.2010 aufgenommen haben und Ihnen ein merkwürdiger Abzugsbetrag berechnet wurde, können Sie sich gerne an uns wenden– wir helfen Ihnen gern.

Wer wir sind:

Die Rechtsanwaltskanzlei Benedikt- Jansen ist auf Bank-und Kapitalmarktrecht spezialisiert. Herr Rechtsanwalt Benedikt-Jansen ist seit 13 Jahren Vertrauensanwalt der Schutzgemeinschaft für Bankkunden e. V., einem staatlich anerkannten Verbraucherschutzverband zur Bekämpfung unredlicher Finanzdienstleister (z. B. aus dem Bankensektor, Kapitalanlagesektor, Versicherungen, etc.). Die Schutzgemeinschaft für Bankkunden hat seit dem Jahre 2004 zehntausende Fälle rechtsmissbräuchlicher Vertragspraktiken (insbesondere unwirksame Vertragsklauseln) erfolgreich bekämpft. Seit 2010 ist Herr Benedikt Jansen Fachanwalt für Bank-und Kapitalmarktrecht. Er verfügt über einen außergewöhnlich umfangreichen Schatz an Erfahrungen auf dem Gebiet des bankenrechtlichen Verbraucherschutzes.

Für weitere Informationen oder Fragen stehen er und sein Team Ihnen auf seiner Homepage zur Verfügung.


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