Arglistige Täuschung beim Hausverkauf II - Unterlagen zu Mängeln knapp vor dem Beurkundungstermin

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Im Rechtstipp der Kanzlei Schuback https://www.anwalt.de/rechtstipps/arglistige-taeuschung-beim-immobilienkaufvertrag-wann-liegt-das-vor-welche-folgen-hat-dies_160645.html informierte die im Immobilienrecht ständig bundesweit tätige Rechtsanwältin Schuback bereits über die Grundlagen von arglistigen Täuschungen bei Haus-/Wohnungskaufverträgen, und den Folgen und Ansprüchen daraus. 

Nun hat der Bundesgerichtshof die Aufklärungs- und Offenbarungspflichten von Verkäufern beim Verkauf von Immobilien verschärft.

Notwendige künftigen Sanierungs-pflichten sind deutlich und rechtzeitig vor der Beurkundung mitzuteilen - sog. „Datenraum-Entscheidung“ 

Der BGH hat am 15. September 2023 (Az V ZR 77/22) klargestellt, dass es nicht ausreicht, wenn ein Verkäufer kommende Sanierungsbedarfe ohne gesonderten Hinweis dem Käufer kurzfristig vor dem Beurkundungstermin als Unterlage nachträgt in einem „Datenraum“. Was war passiert? 

Unterlagen in einen Datenraum nachgeschoben

In Immobilienkaufverträgen erfolgt so gut wie immer ein sog. Gewährleistungs-ausschluss der Verkäufer für alle Mängel einer Immobilie, so dass Käufer praktisch immer Immobilien „gebraucht wie besehen“ kaufen, ausgenommen ist nur dann ein Schadensersatz oder die Anfechtung, wenn der Verkäufer einen sog. versteckten Mangel kannte und nicht unaufgefordert offenbarte. 

Will der Käufer einen später entdeckten Mangel dann beim Verkäufer regressieren oder den Kaufvertrag anfechten und  rückabwickeln, muss er zum einen beweisen, dass es sich um einen Mangel handelt (und nicht eine alterstypische Eigenschaft), wie auch, dass der Verkäufer diesen Mangel kannte.

Der Verkäufer einer Immobilie wiederum muss alle ihm bekannten Mängel dem Käufer vor dem notariellen Kaufvertrag offenbaren. 

Im Fall, den der BGH gerade entschieden hatte, hatte der Verkäufer einer großen Immobilie  - die im Wohnungseigentum geführt wurde - kurz vor dem Notarbeurkundungstermin über Mängel informiert, er hatte neue Unterlagen in einen sog. Datenraum (Datensammlung zum Objekt in einer Cloud, zu der der Käufer den Login-Zugang erhielt) nachgeladen. 

Dort hatte der Verkäufer am Freitag vor dem Beurkundungstermin am Montag weitere Unterlagen eingefügt, aus denen sich erhebliche künftige Sanierungsbedarfe ergaben am Gemeinschaftseigentum der Immobilie, die die dortige WEG bereits dem Grunde nach beschlossen hatte davor. Im Kaufvertrag beurkundete der Verkäufer, ihm seien keine konkret geplanten Investitionsmaßnahmen bekannt. 

Nachdem der Kauf beurkundet war, beschloss die Eigentümergemeinschaft dann auch die Durchführung der Sanierungsmaßnahmen und deren Kosten nebst Kostenumlagen an die einzelnen Eigentümer. 

Der Käufer focht den Kaufvertrag wegen arglistiger Täuschung an und forderte die Rückabwicklung. In den Instanzen wurde dies zunächst abgelehnt mit dem Einwand seitens der Gerichte, die Investitionsbedarfe seien schließlich in den Datenraum eingestellt gewesen und der Käufer hatte die Möglichkeit und Pflicht, dies aktuell vorher selbst nochmal zu prüfen.

Entscheidung des BGH: In Datenraum einstellen heißt nicht: bekannt geben 

Der BGH ließ dies nicht gelten und urteilte, dass der Verkäufer arglistig getäuscht hatte. 

Das schlichte Einstellen von Dokumenten in den Datenraum bedeutet nicht automatisch, dass man deren Kenntnis als bekannt voraus setzen dürfe. Dazu sei es nach dem BGH vielmehr erforderlich, den Käufer gesondert auf diesen Umstand hinzuweisen, z.B. durch eine E-Mail, dass neue Unterlagen im Datenraum hochgeladen sind. Dies gelte jedenfalls bei solch wesentlichen Umständen, die erkennbar für den Käufer von besonderer Bedeutung seien und über die der Käufer nach Treu und Glauben eine Aufklärung verlangen könne.

