Ärztliche Behandlungsfehler – Prozesserfolge von geschädigten Patienten in Deutschland:

  • 5 Minuten Lesezeit

Ärztliche Kunstfehler haben oft erhebliche Konsequenzen für die Betroffenen. Da Haftpflichtversicherer der Ärzte und Krankenhäuser außergerichtliche Regulierungen in den meisten Fällen verweigern, ist der Patient sodann gezwungen, gerichtliche Hilfe in Anspruch zu nehmen. Was Versicherungen im Vorfeld vielfach als „schicksalhaftes Geschehen“ abgetan hatten, stellt sich vor Gericht in vielen Fällen als eine Fehlbehandlung dar, die für den geschädigten Patienten zu Schadenersatz und Schmerzensgeld führt. Dr. Dirk Ciper LLM, Fachanwalt für Medizinrecht, stellt im nachfolgenden Prozesserfolge der Anwaltskanzlei Ciper & Coll. vor. Der Kanzleihomepage www.ciper.de sind im Übrigen mehrere hunderte weitere Prozesserfolge zu entnehmen:

Landgericht Köln

Läsion des nervus radialis und des posterioren Bündels anlässlich Brustoperation, LG Köln, Az. 25 O 89/07

Chronologie:

Die Klägerin begab sich 2005 zu ihrem Gynäkologen aufgrund einer Schwellung unterhalb des linken Schlüsselbeins. Dieser verwies sie nach einer Untersuchung an eine Klinik, in der der Knoten operativ entfernt wurde, ohne jedoch vorher eine Schnittbilddiagnostik vorgenommen zu haben. Hierbei kam es zu einer Läsion des nervus radialis und des posterioren Bündels mit Entwicklung einer Fallhand. Es war eine achtstündige Nachoperation erforderlich, in der ein Nerv aus dem linken Bein entfernt und eingesetzt wurde.

Verfahren:

Das Landgericht Köln hat eine umfassende Beweisaufnahme vorgenommen und u. a. ein fachchirurgisches Gutachten eingeholt. Der befasste Gutachter wertete die Behandlung als eindeutig fehlerhaft. Es sei gegen bewährte Behandlungsregeln und gesicherte medizinische Erkenntnisse verstoßen worden. Auf Vorschlag des Gerichtes schlossen die Parteien sodann den Vergleich, wonach der Klägerin eine pauschale Gesamtentschädigung von 50.000 Euro gezahlt wurde.

Anmerkungen:

Immer wieder kommt es vor, dass trotz Eindeutigkeit der Sach- und Rechtslage der begangenen Fehler die Haftpflichtversicherung keine außergerichtliche Regulierung vornehmen will. In solchen Fällen ist der Patient dazu gezwungen, gerichtliche Hilfe in Anspruch zu nehmen. Ein Prozess stellt für die Betroffenen eine besondere emotionale Belastung dar. Die Hürde, gerichtlich vorzugehen, ist daher hoch.

Landgericht Aurich

Osteomyelitis nach fehlerhafter Nekrosenbehandlung, LG Aurich, Az. 5 O 843/08

Chronologie:

Der Kläger wurde nach einem Unfall mit tiefer Risswunde in das Krankenhaus der Beklagten eingeliefert. Primär nahmen die Ärzte eine Wundversorgung mit Gefäßkonstruktion vor. In der Folge entwickelten sich Nekrosen und eine Fehlstellung des rechten Fußes. Die verspätete adäquate Behandlung führte zu einer Osteomyelitis. Seither kann der Kläger seinen rechten Fuß nicht mehr belasten.

Verfahren:

Das Landgericht Aurich hat die Angelegenheit durch einen Facharzt für Chirurgie und Unfallchirurgie gutachterlich prüfen lassen. Dieser kommt im Ergebnis zu der Wertung, dass nicht nachvollziehbar sei, warum ein Gipsverband angelegt wurde und stellte weitere Fehlleistungen fest. Das Landgericht verurteilte die Beklagte sodann auf Zahlung eines Schmerzensgeldes und stellte fest, dass auch sämtliche materiellen Schäden zu ersetzen seien. Insgesamt regulierte der Versicherer rund 65.000 Euro.

Anmerkungen:

Trotz der Erheblichkeit der Schädigung kann die Regulierungssumme als ein erfreuliches Ergebnis in dieser Sache angesehen werden. Hätte der Versicherer vorgerichtlich eine Regulierung angeboten, wäre eine gerichtliche Involvierung sicher hinfällig gewesen. Diese hat den Versicherer nunmehr erhebliche weitere Zusatzkosten verursacht.

Oberlandesgericht Düsseldorf

Fehlbehandlung einer eingestauchten distalen Radiusmehrfachfraktur, OLG Düsseldorf, Az. I 8 U 157/08

Chronologie:

Die Klägerin stürzte im Jahre 2005 und zog sich eine Radiusmehrfachfraktur zu. Der Beklagte legte ihr einen Gipsverband an. In der Folgezeit litt die Klägerin unter massiven Schmerzen. Fast ein Jahr nach dem Vorfall diagnostizierten Mediziner bei ihr eine Extensionsfehlstellung mit deutlicher Kalksalzminderung sämtlicher Handwurzelknochen und des distalen Unterarms. Sie leidet nach wie vor unter einer deutlichen Einschränkung der Beweglichkeit ihres Handgelenks.

