Arbeitsrecht: Datenschutz gleich Täterschutz?

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Der Fall

Ein gewerblicher Mitarbeiter im Stanzformbau ist über Monate arbeitsunfähig krank. Seine Söhne betreiben selbst eine Stanzformbaufirma, die in direktem Wettbewerb zu seinem Arbeitgeber steht. Dieser Arbeitgeber sieht während der Krankschreibung das Fahrzeug des Arbeitnehmers vor der Firma seiner Söhne stehen. Er beauftragt einen Detektiv. Dieser ermittelt, dass der Mitarbeiter während seiner Krankschreibung für das Unternehmen seiner Söhne arbeitet. Der Arbeitgeber kündigt fristlos. Der Arbeitnehmer erhebt Kündigungsschutzklage. In erster Instanz bestätigt das Arbeitsgericht (ArbG) die Wirksamkeit der Kündigung. Der Arbeitnehmer geht in Berufung.

Die Rechtslage

Die fristlose Kündigung ist begründet, wenn der Arbeitnehmer gegen seine Pflichten als Arbeitnehmer in einem Maße verstößt, dass dem Arbeitgeber selbst die Beschäftigung bis zum Ende der Kündigungsfrist nicht mehr zumutbar ist. Entscheidend sind die Umstände des Einzelfalles. Sowohl eine missbräuchliche Krankschreibung als auch die Arbeit für ein Konkurrenzunternehmen können eine fristlose Kündigung rechtfertigen. Kommt beides zusammen, sollte der Fall eigentlich klar sein.

Die Entscheidung

Das Landesarbeitsgericht (LAG) änderte die Entscheidung in zweiter Instanz ab. Die Kündigung sei unwirksam, denn der Arbeitgeber habe die vorgetragenen Beweismittel rechtswidrig unter Verstoß gegen das Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) erlangt. Das BDSG erlaube die Aufklärung konkreter Indizien nur, wenn der Verdacht einer Straftat besteht. Aber weder die unberechtigte Krankschreibung noch die Arbeit für ein Konkurrenzunternehmen seien Straftaten. Die Revision wurde zugelassen (LAG Baden-Württemberg 4 SA 61/15).

Fazit

Die Anforderungen an zulässige Ermittlungen werden ständig erhöht. Besteht ein Betriebsrat, bedarf der Arbeitgeber bereits dessen Zustimmung. Mit dem Datenschutz als weiterer Hürde sind auch krasse Pflichtverletzungen kaum noch zu ahnden. Dabei dürfte der Arbeitnehmer zumindest einen Betrug zum Nachteil der Krankenkasse begangen haben. Auch ein Betrug gegenüber dem Arbeitgeber ist nicht auszuschließen.

Tipp

Das LAG hat die Probleme wohl gesehen und deshalb die Revision zum Bundesarbeitsgericht (BAG) zugelassen. Mit einer Abänderung der Entscheidung ist zu rechnen. Denn wie weit der Datenschutz reicht, ist durch eine Interessenabwägung zu bestimmen. Wichtig ist dabei der Gesetzeszweck, denn das BSDG will gerade nicht dem Täterschutz dienen. Auch dieser Fall zeigt wieder einmal, wie wichtig es ist, seine Rechte auch durch mehrere Instanzen zu verfolgen.

Dr. Christian Sieg’l

Rechtsanwalt

Fachanwalt für Arbeitsrecht


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