Auch ohne Tempolimit ist Haftung erhöht
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[image]Das Überschreiten der Richtgeschwindigkeit erhöht die Betriebsgefahr und kann die Haftungsquote bei einem Unfall beeinflussen. Das spürte nun ein Sportwagenfahrer.
Der Fahrer eines Aston Martin Vanquish S befand sich nachts auf der Überholspur der A33 bei Osnabrück. Ob der vor ihm befindliche Nissan-Fahrer beim Überholen eines VW Golfs unachtsam war und den Sportwagen übersah oder dieser so schnell herankam, dass er noch nicht zu bemerken war, konnten auch die Gerichte nicht mehr klären. Fest stand, der spätere Kläger fuhr mindestens 200 km/h. Eine Geschwindigkeitsbegrenzung gab es an dieser Stelle nicht, dafür aber nur zwei Fahrspuren. Ein rechtzeitiges Bremsen war nicht mehr möglich. Als letzten Ausweg versuchte der Fahrer des bis zu 321 km/h schnellen Wagens es deshalb mit der Lücke zwischen dem Nissan Micra und dem Golf. Es kam trotzdem zum Zusammenstoß - Sachschaden über 100.000 Euro.
Richtgeschwindigkeit beeinflusst Betriebsgefahr
Das Landgericht Osnabrück entschied in der Ausgangsinstanz: Kleinwagen haftet zu Sportwagen mit 1/3 zu 2/3. Da aber jeder die eigene Unschuld annahm, kam es zur Berufungsverhandlung vor dem Oberlandesgericht (OLG) Oldenburg. Gutachten und Zeugenbefragung änderten nichts an dem unklaren Unfallhergang. Der Golf-Fahrer gab an, den Nissan-Fahrer erst bemerkt zu haben, als es bereits krachte. Kläger und Beklagter versuchten dem jeweils anderen die Schuld zuzuschieben. Unstreitig war: Der Kläger fuhr mindestens 200 km/h. Auf beiden Seiten war die Betriebsgefahr durch den Überholvorgang erhöht. Durch das Überschreiten der Richtgeschwindigkeit von 130 km/h um wenigstens 70 km/h habe die Betriebsgefahr des Klägers am Ende aber über der des Beklagten gelegen. Diese bei der Ausübung bestimmter gefährlicher Tätigkeiten - wie etwa des Autofahrens - zu beachtende Haftungsgrundlage übersteige bei Überschreiten der Richtgeschwindigkeit das normale Maß.
Erlaubtes schnelles Fahren keine Verschuldensfrage
Ebenfalls deutlich machten die Richter deshalb, dass das Fahren mit hoher Geschwindigkeit bei fehlendem Tempolimit zu keinem Verschulden führt. Auf dieses kommt es bei vorliegender Betriebsgefahr aber nicht an. Jedoch spielt die Geschwindigkeit eine weitere Rolle bei der Frage, ob der Unfall für einen der Fahrer unabwendbar war. Infolgedessen würde die Haftung für den betreffenden Unfallbeteiligten entfallen. Gemäß dem OLG war das aber weder beim Kläger noch beim Beklagten der Fall. Unabwendbarkeit liege nur vor, wenn es trotz der jeweils gebotenen Sorgfalt zum Unfall komme. Abzustellen ist dabei auf einen Idealfahrer. Wer aber schneller als mit Richtgeschwindigkeit unterwegs sei, der verhalte sich nicht mehr wie ein Idealfahrer. Und wer unachtsam die Spur wechsle, ebenfalls. Es blieb somit bei der Haftungsquote.
(OLG Oldenburg, Urteil v. 21.03.2012, Az.: 3 U 69/11)
(GUE)
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