Verfahren:

Trotz Vorliegen eines für die Patientin positiven MDK-Gutachtens war die Haftpflichtversicherung des Beklagten nicht bereit, den Schaden zu regulieren. Das Landgericht Düsseldorf (Az. 3 O 159/06) verurteilte den Beklagten zur Zahlung eines Schmerzensgeldes und stellte fest, dass der Beklagte sämtliche weiteren materiellen Schäden zu zahlen habe. Hiergegen richtete sich die erfolglose Berufung des Beklagten. Auf Vorschlag des OLG Düsseldorf schlossen die Parteien sodann einen Vergleich. Die Gesamtschadenposition liegt im deutlich fünfstelligen Eurobereich.

Anmerkungen:

Berufungen auf Beklagtenseite stellen im Bereich des Arzthaftungsrechtes eher die Ausnahme dar. Erstinstanzlich ist in solchen Fällen oftmals schon hinreichend fachmedizinisch geklärt, dass ein Behandlungsfehler zu einem kausalen Gesundheitsschaden geführt hat. Oberlandesgerichte tun sich dann in aller Regel schwer, zu einer anderen Bewertung zu kommen.

Landgericht Hagen

Fehldiagnose einer akuten Herzdekompensation mit beidseitigen Pleuraergüssen, LG Hagen, Az. 4 O 386/09

Chronologie:

Der Kläger stellte sich wegen Herzbeschwerden im März 2008 bei seinem Hausarzt zur Routineuntersuchung vor. Dieser erhob keinen pathologischen Befund. Am Folgetag verschlechterte sich der Gesundheitszustand erheblich, so dass eine notfallmäßige Versorgung erforderlich wurde. Die Mediziner diagnostizierten eine Herzdekompensation mit beidseitigen Pleuraergüssen. Es war der Einsatz eines Aortenklappenersatzes notwendig.

Verfahren:

Das Landgericht Hagen hat die Angelegenheit umfassend mittels fachmedizinischer Hilfe und Einholung eines fachinternistisch-kardiologischen Gutachtens überprüfen lassen. Im Ergebnis konstatiert der Gutachter mehrere Fehler, woraufhin das Gericht den Parteien sodann zu einer vergleichsweisen Einigung anrief, worauf sich beide einließen. Der Gesamtschaden liegt im deutlich fünfstelligen Eurobereich.

Anmerkungen:

In Arzthaftungsprozessen wird grundsätzlich ein fachmedizinischer Sachverständiger involviert, da sowohl die Parteienvertreter, als auch die Gerichte oftmals nicht über die nötige fachliche Qualifikation hinsichtlich der medizinischen Fragestellungen verfügen. An dem Ergebnis des sodann eingeholten Gutachtens halten die Gerichte meist fest, es sei denn, dass das Gutachten nicht fehlerfrei ist. Im Zweifel steht den Parteien sogar die Möglichkeit offen, gegen einen gerichtlichen Gutachter, der vorsätzlich oder grob fahrlässig tätig war, gemäß § 839a BGB im Regresswege vorzugehen.

Landgericht Essen

Grossflächige Verbrennungen des Rückens anlässlich Coxarthrose-Operation, LG Essen, Az. 1 O 46/11

Chronologie:

Die Klägerin befand sich im Dezember 2009 in stationärer Behandlung im Krankenhaus der Beklagten. Aufgrund einer Coxarthrose wurde sie operiert, wobei es zu einer grossflächigen Verbrennung zweiten Grades aufgrund einer Feuchtkontaminierung kam. Vorgeworfen wurde, das für die Spinalanästhesie das OP-Gebiet nicht fachgerecht abgetrocknet wurde, bzw. die bei der Hüft-OP vorgenommene Desinfektion nicht fachgerecht war.

Verfahren:

Nachdem der Versicherer der Klinik die Ansprüche zunächst außergerichtlich kategorisch abgewiesen hatte, schlossen die Parteien nach Klageeinreichung vor dem Landgericht Essen sodann einen Vergleich auf Vorschlag des Gerichtes. Die Gesamtschadenposition liegt im fünfstelligen Eurobereich.

Anmerkungen:

Ist in eindeutigen Fällen, wie dem vorstehenden, eine Haftpflichtversicherung nicht bereit, außergerichtlich zu regulieren, bleibt dem Geschädigten nur der Weg zum Gericht. In manchen Fällen ändert sich die ursprüngliche Verweigerungshaltung des Versicherers allein durch die Zustellung einer Klageschrift, so wie in dem vorliegenden Fall.



Artikel teilen:


Sie haben Fragen? Jetzt Kontakt aufnehmen!

Weitere Rechtstipps von Rechtsanwalt Dr. Dirk Christoph Ciper LL.M.

Beiträge zum Thema