Aufklärungspflichten von Bankberatern bei Anlageempfehlungen:

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1. Interessenkollision bzw. institutionalisiertes Zusammenwirken zwischen Bank und Vertrieb

Institutionalisiertes Zusammenwirken zwischen Bank und externem (Struktur-)Vertrieb war in der Vergangenheit vorrangig im Bereich kreditfinanzierter Bauherren-/Erwerbermodellen oder Fondsanlagen in Immobilien zu beobachten. Die Immobilienanlage wurde meist vor dem Hintergrund der Steueroptimierung empfohlen (Abschreibungsmodelle/AfA). Gerade hier waren häufig Anhaltspunkte vorhanden, wonach sich Anleger auf einen die Aufklärungspflicht auslösenden konkreten Wissensvorsprung des Darlehensgebers berufen konnten. Die Empfehlung von Abschreibungsmodellen ging häufig mit einer arglistigen Täuschung des Anlegers durch evident unrichtige Angaben des Vermittlers, Verkäufers oder Fondsinitiators einer. Auch unrichtige und unvollständige Angaben im Fondsprospekt und Kenntnis der Banken hierüber waren keine Seltenheit.

Nach der zwischenzeitlich gesicherten, vor allem zu Beginn der 90er-Jahre des letzten Jahrhunderts heftig diskutierten höchstrichterlichen Rechtsprechung des BGH, können sich Anleger in Fällen institutionalisierten Zusammenwirkens der kreditgewährenden Bank mit dem Verkäufer oder Vertreiber des finanzierten Objekts unter erleichterten Voraussetzungen mit Erfolg auf einen die Aufklärungspflicht auslösenden konkreten Wissensvorsprung der finanzierenden Bank berufen. Dies unter Verweis auf eine oftmals gegebene arglistige Täuschung des Anlegers durch Dritte.

Übertragen auf den Vertrieb von Fondsanlagen obliegt es dem Wertpapierhandelsunternehmen, eine Interessenkollision nicht nur durch organisatorische Maßnahmen, als vielmehr auch durch sachgerechte Information des Anlegers – in Gestalt der Offenlegung des eigenen Profitinteresses – zu vermeiden. Institutionalisiertes Zusammenwirken in der zuvor aufgezeigten Form kann nach hiesiger Auffassung auch  dort stattfinden, wo das Kreditinstitut selbst über Rückvergütungen und Provisionen nicht aufklärt, soweit die Anlage von einem Drittanbieter stammt. Der Vorwurf institutionalisierten Zusammenwirkens ist somit durchaus im Zusammenhang mit der hier im Mittelpunkt der Untersuchung stehenden Betrachtung verschwiegener Provisionen zu sehen.

2. Konkreter Wissensvorsprung der Bank

Unter dem Blickwinkel der Kick-Back-Problematik ist die Fallgruppe von besonderer Relevanz, wo ein Kreditinstitut nachweislich über besondere Kenntnisse hinsichtlich der Anlagerisiken verfügt. Sonderwissen der Bank in Bezug auf das Akquisitionsvehikel ist beispielsweise dort anzutreffen, wo Begleitumstände im Umfeld der Investitionsentscheidung, wie zum Beispiel der Kenntnis von der Zahlungsunfähigkeit des Initiators oder hinsichtlich falscher Rentabilitätsangaben durch den Projektentwickler bei Immobilienbeteiligungen, zu besonderer Vorsicht mahnen.

Über allgemeine wirtschaftliche Risiken eines Investments (z.B. Nachhaltigkeit der Wertentwicklung/ Ertragsfähigkeit aufgrund gesamtwirtschaftlicher Lage) muss das Kreditinstitut hingegen nicht aufklären. Bezogen auf das Relationsverhältnis zwischen Höhe der Investitionssumme und, zum Beispiel, dem Wert einer Immobilie besteht eine Aufklärungspflicht nur gesetzt den Fall, dem Kreditinstitut war ein grobes Missverhältnis zwischen beiden Vergleichsparametern bekannt. So besteht nach inzwischen gesicherter Rechtsprechung eine Aufklärungspflicht bei Erwerbermodellen dann, wenn das darlehensgebende Kreditinstitut eine nicht offen gelegte Innenprovision verschweigt, die zu einer erheblichen Überteuerung, konkret einer doppelt so hohen und somit letztendlich sittenwidrigen Kaufpreisfestsetzung, diese in Relation zum Verkehrswert des Immobilieninvestments, führt. Bezüglich der Anlage in Fonds hat der BGH wiederholt entschieden, dass über eine im Prospekt nicht ausgewiesene Provision bereits dann aufklären sei, wenn der Kaufpreis annähernd das Doppelte des Werts der Fondsbeteiligung beträgt und die Provision für diese Überteuerung zumindest mit ursächlich war. Bezogen auf Anteile an geschlossenen Immobilienfonds ist höchstrichterlich entschieden, dass die sogenannten weichen Kosten (Erwerbskosten, Vermittlungsprovisionen, Vertriebskosten etc.) zutreffend und unmissverständlich auszuweisen sind.

