BAG: Ausschlussfristen im Arbeitsvertrag vs. Mindestvergütung

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Nach einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts (Urteil vom 24.8.2016, Az. 5 AZR 703/15) hindert eine im Arbeitsvertrag enthaltene Ausschlussfrist für die Geltendmachung der Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis die Geltendmachung dann nicht, wenn der Ausschluss auch die Ansprüche auf Mindestvergütung des Arbeitnehmers nach § 2 Abs. 1 der Verordnung über die zwingenden Arbeitsbedingungen für die Pflegebranche (PflegeArbbV) umfasst.

Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hatte sich vor Kurzem mit der Frage zu beschäftigen, ob eine arbeitsvertragliche Ausschlussfrist wirksam ist, wenn von dem drohenden Ausschluss auch die Mindestvergütung nach der niedersächsischen PflegeArbbV umfasst sind. Die Entscheidung scheint auf den ersten Blick nur geringe Auswirkungen zu haben, befasst sie sich schließlich mit einer Regelung, die auf viele Arbeitsverhältnisse keine Anwendung findet. Die Begründung des BAG hat jedoch eine Diskussion entfacht bzw. fortgeführt, ob damit evtl. Ausschlussfristen generell anders gefasst werden müssen, falls die Begründung auch auf Ansprüche nach dem Mindestlohngesetz zu übertragen wäre (z. B. Bayer, GWR 2016, 465).

Der Sachverhalt war eigentlich recht simpel: Die Klägerin arbeitete in Teilzeit für einen mobilen Pflegedienst.

Der Arbeitsvertrag sah folgende Klausel vor:

„§ 22 Ausschlussfrist bei Geltendmachung von Ansprüchen
(1) Alle beiderseitigen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis und solche, die mit dem Arbeitsverhältnis in Verbindung stehen, verfallen, wenn sie nicht innerhalb von drei Monaten nach der Fälligkeit gegenüber der anderen Vertragspartei schriftlich erhoben werden. Dies gilt auch für Ansprüche, die während des bestehenden Arbeitsverhältnisses entstehen.
(2) Lehnt die Gegenpartei den Anspruch ab oder erklärt sie sich nicht innerhalb von zwei Wochen nach der Geltendmachung des Anspruches, so verfällt dieser, wenn er nicht innerhalb von drei Monaten nach der Ablehnung oder dem Fristablauf gerichtlich geltend gemacht wird.“

Diese Regelung entspricht nicht der auf den Arbeitsvertrag anwendbaren PflegeArbbV für das Land Niedersachsen, nach der „Ansprüche auf das Mindestentgelt entfallen, wenn sie nicht innerhalb von 12 Monaten geltend gemacht werden.“

Die Arbeitnehmerin erkrankte für vier Wochen. Das Arbeitsverhältnis wurde daraufhin wohl beendet. Da der Arbeitgeber aber Zweifel an der Erkrankung hatte, leistete er keine Entgeltfortzahlung.

Die Klägerin forderte die Beklagte dann innerhalb von 3 Monaten auf, die Zahlung zu leisten. Sie erhob jedoch nicht innerhalb von 3 Monaten nach dem Fristablauf zur Reaktion auf die Aufforderung Klage.

Für den Erfolg kam es nun darauf an, ob die vertragliche Ausschlussfrist wirksam ist.

Dies hat das BAG verneint. Die Klausel könnte nicht so ausgelegt werden, dass sie alle Ansprüche mit Ausnahme der Ansprüche auf Mindestvergütung umfasst. Wollte man die Klausel in dieser Art in ihrem Inhalt reduzieren („geltungserhaltende Reduktion“) so wäre die Restklausel intransparent und deshalb ebenfalls nichtig. Eine Verfallklausel könnte also nur dann wirksam vereinbart werden, wenn sie transparent und für den Arbeitnehmer deutlich die Ansprüche auf ein Mindestentgelt von ihrem Gelteungsbereich ausnehme.

Ob diese Rechtsfolge auf das Mindestlohngesetz übertragbar ist, hat das BAG offengelassen. Die Frage selbst ist im juristischen Schrifttum stark umstritten (vgl. Rz 30 der Entscheidung). Grund für die Differenzierung ist dabei die Formulierung im § 3 Satz 1 MiLoG, wonach Ausschlussfristen nur „insoweit“ unwirksam seien, als dass sie den Anspruch auf Mindestlohn umfassten. Zwingend ist dieses einschränkende Verhältnis also nicht.

Festgehalten werden kann jedenfalls, dass Arbeitgeber gut beraten sind, ihre neu abzuschließenden Arbeitsverträge daraufhin zu überprüfen, ob sie kritische Formulierungen zur Ausschlussfrist enthalten und diese ggf. an die neue Rechtslage anzupassen.

RA Heiko Effelsberg, LL.M.

Fachanwalt für Versicherungsrecht


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