Bausparkassen kündigen ihren Kunden: Altverträge sollen aufgelöst werden

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Bausparkassen gehen massenhaft gegen ihre eigenen Kunden vor. Derzeit werden etlichen Kunden sogenannte Altverträge gekündigt.

Diese Bausparverträge weisen zumeist eine sehr hohe Verzinsung von 3-5 % pro Jahr auf. Eine solche Verzinsung ist bei neu abgeschlossenen Bausparverträgen nicht mehr erzielbar.

Zum Mittel der Kündigung greifen die Branchenriesen wie die BHW, die LBS Baden-Württemberg, die LBS Bayern, die LBS West, die LBS Nord und andere. Dabei wird den Kunden entweder der Bausparvertrag gekündigt oder es wird mit Kündigung gedroht.

Wie die Kündigung begründet wird

Bei der Kündigung berufen sich die Bausparkassen auf das Darlehensrecht. Die Kündigung wird mit Verweis auf § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB begründet. Dazu muss man den Vertrag allerdings als Darlehen einstufen: Die Bausparkassen stellen sich also auf den Standpunkt, der Bausparkunde hätte der Bausparkasse einen Kredit eingeräumt.

Dies ist jedoch eine sehr eigenwillige Interpretation und beachtet die Besonderheiten des Bausparvertrages nicht: Grundsätzlich ist es so, dass der Bausparer seiner Bausparkasse kein Darlehen verschaffen will, sondern selbst ein Darlehen benötigt.

Ein Bausparvertrag gliedert sich grundsätzlich in drei Phasen:

  • Sparphase
  • Zuteilung
  • Darlehensphase

Um das Darlehen letztlich abrufen zu können, sammelt der Bausparer in der Sparphase ein entsprechendes Guthaben an. Mit Zuteilung erwirbt er dann das Recht, ein Darlehen aufzunehmen, um so über die volle Bausparsumme zu verfügen.

Die Bausparkassen machen es sich hier also sehr einfach, indem sie die verschiedenen Phasen eines Bausparvertrages künstlich trennen. Auf die erste Phase, d.h. die Sparphase, wenden sie dann das allgemeine Darlehensrecht aus dem BGB an.

Ist die Kündigung rechtens?

Ob eine Kündigung rechtens ist, hängt natürlich maßgeblich von den Bedingungen des Bausparvertrages ab.

Es lassen sich drei Fallgruppen unterscheiden:

1. Fallgruppe: Bausparsumme noch nicht erreicht, noch keine Zuteilung erfolgt

Eine Kündigung ist unwirksam, wenn die vereinbarte Bausparsumme noch nicht erreicht und noch keine Zuteilung erfolgt ist. In diesem Fall befindet sich der Bausparer noch in der so genannten Sparphase.

2. Fallgruppe: Bausparsumme bereits erreicht

Auf der anderen Seite dürfte eine Kündigung dann wirksam sein, wenn die vereinbarte Bausparsumme schon zu 100 % angespart wurde, was jedoch eher seltener der Fall sein dürfte: In diesem Fall besteht keine Differenz zwischen der Bausparsumme und dem angesparten Guthaben, so dass der Bausparer auch kein Darlehen von seiner Bausparkasse verlangen kann.

Ist die Bausparsumme bereits erreicht, so kann der Bausparer im Einzelfall auch die vereinbarte Bausparsumme erhöhen. Dadurch verlängert sich die Sparphase und der Bausparer verhindert eine vorzeitige Kündigung durch die Bausparkasse. Hierzu gibt es bereits Entscheidungen des Ombudsmanns der öffentlichen Banken.

3. Fallgruppe: Zuteilungsreifer Vertrag

Umstritten ist vor allem die dritte Fallgruppe:

Die Bausparsumme ist noch nicht vollständig angespart, der Bausparvertrag ist jedoch schon zuteilungsreif: Dies ist meist bei einem Guthaben von 40-50 % der Bausparsumme der Fall.

Die Frage, ob in dieser Konstellation eine Kündigung nach Darlehensrecht erfolgen kann, ist umstritten. Eine höchstrichterliche Entscheidung steht hierzu noch aus.

Der BGH hatte in seinem Urteil v. 07.12.2010, Az.: XI ZR 3/10, über eine Allgemeine Geschäftsbedingung eines Bausparvertrages zu befinden. Dort hat er sich auch mit der rechtlichen Einordnung eines Bausparvertrages beschäftigt. Der Bausparer erwirbt nach Ansicht des BGH zumindest eine Anwartschaft auf Gewährung eines Darlehens:

„Unabhängig davon, ob man hinsichtlich der rechtlichen Konstruktion davon ausgeht, dass der Darlehensvertrag bereits mit dem Bausparvertrag aufschiebend bedingt geschlossen wird (m.w.N.), oder ob man annimmt, dass der Bausparvertrag i.S. eines Vorvertrages nur einen Anspruch auf Abschluss eines späteren Darlehensvertrages begründet, hat die Beklagte ihren Kunden jedenfalls bereits bei Abschluss des Bausparvertrages eine entsprechende Anwartschaft verschafft.“

Danach sind Sparphase und spätere Darlehensphase miteinander verknüpft. Die Sparphase ist notwendige Vorstufe für die Darlehensphase. Dies entspricht auch der Sichtweise der meisten Bausparer.

Möglichkeiten der Bausparer

Die Bausparer haben daher verschiedene Möglichkeiten, eine Kündigung durch die Bausparkasse zu verhindern und weiterhin von einer hohen Verzinsung zu profitieren.

An erster Stelle steht hierbei zunächst die genaue Prüfung des Bausparvertrages und der dortigen Vertragsbestimmungen. In einem zweiten Schritt kann dann überlegt werden, ob mit der Bausparkasse eine außergerichtliche Einigung gefunden werden kann.

Schließlich stehen natürlich eine gerichtliche Klärung sowie ein Schlichtungsverfahren zur Verfügung. Aufgrund der dann entstehenden Kosten sollte dies jedoch der letzte Schritt sein.

Ich empfehle Ihnen die Prüfung Ihres Bausparvertrages im Rahmen einer Erstberatung (60 € inklusive Umsatzsteuer). Welche weiteren Schritte angemessen sind, entscheiden wir dann gemeinsam.

Robert Nebel, M. A.

Rechtsanwalt

Licenciado en Derecho



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