Dem ist zuzustimmen. Nur so kann der potentielle Anleger erkennen, in welchem Umfang die von ihm investierten Gelder nicht in das Anlageobjekt, mithin der Deckung der Anschaffungs- und Herstellungskosten fließen, sondern anderweitig zweckentfremdet werden. Gerade durch großzügig gewährte Provisionszahlungen an die Vertriebseinheiten wird die Nettorendite letztendlich nachhaltig beeinträchtig.

Ein haftungsrelevanter Wissensvorsprung von Kreditinstituten im Zusammenhang mit nicht offengelegten Provisionszahlungen liegt dann vor, wenn das Institut positive Kenntnis davon hat, dass der Kunde durch seinen Geschäftspartner oder durch den Verkaufsprospekt über die Art und Höhe der von ihm letztendlich zu entrichtenden Provisionen arglistig getäuscht wurde.

Diesen Vorwurf  kann das Kreditinstitut in den hier untersuchten Fällen verschwiegener Provisionszahlungen bei Fondsanlagen treffen.

In den hier untersuchten Fällen war das Institut oftmals Profiteur einer Provisionsvereinbarung zwischen ihm und dem Anbieter der Fondsanlage, die nicht immer aus dem eigenen Haus stammte, sondern oftmals von Drittanbietern – oftmals einer reinen Investmentgesellschaft ohne Banklizenz – aufgelegt wurde.

3. Überschreiten der Kreditgeberrolle

Soweit – was in der Praxis selten vorkommt – das Kreditinstitut im Rahmen der Planung oder Durchführung bzw. der Platzierung eines Finanzprodukts über seine Funktion als Darlehensgeber hinausgeht, besteht nach Ansicht der höchstrichterlichen Rechtsprechung eine Aufklärungspflicht dort, wo das Institut gleichsam als Partei des finanzierten Geschäfts erscheint. Dies wurde in der Vergangenheit mehrfach hinsichtlich geltend gemachter Schadensersatzansprüche des Immobilienanlegers wegen institutionalisierten Zusammenwirkens von Kreditinstitut und Verkäufer/Initiator beim Vertrieb von Immobilien(-fonds) höchstrichterlich bejaht. Bezogen auf die Kick-Back-Problematik dürfte dieser Fallgruppe keine weitere Bedeutung beizumessen sein. Die hier untersuchten Anlageformen im Zusammenhang mit verschwiegenen Innenprovisionen und/oder Rückvergütungen lassen zum einen kein Überschreiten der Kreditgeberrolle erkennen und waren in einer großen Mehrzahl von Fällen nicht kreditfinanziert, sondern mit Eigenkapital der Anleger unterlegt. Ein Überschreiten der Kreditgeberrolle der Bank scheidet somit per se aus.

4. Schaffung eines besonderen Gefährdungstatbestandes

Treu und Glauben begründen eines Aufklärungs- und Warnpflicht auch dort, wo Kreditinstitute geschäftlich unerfahrenen Kunden Vertragskombinationen, beispielsweise in Form eines Konsumentenkredits kombiniert mit einer Kapitallebensversicherung – diese zur Tilgung des endfälligen Darlehens – , anbieten. Soweit durch diese Kreditform – im Vergleich zum klassischen Annuitäten-/Tilgungsdarlehen – schwerwiegende vertragstypische Nachteile, zum Beispiel in Gestalt erschwerter Kündigungsmöglichkeiten der zur Darlehenstilgung vorgesehenen Lebensversicherung, einhergehen, ist eine Aufklärungspflicht des Kreditinstituts über dieses Konstrukt respektive dessen Risiken zumindest nicht von vornherein von der Hand zu weisen. Gleiches gilt, wenn zum Zeitpunkt einer Darlehenszusage die Verwirklichung des drittfinanzierten Investments bei Darlehensausreichung schon nicht mehr möglich erschien. Die der hiesigen Betrachtung zu Grunde liegenden Vergütungsmodelle weisen hingegen keine Begünstigung eines solchen Gefährdungsszenarios auf.

5. Fazit

Die oben bezeichneten Voraussetzungen für Schadensersatzansprüche bedürfen einer genauen Untersuchung eines visierten Rechtsanwalts. Gestützt darauf können dann Ansprüche gegen die Banken formuliert werden.


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

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