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Auch Radler müssen Verkehrsregeln einhalten

  • 3 Minuten Lesezeit
Sandra Voigt anwalt.de-Redaktion

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Parallel zu den Temperaturen nimmt auch die Anzahl der Fahrradfahrer auf den Straßen im Frühling immer mehr zu. Gerade in Städten passieren aufgrund der hohen Verkehrsdichte aber immer wieder schlimme Unfälle zwischen Autofahrern und Radlern. Dabei gilt grundsätzlich, dass der Autofahrer zumindest aus der Betriebsgefahr seines Kfz – zumeist zu 25 Prozent – mithaftet. Diese Betriebsgefahr kann jedoch bei einem groben Fehlverhalten des verletzten Radlers – hier: plötzliches Einbiegen vom Radweg auf die Fahrbahn – vollkommen zurücktreten und eine Haftung des Kfz-Führers ausschließen.

Autofahrer erfasst Radler

Ein 79-jähriger Mann befuhr mit seinem Fahrrad einen Radweg, der rechts neben der Straße verlief. Er wollte nach links in einen Feldweg abbiegen und lenkte sein Rad dazu mitten auf die Fahrbahn, sodass der von hinten herannahende Autofahrer nicht mehr schnell genug bremsen konnte. Auch konnte er dem Radler nicht mehr ausweichen und kollidierte mit ihm. Der Zweiradfahrer wurde dabei schwer verletzt und verlangte daraufhin von der gegnerischen Versicherung unter anderem die Zahlung von Schadenersatz – eine Mithaftung ergebe sich zumindest aus der Betriebsgefahr des Autos. Er selbst habe durch Handzeichen seine Abbiegeabsicht deutlich gemacht, auch wenn er zugegebenermaßen den Verkehr etwas genauer hätte beobachten müssen. Der Autofahrer habe gegenüber ihm als älterem Verkehrsteilnehmer jedoch eine besondere Sorgfaltspflicht gehabt, vgl. § 3 IIa StVO (Straßenverkehrsordnung). Als die Versicherung eine Zahlung verweigerte, zog der Rentner vor Gericht.

Keine Haftung des Autofahrers

Das Oberlandesgericht (OLG) Saarbrücken lehnte jegliche Haftung des Autofahrers ab. Zwar wurde der Rentner gemäß § 7 StVG (Straßenverkehrsgesetz) bei Betrieb des Kfz verletzt, sodass zumindest eine Mithaftung des Autofahrers aus Betriebsgefahr in Betracht kam. Die trat aber hinter dem groben Fehlverhalten des Rentners vollständig zurück.

So hat der Radler gegen § 10 S. 1 StVO verstoßen. Beim Einfahren vom Radweg auf die Fahrbahn hätte er darauf achten müssen, dass er keine anderen Verkehrsteilnehmer gefährdet. Schließlich stellt das Einbiegen in eine Straße ohnehin schon ein für Verkehrsteilnehmer überraschendes Vorgehen dar – das gilt vor allem dann, wenn ein Radler vom Radweg auf die Straße fährt. Denn ein Autofahrer darf darauf vertrauen, dass der Zweiradfahrer auf seinem Radweg bleibt und nur unter Einhaltung der Verkehrsregeln auf die Straße fährt, nicht jedoch den Fahrbahnnutzern die Vorfahrt nimmt. Vorliegend konnte der Rentner nicht nachweisen, vor dem Abbiegen ein Handzeichen gegeben zu haben. Auch hat er gestanden, den Verkehr nicht ausreichend beobachtet zu haben, bevor er auf die Straße gefahren ist. Er hat durch sein Verhalten somit andere Verkehrsteilnehmer gefährdet.

Ferner hat der Radler § 9 I 4, II 2 StVO verletzt. Denn will ein Radler aus der Fahrbahn heraus in eine andere Straße einbiegen, gelten für ihn dieselben Regeln wie für einen Autofahrer: Er muss den bevorstehenden Abbiegevorgang rechtzeitig und deutlich ankündigen, sich bis zur Fahrbahnmitte einordnen und sich vor dem Einordnen und erneut vor dem Abbiegen durch einen Schulterblick versichern, dass der nachfolgende Verkehr nicht gefährdet wird. Das hat der Radler offensichtlich nicht getan, sonst hätte er den herannahenden Kfz-Fahrer erkannt und den Abbiegevorgang erst einmal abgebrochen. Im Übrigen hat der Radler zugegeben, den Verkehr nicht sorgfältig beobachtet zu haben.

Dagegen war kein Verkehrsverstoß des Autofahrers ersichtlich. Er war weder mit überhöhter Geschwindigkeit unterwegs, noch war ihm eine verzögerte Reaktion zur Zeit des Unfalls nachweisbar. Das OLG lehnte im Übrigen auch einen Verstoß gegen § 3 IIa StVO ab. Danach trifft jeden Verkehrsteilnehmer gegenüber Kindern, älteren oder hilfsbedürftigen Menschen die Pflicht, sich so zu verhalten, dass deren Gefährdung ausgeschlossen wird, etwa durch Abbremsen. Die Vorschrift ist aber nur einschlägig, wenn für den Autofahrer eine Gefahrensituation erkennbar ist, also z. B. der Radfahrer sich der Fahrbahn nähert, Schlangenlinien fährt bzw. sich besonders langsam oder unsicher fortbewegt. Vorliegend hat der Rentner vor dem Unfall aber ohne Auffälligkeiten den Radweg benutzt. Der Autofahrer musste daher nicht mit dessen plötzlicher Schrägfahrt auf die Straße rechnen.

(OLG Saarbrücken, Urteil v. 13.02.2014, Az.: 4 U 59/13)

(VOI)

Foto(s): ©Fotolia.com

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