Berliner Testament - Für wen ist es das richtige Testament?

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Das Berliner Testament ist eine besondere Form des Ehegattentestaments. Es enthält grundsätzlich zwei Verfügungen: 1. Beim Tod des ersten Ehepartners soll der andere alleiniger Erbe werden. 2. Beim Tod des zweiten Ehepartners werden in der Regel die gemeinsamen Kinder zu Schlusserben benannt. 


Aufgrund dieser recht einfachen Grundstruktur ist das Berliner Testament bei vielen Laien sehr beliebt. Doch Achtung: Diese Grundstruktur passt nicht in jeder Familien- bzw. Vermögenssituation!

Klassische Idealfamilie

Das Berliner Testament wurde für die klassische "Idealfamilie" entwickelt: Das Paar ist in erster Ehe verheiratet, es gibt ausschließlich gemeinsame Abkömmlinge. Doch auch in der "Idealfamilie" sollte das Berliner Testament individuell auf die Wünsche der Testierenden angepasst werden:

- Was soll passieren, wenn die Kinder nach dem Tod des ersten den Pflichtteil geltend machen? (Ohne explizite Regelung wirkt sich dies im Schlusserbfall nicht aus.)

- Soll der Überlebende noch Änderungen des Testaments vornehmen können? (In der Regel darf er dies - außer bei Vorbehalt einer Änderungsbefugnis - nicht mehr.)

- Was wird aus dem Testament wenn der Überlebende noch einmal heiratet oder weitere Kinder bekommt bzw. adoptiert? (Das Gesetz sieht vor, dass das Testament in einem solchen Fall angefochten werden kann - auch zum Nachteil der gemeinsamen Kinder.)

Risiko bei wohlhabenden Familien

Wenn das Ehepaar vermögend ist, kann das Berliner Testament aus steuerrechtlichen Gründen unpassend sein. Denn die Freibeträge der Kinder nach dem ersten Elternteil verfallen ungenutzt - die Kinder sind schließlich im ersten Erbfall enterbt. 

Hier bietet es sich aus steuerlichen Gründen an, von der Grundstruktur des Berliner Testaments abzuweichen z.B. mit Vermächtnissen zugunsten der Kinder schon beim Tod des Erstversterbenden.  

Patchworkfamilien

In Patchworkfamilien bzw. wenn einseitige Kinder vorhanden sind, ist das Berliner Testament regelmäßig nicht nur ungeeignet, sondern sogar schädlich. Aufgrund der ggf. unterschiedlichen Pflichtteilsansprüche der Kinder kann eine Gleichbehandlung bei diesem Testament nicht gewährleistet werden. 

Sollen einseitige Kinder so wenig wie möglich erhalten, so kann das Berliner Testament die Pflichtteilsansprüche dieser Kinder sogar erhöhen, wenn der Stiefelternteil zuerst verstirbt. Denn dann würde dessen Vermögen dem Ehepartner allein zufallen - und damit die Berechnungsbasis für den Pflichtteil erhöhen. 

In solchen Konstellationen ist dringend ein individuelles Testament erforderlich um die die Ziele zu erreichen - sei es die Gleichbehandlung aller Kinder oder der Ausschluss einzelner Kinder. 

Behinderte und bedürftige Kinder

Haben Eltern Kinder, die bedarfsabhängige Leistungen des Staates beziehen (Sozialleistungen, Hartz IV etc.) oder insolvent sind, so reicht ein einfaches Berliner Testament ebenso nicht. Hier könnte der Staat bzw. Insolvenzverwalter nicht nur auf das Erbe der Kinder im Schlusserbfall zugreifen, sondern regelmäßig auch auf deren Pflichtteilsanspruch nach dem Tod des Erstversterbenden. Dies kann man nur mit einem besonderen Testament (sog. Testament zugunsten von bedürftigen Kindern) erreichen.

Hierbei handelt es sich mit um die kompliziertesten Testamente überhaupt - ein solches sollte nur mit Unterstützung eines Profis errichtet werden. 

Immobilieneigentümer

Ist eine Immobilie vorhanden, so kann es sinnvoll sein, das Berliner Testament auch in der "Idealfamilie" um weitere Regelungen zu ergänzen. Den andernfalls entsteht zwischen den Kindern eine Erbengemeinschaft, mit der Konsequenz, dass jedes der Kinder einen Antrag auf Teilungsversteigerung stellen kann.

- Darf eines der Kinder die Immobilie (z.B. zu einem vergünstigten Preis) übernehmen? Wie ist die Immobilie zu bewerten?

- Soll der Antrag auf Teilungsversteigerung bzw. ein Verkauf ausgeschlossen werden?

Unabhängig davon ist gerade bei Immobilieneigentümern das Pflichtteilsrisiko im ersten Erbfall besonders groß bzw. gefährlich: Der Pflichtteil wird durch die Immobilie in die Höhe getrieben, ausreichend liquide Mittel sind häufig nicht vorhanden. Hier ist es besonders wichtig, das Testament so zu gestalten, dass die Pflichtteilsgeltendmachung für die Kinder möglichst unattraktiv wird. Besser noch ist der Abschluss eines notariellen Pflichtteilsverzichtes für den ersten Erbfall. 


Gerne berate ich Sie zu allen Ihren Fragen im Zusammenhang mit der Testamentserrichtung in einem individuellen Beratungsgespräch. 

Selbstverständlich können Sie sich auch bei unseren regelmäßigen Informationsveranstaltungen anmelden, um zu diesem Thema mehr zu erfahren.


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