Anlasslose Überwachung am Arbeitsplatz mit Keylogger unzulässig

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Das Bundesarbeitsgericht hat entschieden, dass eine auf dem Firmen-PC eines Mitarbeiters aufgespielte Software, mit der die Tastatureingaben protokolliert und regelmäßig Bildschirmfotos angebracht werden („Screenshots“), nicht zur Sammlung von Daten verwendet werden darf, um diese später in einem Kündigungsschutzprozess gegen den Mitarbeiter zu verwenden, wenn nicht ein auf Tatsachen beruhender Verdacht einer Straftat oder einer anderweitigen schwerwiegenden Pflichtverletzung vorhanden ist.

Was war passiert?

Ein Unternehmen in Nordrhein-Westfalen beschäftigt einen Webentwickler. Diesem wird im April 2015 durch den Arbeitgeber mitgeteilt, dass die Benutzung des PCs „mitgeloggt“ wird. Tatsächlich hatte der Arbeitgeber auf dem Computer des Klägers eine solche Keylogger-Software installiert und diese auch benutzt. Der Arbeitgeber wertete die Informationen aus und stellte den Kläger dann zur Rede: Der Vorwurf lautete, dass der Kläger während der Arbeitszeit privat den Computer benutzt habe. Der Kläger hat daraufhin behauptet, dass er nur in geringem Umfang und in den Pausen private Dinge auf dem Computer verrichtet habe (Programmierung eines Computerspiels und private E-Mails). Der Arbeitgeber hingegen hat durch die Aufzeichnung der Tastatureingaben und der Bildschirmfotos einen ganz erheblichen Umfang an Privattätigkeiten aufgedeckt.

Der Kläger geht gegen die nunmehr ausgesprochene fristlose und hilfsweise ordentliche Kündigung vor.

Vor dem Arbeitsgericht und dem Landesarbeitsgericht (Hamm) gewinnt der Kläger die Kündigungsschutzklage. Der Arbeitgeber ist hiermit jedoch nicht einverstanden. Er legt Revision beim Bundesarbeitsgericht ein. Das Bundesarbeitsgericht sieht die Sache jedoch genauso wie die vorherigen Gerichte: Nach § 32 Abs. 1 des Bundesdatenschutzgesetzes muss die Erhebung von Daten für die Zwecke der Durchführung oder Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses erforderlich sein. 

Zur Aufdeckung von Straftaten dürfen personenbezogene Daten nur dann erhoben werden, wenn zu dokumentierende tatsächliche Anhaltspunkte den Verdacht begründen, dass der Betroffene im Beschäftigungsverhältnis eine Straftat begangen hat, die Datenerhebung zur Aufdeckung erforderlich ist und das schutzwürdige Interesse des beschäftigten an dem Ausschluss der Datenerhebung nicht überwiegt, insbesondere Art und Ausmaß im Hinblick auf den Anlass nicht unverhältnismäßig sind. Das Bundesarbeitsgericht sieht hier keine zulässige Datenerhebung. Es geht davon aus, dass ein hinreichend konkreter Verdacht einer Straftat oder auch einer sonstigen schwerwiegenden Pflichtverletzung gar nicht vorgelegen habe. Die Überwachung hält es daher für unverhältnismäßig, wie aus der Pressemitteilung des Gerichts vom 27.07.2017 hervorgeht.

Bundesarbeitsgericht vom 27.07.2017-2 AZR 681/16, Pressemitteilung Nr. 31/17

Praxishinweis

Der Arbeitgeber hat vorliegend „Pech“ gehabt: Obwohl er die Überwachung sogar offen angekündigt, sie also nicht nur verdeckt durchgeführt hat, sind die Erkenntnisse daraus vollkommen wertlos. Mehr noch: Der Arbeitnehmer konnte nicht wirksam gekündigt werden. Das Bundesarbeitsgericht bescheinigt dem Arbeitgeber außerdem sogar noch Rechtsbruch: Er habe das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Klägers auf informationelle Selbstbestimmung verletzt.

War dies für den Arbeitgeber vorhersehbar? Natürlich: Hinterher ist man immer schlauer. Dennoch wäre aus rechtlicher Sicht ziemlich deutlich gewesen, dass der Arbeitgeber hier mit der Überwachung übertreibt.

Warum nützt es dem Arbeitgeber nichts, dass er die Überwachung angekündigt hat?

Die Ankündigung einer Überwachung ändert nichts daran, dass der Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Arbeitnehmers überhaupt nur bei einem hinreichend konkreten Verdacht einer Straftat oder anderen schwerwiegenden Pflichtverletzung zulässig ist und selbst dann auch noch verhältnismäßig sein muss. Dies hat das Bundesarbeitsgericht auch schon an anderer Stelle entschieden. Es dürfen also keine Überwachungen ohne entsprechenden Anlass erfolgen. Eine allgemeine, längerfristige Erfassung von Daten ist also stets problematisch.

Dr. Bert Howald

Rechtsanwalt

Fachanwalt für Arbeitsrecht

Anwaltskanzlei Gaßmann & Seidel


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