Alleinerbenstellung bei Verteilung einzelner Gegenstände

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Nach dem Oberlandesgericht (OLG) Saarbrücken (Beschl. v. 30.3.2022 – 5 W 15/22) reicht es auch bei Verteilung einzelner Nachlassgegenstände aus, wenn dem Bedachten die zugewandten Vermögenswerte aus Sicht des Erblassers den wesentlichen Teil des Nachlasses darstellten und nach dem Testament der Bedachte auch für die Beerdigung und Folgekosten verantwortlich sein sollte.

Sachverhalt

Der Erblasser hatte ein privatschriftliches Testament errichtet, in welchem es wörtlich heißt:

„Hiermit verfüge ich, meine Lebensgefährtin H., […] als Erbe für mein Haus R. 1 a ein. […] Mein Barvermögen bei der […] Bank erbt H. […] Meine Grundstücke und Anteile an Grundstücken vererbe ich meinen Nichten G., D. und Neffe H. […] Für meine Beerdigung und Folgekosten zeichnet meine Lebensgefährtin H.“

An diesem Testament ist nun fraglich, wer als Erbe eingesetzt worden ist. Einerseits möglich ist hier die Lebensgefährtin H., aber auch jeder der Nichten und der Neffe. Das Testament ist insoweit unklar.

Entscheidung des OLG

Das OLG hat nun entschieden, dass die Lebensgefährtin H. als Erbin eingesetzt worden sei.

Bei der Auslegung des Testaments ist in erster Linie der wirkliche Wille des Erblassers – (§§ 133, 2084 BGB) – maßgeblich. Der Sprachgebrauch ist dabei nicht immer so exakt, dass der Erblasser unmissverständlich widergibt, was er mit seinen Worten ausdrücken wollte. Deshalb ist nach § 133 BGB, der Wortsinn der benutzten Ausdrücke unter Heranziehung aller Umstände zu hinterfragen. Ist danach immer noch zweifelhaft, was gewollt war, sind die gesetzlichen Auslegungsregeln heranzuziehen.

Nach § 2087 Abs. 2 BGB ist im Zweifel davon auszugehen, dass lediglich ein Vermächtnis gewollt war, wenn nur einzelne Gegenstände im Testament verteilt werden. Für eine Erbeinsetzung kann trotz Zuwendung nur einzelner Gegenstände aber sprechen, wenn der Erblasser sein Vermögen vollständig in einzelnen Vermögensgegenständen verteilt hat und insbesondere nach seiner Vorstellung Gegenstände zugewendet hat, die sein Hauptvermögen bilden. Vorliegend haben die der Lebensgefährtin H. zugewandten Vermögenswerte den Wert der übrigen Vermögenswerte weit überragt.

Da das an die Lebensgefährtin H. zugewandte Vermögen eine Großteil des Vermögens des Erblassers ausmacht, sei diese zum Erben eingesetzt worden.

Auch die Systematik weise darauf hin, dass H. zur Erbin eingesetzt werden solle, da diese zuerst genannt wird und diese damit vorrangig begünstigt werden sollte.

Fazit zur Entscheidung

In Testamenten sollte grundsätzlich immer zur Klarstellung ein Erbe eingesetzt werden. Sollen die Nachlassgegenstände verteilt werden, sollten diese als Teilungsanordnung verteilt werden. Es ist ausdrücklich davon abzuraten, die Nachlassgegenstände ohne Quote an Personen zu verteilen, da hierbei immer wieder Auslegungsschwierigkeiten beim Testament auftauchen. Auch durch spätere Wertschwankungen kann deshalb ein Anderes als das gewollte Ergebnis auftreten.

Ihr Rechtsanwalt und Fachanwalt für Erbrecht

Christian Keßler

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