Arbeitgeber pleite - Genickschuss für die Kündigungsschutzklage?

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Diesen Samstag erschien in einer lokalen Tageszeitung ein Artikel über einen Kündigungsschutzprozess vor einem Arbeitsgericht in der Region, der ganz anders ablief, als sich die Klägerin das vorgestellt hatte (Sachverhalt inspiriert durch den Zeitungsartikel in der Hertener Allgemeinen v. 16. Mai 2015, S. 3, im Übrigen frei erfunden):

Die Klägerin war bei einer Reinigungsfirma beschäftigt. Ende Februar 2015 erhielt sie eine fristlose Kündigung, die sie sich nicht gefallen lassen wollte. Am 15. März 2015 ging daher fristgerecht (drei Wochen hat man nach Zugang der Kündigung Zeit, vgl. § 4 des Kündigungsschutzgesetzes) ihre Kündigungsschutzklage beim zuständigen Arbeitsgericht ein.

Termin zur Güteverhandlung war vergangenen Mittwoch. Für die Beklagtenseite war niemand erschienen und der vorsitzende Richter am Arbeitsgericht hatte gleich eingangs ganz unerfreuliche Neuigkeiten für die Klägerin: „Sie haben ein ernstes Problem – Sie haben den Falschen verklagt!“ Die Klägerin konnte nicht recht glauben, was sie da vom Vorsitzenden hörte; schließlich wusste sie doch wohl am allerbesten, wer ihr Arbeitgeber war.

Dies stimmt wohl – was die Klägerin aber nicht wusste, war, dass über das Vermögen ihres – ehemaligen – Arbeitgebers bereits am 2. März 2015, also vor Erhebung ihrer Kündigungsschutzklage, das Insolvenzverfahren eröffnet worden war.

Die Insolvenz hat nicht nur Einfluss auf die inhaltlichen Erfolgsaussichten einer Klage, sofern diese auf Weiterbeschäftigung oder etwa Zahlung von noch ausstehendem Lohn gerichtet ist, denn einem nackten Mann kann man nun einmal nicht mehr in die Tasche greifen; sie hat auch verfahrensrechtliche Konsequenzen, die ein juristischer Laie nicht überblicken kann.

Zu diesen verfahrensrechtlichen Konsequenzen gehört regelmäßig, dass mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Arbeitgebers geht nach § 80 Abs. 1 der Insolvenzordnung die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis über die bestehenden Arbeitsverhältnisse auf den Insolvenzverwalter übergeht. Konsequenz ist, dass auch eine Kündigungsschutzklage ab diesem Zeitpunkt nicht mehr gegen den Arbeitgeber, sondern gegen den Insolvenzverwalter zu richten ist (s. nur Bundesarbeitsgericht, Urteil v. 21.11.2013 – 6 AZR 979/11). Weitere Einzelheiten sind sehr kompliziert und können pauschal nicht dargestellt werden.

Die Klägerin hatte also wirklich den Falschen verklagt – Arbeitgeber statt Insolvenzverwalter. Und nun? Kann man da noch was machen? Leider nein! Denn die Kündigungsschutzklage ist fristgebunden, d.h., drei Wochen nach Zugang der Kündigung muss sie bei Gericht eingegangen sein, ansonsten ist Schluss. Und diese drei Wochen waren längst verstrichen. Jetzt noch eine Kündigungsschutzklage gegen den Insolvenzverwalter hinterherschicken, macht keinen Sinn. Die Unkenntnis der Klägerin von der Insolvenz des Arbeitgebers und den rechtlichen Konsequenzen für den Kündigungsschutzprozess schützt sie vor den harten rechtlichen Konsequenzen nicht.

Mein Tipp:

Keine Kündigungsschutzklage ohne Anwalt! Informieren Sie Ihren Anwalt unbedingt darüber, wenn sie Anzeichen dafür haben, dass Ihr Arbeitgeber möglicherweise insolvent ist oder gehen könnte. Ihr Anwalt wird überdies routinemäßig recherchieren, ob eine insolvenzrechtliche Problematik vorliegt und die richtigen Konsequenzen ziehen. Daher konsultieren Sie Ihren Anwalt am besten sofort nach Zugang der Kündigung, nicht erst einen Tag vor Ablauf der Klagefrist.


Rechtstipp aus den Rechtsgebieten

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