Ohne diese Klarstellung stellte dies nach BGH ein „Verstecken von wesentlichen Informationen“ zu Mängeln dar, dem aufgedrängten „Suchen nach der Nadel im Heuhaufen“, was arglistiges Verschweigen von wesentlichen Informationen ist. 

Der Verkäufer muss proaktiv und unmißverständlich klar deutlich auf solche Eigenschaften oder Mängel hinweisen, die für einen Käufer nach objektiviertem Empfängerhorizont von Bedeutung bei einem Kauf sind. 

Zudem monierte der BGH die Kurzfristigkeit. Es war laut BGH nicht zu erwarten, dass selbst der hier gewerbliche Käufer, der eine Due Diligence machte, nochmals über das Wochenende vor der Beurkundung den Datenraum durchsuche auf womöglich neue Unterlagen und Informationen, wo er dabei dann die nachgereichten WEG-Beschlussprotokolle hätte finden können über die künftigen Investitionsbedarfe. 

Folgen aus dem neuen Urteil

Es handelte sich vorliegend um eine Einzelfallentscheidung der dortigen Sachumstände.

Grundsätzlich hat jedoch weiterhin der Käufer einer Immobilie selbst die Pflicht, sich vorher zu informieren zu den Eigenschaften der Immobilie, und zu entscheiden, ob er die Immobilie als werthaltig für den Kaufpreis betrachtet. Es darf auch laut BGH der Käufer sich nicht einfach "sorglos" aufstellen vor einem Kauf, und  muss eine gründliche eigene Prüfung und Untersuchung eines Hauses vornehmen, ggf. auch mit einem eigenen Gutachter. 

Entscheidend wird es andererseits nun auch sein, wie der Verkäufer die Objektunterlagen präsentiert (leicht durchsuchbar, mit Suchfunktion; geordnet; mit Update-Service in Datenräumen, welcher Zeitvorlauf vor dem Beurkundungstermin), ferner, um welche kritischen Informationen zum Gebäude es geht, wie relevant und wesentlich eine Eigenschaft oder Mangel jeweils im Schnitt für einen durchschnittlichen Immobilienkäufer bewertet wird etc. 

Fazit: 

Es bleibt weiterhin stets in jedem Streitfall von später entdeckten verdeckten Mängeln eine gerichtliche eine stets spannende, vom Gericht Einzelfallfrage, wie weit die eigene Untersuchungspflicht des Käufers vorher konkret ging, sich über alle relevanten Details baulich selbst Kenntnis zu verschaffen - und wie weit wiederum  die aktive Offenbarungspflicht des Verkäufers im Einzelfall reichte, auf Umstände hinzuweisen, die ein Käufer potentiell als Mangel ansehen könnte, und dies nachweislich klar und verlässlich mitzuteilen. 

Neu ist nun, dass das spätere Einstellen von Informationen zu künftigen Sanierungsbedarfen in einen Datenraum für den Käufer jedenfalls nicht zu kurzfristig vor dem Notartermin erfolgen darf sowie einen deutlichen Hinweis benötigt. 

Ausblick und Bewertung

  • Diese Entscheidung dürfte nun auch für die den Verkäufer bekannten gesetzlichen künftigen Sanierungsmodernisierungsbedarfe des GEG („sog. Heizungsgesetz“) Relevanz erhalten, und die Käufer proaktiv auf dem Verkäufer bekannte Sanierungspflichtmassnahmen aufzuklären. 

Kanzleihinweis: Dieser Rechtstipp dient der allgemeinen Information.  Rechtsanwältin Schuback erreicht jede Woche eine Vielzahl von interessanten individuellen Fallschilderungen mit der Bitte, eine Einschätzung zur Erfolgsaussicht abzugeben. Solche Aufforderungen sind ein individueller Rechtsberatungsauftrag, der anwaltlichen Zeitbedarf auslöst und die hier langjährige Fach-Expertise  und erfolgreicher gerichtliche Prozesspraxis erfordert. Rechtsanwältin Schuback antwortet auf Beratungsanfragen in der Regel binnen weniger Stunden an den Werktagen. 

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Rechtsanwältin und Fachanwältin für Verwaltungsrecht Iris Schuback aus Hamburg 

Stand des Rechtstipps: 13. November 2023



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