Beschränkung der Erbenhaftung

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 Das Nachlassinsolvenzverfahren



Hinterlässt der Erblasser nichts weiter als einen Schuldenberg, ist die Ausschlagung der Erbschaft die schnellste und sicherste Möglichkeit für potentielle Erben, eine Haftung mit dem eigenen Vermögen auszuschließen (siehe auch Rechtstipp Schulden als Erbschaft - Was tun?). Allerdings ist in vielen Fällen die sechswöchige Frist für die Ausschlagung bereits abgelaufen, bevor der Erbe die Vermögenssituation des Erblassers ermitteln konnte. Dann gilt die Erbschaft als angenommen. Die Annahme der Erbschaft kann zwar später wieder angefochten werden, die Hürden dafür sind aber hoch. Ob die Anfechtung erfolgreich war, klärt sich auch meist erst im Rahmen von späteren gerichtlichen Auseinandersetzungen.


Da das Vermögen des Erblassers, einschließlich aller Schulden, ohne weiteres Zutun auf den Erben übergeht und so mit seinem Vermögen verschmilzt, haftet der Erbe daher zunächst unbeschränkt für die Nachlassverbindlichkeiten, also auch mit seinem Eigenvermögen. Eine Möglichkeit, die Haftung auf den Nachlass zu beschränken, ist ein Antrag auf Eröffnung des Nachlassinsolvenzverfahrens gemäß § 317 InsO.



1. Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens


Den Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über den Nachlass muss der Erbe beim Insolvenzgericht stellen, das für den letzten Wohnsitz des Erblassers zuständig ist. Der Erbe ist gemäß § 1980 Abs. 1 BGB verpflichtet, den Antrag unverzüglich zu stellen, nachdem er davon erfahren hat, dass der Nachlass nicht ausreicht, die Gläubiger zu befriedigen, anderenfalls macht er sich schadensersatzpflichtig. Dem Antrag sollten Angaben zu den persönlichen Verhältnissen des Erblassers und ein Nachlassverzeichnis beigefügt werden. Spätestens nach Eingang des Antrags wird das Nachlassgericht den Erben dazu auffordern, entsprechende Angaben zu machen.



2. Prüfung durch das Insolvenzgericht


Das Insolvenzgericht prüft dann, ob der Nachlass ausreicht, die Verfahrenskosten zu decken und ob ein Eröffnungsgrund für die Nachlassinsolvenz vorliegt. Dazu wird es regelmäßig einen Sachverständigen mit der Erstellung eines Gutachtens beauftragen. Der Erbe ist gleichzeitig verpflichtet, dem Sachverständigen alle Auskünfte zu erteilen, Zutritt zu den Vermögenswerten sowie die Einsichtnahme in alle Unterlagen zu gestatten.


Ist ausreichend Vermögen zur Abdeckung der Verfahrenskosten vorhanden, wird das Nachlassinsolvenzverfahren eröffnet und ein Nachlassinsolvenzverwalter bestimmt.



3. Durchführung des Nachlassinsolvenzverfahrens


Alle Gläubiger des Erblassers können nun ihre Forderungen anmelden. Aufwendungen des Erben, insbesondere die Beerdigungskosten sind sogenannte Masseverbindlichkeiten, die vorrangig berücksichtigt werden. 


Der Insolvenzverwalter wird dann das vorhandene Nachlassvermögen verwerten und entsprechend auf die Gläubiger nach Abzug der Kosten verteilen.


Danach können die Gläubiger nicht mehr auf das Eigenvermögen des Erben zugreifen. Der Erbe kann die sogenannte „Erschöpfungseinrede“ erheben und eine weitere Befriedigung der Gläubiger verweigern.



4. Dürftigkeitseinrede


Reicht der Nachlass hingegen nicht zur Abdeckung der Verfahrenskosten und ist der Erbe auch nicht bereit, diese Kosten zu tragen, wird das Insolvenzgericht den Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über den Nachlass mangels Masse durch Beschluss abweisen. Das Nachlassinsolvenzverfahren wird dann nicht durchgeführt.


Aber auch der Beschluss des Insolvenzgerichts darüber, dass das Insolvenzverfahren mangels Masse nicht eröffnet wird, hilft dem Erben weiter. Denn damit kann er nun den Nachweis erbringen, dass der Nachlass so gering ist, dass noch nicht einmal die Kosten eines Insolvenzverfahrens gedeckt sind und die sogenannte Dürftigkeitseinrede gemäß § 1990 BGB erheben. Diese Einrede gibt ihm ebenfalls die Möglichkeit, die Befriedigung der Nachlassgläubiger zu verweigern soweit der Nachlass nicht ausreicht. Darauf kann sich der Erbe stützen, wenn er von einem Gläubiger auf Zahlung verklagt wird und im Rahmen von Abwehrmaßnahmen gegen eine Zwangsvollstreckung.


Die Einrede kann der Erbe aber auch gegenüber dem Finanzamt geltend machen, wenn dieses wegen der Steuerschulden des Erblassers aus der Zeit vor seinem Tode Forderungen gegen den Erben geltend macht.  


Nur soweit der Erbe über den Nachlass bereits verfügt hat oder ihn schlecht verwaltet hat, können sich Schadensersatzforderungen der Gläubiger ergeben.



Fazit


Wer erfährt, dass er Erbe geworden ist, sollte schnellstmöglich ermitteln, wie es um den Nachlass bestellt ist, insbesondere ob das vorhandene Vermögen ausreicht, alle Nachlassverbindlichkeiten zu erfüllen. Bei einer Überschuldung des Nachlasses ist die Ausschlagung oftmals der sicherste Weg, nicht haften zu müssen.


Trotz Annahme der Erbschaft ist der Antrag auf Eröffnung der Nachlassinsolvenz für den Erben eine Möglichkeit, einen Zugriff der Gläubiger auf sein Eigenvermögen abzuwehren. Auch wenn das Insolvenzverfahren nicht eröffnet wird, weil der Nachlass noch nicht einmal ausreicht, die Verfahrenskosten abzudecken, beweist der Beschluss über die Ablehnung der Eröffnung des Insolvenzverfahren mangels Masse die Dürftigkeit des Nachlasses. Damit kann der Erbe die Haftung auf den Nachlass beschränken. 


Rechtsanwältin Jana Narloch berät Sie bei Nachlassverbindlichkeiten.



Foto(s): RAin Jana Narloch

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