Berufsunfähigkeit – Abweichung des Versicherungsscheins vom Versicherungsantrag

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Der für Versicherungssachen zuständige Senat des BGH hatte in einer aktuellen Entscheidung darüber zu befinden, ob die im Versicherungsantrag enthaltene abstrakte Verweisungsmöglichkeit Anwendung findet, wenn diese im Versicherungsschein nicht wiederholt wird (Urteil v. 22. Juni 2016 – IV ZR 431/14).

In dem zu entscheidenden Fall hatte die Versicherungsnehmerin (VN) eine Berufsunfähigkeitszusatzversicherung während ihrer Ausbildung abgeschlossen. Der Versicherungsantrag enthielt eine Klausel, die dem Versicherer eine abstrakte Verweisung auf andere Tätigkeiten als Auszubildende ermöglichte. In dem nachträglich ausgestellten Versicherungsschein wurde diese Klausel jedoch nicht wiederholt und lediglich auf die Allgemeinen Versicherungsbedingungen verwiesen, wonach der Versicherer den VN im Leistungsfall nur auf konkret ausgeübte Tätigkeiten verweisen durfte. Nach einem Bandscheibenvorfall gab die VN ihre Ausbildung zur Einzelhandelskauffrau auf und begann in der Folgezeit eine Ausbildung zur Fachangestellten für Arbeitsmarktdienstleistungen. Die VN machte gegenüber ihrem Versicherer sodann Berufsunfähigkeitsleistungen geltend. Der Versicherer lehnte diese jedoch unter Hinweis auf die aufgenommene andere Ausbildung und die in dem Versicherungsantrag enthaltene Klausel ab.

Versicherungsvertrag kommt mit dem Inhalt des Versicherungsscheins zustande

Wenn der Versicherungsschein wie vorliegend zugunsten des Versicherungsnehmers von dem Antrag abweicht, gilt die Abweichung nach § 5 Abs. 1 VVG als genehmigt, wenn der Versicherungsnehmer dieser nicht innerhalb eines Monats nach Zugang des Versicherungsscheins in Textform widerspricht. Der Senat stellte klar, dass die Abweichung auch ohne Vorliegen der Voraussetzungen des Absatz 2 der Vorschrift als genehmigt gilt. Eine Einschränkung zum Nachteil des Versicherungsnehmers scheidet nach dem klaren Wortlaut des § 5 Abs. 1 VVG aus. Bei § 5 Abs. 2 VVG handelt es sich um eine Schutzvorschrift für den Versicherungsnehmer. Ein besonderer Hinweis ist nach der Rechtsprechung des Senats bei für den Versicherungsnehmer günstigen Abweichungen gerade nicht erforderlich.

Fazit

Die Leistungsablehnung des Versicherers aufgrund einer abstrakten Verweisungsmöglichkeit war daher in Ermangelung einer korrekten Dokumentation des Antragsinhalts im sodann auszustellenden Versicherungsschein nicht möglich.

Die Ablehnung des Versicherers sollte deswegen grundsätzlich noch einmal rechtlich überprüft werden. Wir beraten und unterstützen Sie gerne bei allen rechtlichen Problemen im Bereich Versicherungsrecht.


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