Bahnbrechendes Urteil des LG Ravensburg: Keine Nutzungsentschädigung nach Widerruf des Autokredits!

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Widerruf des Autokredits als lukrative Rückgabechance

Aufgrund der unter dem Begriff „Abgasskandal“ in den letzten Jahren aufgetretenen Probleme mit Dieselfahrzeugen suchen tausende Autokäufer nach Wegen, einen Wertverlust oder gar drohende Fahrverbote zu umgehen. In letzter Zeit wird immer deutlicher, dass bei einem finanzierten Fahrzeugerwerb gerade der Widerruf des Finanzierungsvertrages ein geeignetes Mittel zur Problemlösung sein kann. Der Widerruf des Autokredits gegenüber der finanzierenden Bank ist im Vergleich zu aufwendigen Schadensersatzprozessen ein sehr „eleganter“ Weg, sein Auto loszuwerden. Zudem steht diese Möglichkeit nicht nur Verbrauchern offen, deren Fahrzeug – derzeit – von dem sogenannten Abgasskandal betroffen ist, sondern allen Autokäufern, die den Erwerb finanziert haben. 

Zahlreiche Verträge der VW-Bank, Seat Bank, Skoda Bank oder der Audi Bank widerruflich

Bereits das LG Arnsberg erklärte mit Urteil vom 17.11.2017, 2 O 45/17 den Widerruf eines Autokreditvertrags mit der Volkswagen Bank wegen unzureichender „Angaben über das einzuhaltende Verfahren bei Kündigung des Vertrages“ für wirksam. Hierunter fällt nach zutreffender Auffassung des LG Arnsberg auch eine Regelung zum außerordentlichen Kündigungsrecht des Darlehensnehmers. Ebenso entschieden das LG Ellwangen, Urteil vom 25.01.2018, 4 O 232/17, das LG München, Urteil vom 09.02.2018, 29 O 14138/17, sowie jüngst auch LG Limburg, Urteil vom 13.07.2018, 2 O 317/17.

Das LG Berlin vertrat in seiner Entscheidung vom 05.12.2017, 4 O 150/16, die gleiche Rechtsauffassung und bemängelte zudem, dass auch die Angaben darüber, wie die Vorfälligkeitsentschädigung zu berechnen ist, nicht ausreichend sind. Insbesondere stellte das LG Berlin zutreffend fest, dass die in den Vertragsunterlagen typischerweise vorhandene bloße Bezugnahme auf „vom Bundesgerichtshof vorgeschriebene finanzmathematische Rahmenbedingungen“ und die Berücksichtigung bestimmter, nicht abschließend genannter Kriterien bei der Berechnung nicht genügt.

LG Ravensburg bestätigt wirksamen Widerruf

Die Entscheidung des LG Ravensburg vom 07.08.2018, 2 O 259/17, reiht sich in die vorgenannten, gegen die Volkswagen Bank GmbH und deren Zweigniederlassungen (Seat Bank, Skoda Bank und Audi Bank) ergangenen Entscheidungen ein. Der Widerruf ist auch nach der Auffassung des LG Ravensburg wirksam erklärt worden, nachdem die Widerrufsinformation der VW-Bank fehlerhaft war. Das Landgericht stellte hierbei auch darauf ab, dass dem dortigen Kläger widersprüchliche Informationen zu den Rechtsfolgen des Widerrufs erteilt worden waren. Denn im Gegensatz zu den Angaben in der Widerrufsinformation wurde in den Darlehensbedingungen nicht darauf hingewiesen, dass der Darlehensnehmer keinen Wertersatz für einen Wertverlust leisten muss, wenn dieser auf einen Umgang mit dem Fahrzeug zurückzuführen ist, der zur Prüfung der Beschaffenheit, der Eigenschaften und der Funktionsweise notwendig gewesen ist.

Es ist nichts Außergewöhnliches, dass auch das LG Ravensburg der Volkswagen Bank GmbH Fehler in der Widerrufsinformation bescheinigt.

LG Ravensburg, Urteil vom 07.08.2018, Az.: 2 O 259/17: Autokäufer schuldet keine Nutzungsentschädigung für die gefahrenen Kilometer

Wirklich bemerkenswert ist jedoch die Rechtsauffassung des Gerichts zu den Rechtsfolgen des Widerrufs. Anerkannt ist, dass der Darlehensnehmer das Auto zurückgeben kann, den Kredit nicht mehr zurückzahlen muss und die Zins- und Tilgungsleistungen sowie eine Anzahlung zurückbekommt.

Die ganz herrschende Rechtsprechung sprach der Bank bei der Rückabwicklung des finanzierten Kaufs als Abzugsposten eine Entschädigung für die gefahrenen Kilometer zu. 

Wir hatten demgegenüber stets, beispielsweise bereits in unserer Pressemitteilung vom 15.02.2018, die Rechtsauffassung vertreten, dass jedenfalls bei Verträgen ab dem 13.06.2014 für einen derartigen Anspruch der Bank schlicht keine Rechtsgrundlage besteht.

Dies wurde nunmehr durch die aktuelle Entscheidung des LG Ravensburg, Urteil vom 07.08.2018, 2 O 259/17, bestätigt. Das Gericht stellte explizit fest, dass der Kreditnehmer der VW-Bank keinerlei Nutzungsentschädigung schuldet. Denn ein Anspruch auf Wertersatz würde nach der eindeutigen gesetzlichen Regelung voraussetzen, dass der Verbraucher ordnungsgemäß über die Rechtsfolgen des Widerrufs belehrt worden wäre. Eben dies war nicht der Fall.

Im wirtschaftlichen Ergebnis ist der dortige Kläger sein Auto damit über Jahre hinweg „kostenlos“ gefahren. Dies klingt für Verbraucher zu schön, um wahr zu sein. Auf der anderen Seite ist das Urteil für die Autobanken sicherlich hart. Aus unserer Sicht ist die Entscheidung des LG Ravensburg nichts anderes als ein zwingendes Resultat einer „bloßen“ respektive konsequenten Anwendung des Gesetzes und daher auch aus rechtsstaatlicher Sicht sehr zu begrüßen. 

Autokäufer finanzierter Fahrzeuge, die sich von ihrem Kfz trennen wollen, sollten ihre Finanzierungen daher unbedingt durch einen auf dem Gebiet des Bankrechts fachkundigen Rechtsanwalt sorgfältig prüfen und sich beraten lassen.

Wir bieten Ihnen die Möglichkeit einer kostenlosen und für Sie unverbindlichen Ersteinschätzung an. 


Rechtstipp aus den Rechtsgebieten

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