Anwaltskosten zu hoch?

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Ich werde immer wieder angeschrieben wegen zu hoher Anwaltskosten. Hier sehe ich Bedarf an Aufklärung.  Zunächst möchte ich aber eine Lanze brechen für die vielen Kolleginnen und Kollegen, die sich redlich um eine gute Rechtsbetreuung bemühen. Fehlerhafte Anwaltsrechnungen kommen vor, sind aber nur die Ausnahme. Beschwerden resultieren oft aus der Unkenntnis über die relativ komplizierten Regelungen im Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG).


Ich möchte Ihnen deswegen eine Handhabe geben, an der Sie die Ihnen überstellte Rechnung überprüfen können. Damit Sie damit etwas anfangen können, brauchen Sie ein paar Vorinformationen.


Zunächst einmal eines vorweg: Anwälte werden in der Regel nicht nach Aufwand bezahlt, sondern nach Pauschalen. Daher ist es durchaus möglich, dass die Prüfung eines Vertrages, mit telefonischer Beratung und nur einem Brief an die Gegenseite 4-stellige Beträge kostet. Entscheidend ist dabei zunächst einmal nicht der sichtbare Aufwand, sondern auch die eingesetzte Expertise. Diese besondere Fachkenntnis hat sich der Anwalt/die Anwältin im Lauf der Zeit mit einem sehr hohem finanziellen Aufwand erarbeitet. Wenn ein Fall mit einem "Dreizeiler" erledigt werden kann, zeigt sich darin oft besondere Kompetenz.

Ich möchte aber nicht in Abrede stellen, dass es auch Mandate gibt, wo die Pauschal-Abrechnung nach RVG zu unangemessenen Ergebnissen führt. Das wird nach meiner Erfahrung aber in aller Regel berücksichtigt.


Grundlagen:

Anwälte erbringen eine qualifizierte Dienstleistung. Diese erfordert einen durchgängig funktionsfähigen Geschäftsbetrieb (Infrastruktur, Personal, Fortbildung usw.). Die damit verbundenen Kosten sind mit 125,00 € pro Stunde ganz sicher nicht falsch angesetzt. Diese Kosten entstehen unabhängig davon, ob Aufträge hereinkommen oder nicht. Ein Großteil der in einer Anwaltskanzlei entstehenden Ausgaben sind damit Fixkosten.

Anwälte werden in unterschiedlichen Verfahrensstadien tätig: Beratung – Prüfung/Korrespondenz – gerichtliche Auseinandersetzung. 

Für alle diese Tätigkeiten gibt es Gebührentatbestände, die unabhängig vom tatsächlichen Arbeitsaufwand anfallen. Man mag das im Einzelfall als ungerecht empfinden. Andererseits reichen die gesetzlichen Gebühren gerade bei kleinen Ansprüchen nicht aus, um die Betriebskosten zu decken. Das muss also im Interesse der Rechtspflege "querfinanziert" werden. Das hat der Gesetzgeber so gewollt!


In groben Zügen können wir folgende Stufen  der Honorarermittlung festhalten:

Erstberatung

Gemeint ist damit die erste Beratung. – Nicht mehr. Sie kostet maximal 190,00 € zuzüglich Umsatzsteuer. Das entspricht eher der oben dargestellten Kostenstruktur.
Nicht erfasst ist davon freilich die Prüfung von Verträgen, die Sichtung von Korrespondenz usw. Es geht hier nur um die schnelle Information über den relevanten Sachverhalt und einen kleinen Tipp. Der durchschnittliche Zeitaufwand liegt dabei bei etwa 45 Minuten. Damit entspricht die Erstberatungsgebühr der Kostenstruktur.

Weitere Honorare müssen aber gesondert vereinbart werden. Im eigenen Interesse sollten Sie diese Frage ansprechen.

Geschäftsgebühr

Die Geschäftsgebühr fällt immer dann an, wenn der Anwalt mit der Gegenseite Kontakt aufnimmt. Bereits dadurch entsteht die Geschäftsgebühr, die nach Arbeitsaufwand und Schwierigkeit variabel ist. Sie bewegt sich zwischen 0,5 und 2,5 Gebührenwerte nach der RVG-Tabelle. Im Normalfall entstehen 1,3 Gebührenwerte zuzüglich einer Aufwandspauschale von 20,00 € und zuzüglich Umsatzsteuer.
Das kann im Einzelfall zu sehr hohen Kosten führen, die durch den sichtbaren Arbeitsaufwand nicht dargestellt sind.

Grundsatz: Eine Kostenrechnung über eine 1,3 Geschäftsgebühr ist in der Regel richtig, wenn es zu einer beauftragten Kontaktaufnahme mit der Gegenseite kam. Ein geringer Arbeitsumfang spielt dabei nur ausnahmsweise eine Rolle, während ein hoher Arbeitsaufwand in aller Regel eine Gebührenerhöhung rechtfertigt.


Einigungsgebühr

Gelingt es dem Anwalt, vor einer gerichtlichen Auseinandersetzung eine Einigung zu erzielen, erhält er pauschal eine Einigungsgebühr in Höhe von 1,5 Gebührenwerten aus dem Streitgegenstand. Damit wird das besondere Engagement im vorgerichtlichen Bereich belohnt. Der Mandant profitiert von der Ersparnis bei den Gerichtskosten.


Gerichtliche Gebühren

Bei den Gebühren im gerichtlichen Verfahren wird ausschließlich nach Pauschalen abgerechnet. Der Arbeitsaufwand spielt also keine Rolle. Im gerichtlichen Verfahren können als Gebühren entstehen:
Verfahrensgebühr, Terminsgebühr und Einigungsgebühr.

Die Verfahrensgebühr entsteht bereits mit der Einleitung des gerichtlichen Verfahrens. Zusätzlich entsteht auch die Terminsgebühr, wenn die Prozessordnung im Grundsatz eine Verhandlung fordert. Spielt aber keine Rolle, ob die Verhandlung tatsächlich stattgefunden hat. Einigen sich die Parteien beispielsweise in einem Zivilprozess vor der mündlichen Verhandlung im Wege des schriftlichen Verfahrens, so sind Verfahrensgebühr, Terminsgebühr und Einigungsgebühr entstanden. Die Terminsgebühr insbesondere deswegen, weil eine streitige Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung nicht möglich gewesen wäre.
Unfair? – Immerhin wurden die Parteien davon befreit, sich intensiv auf die mündliche Verhandlung vorzubereiten – und der ganze Stress blieb auch außen vor.





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