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Besserer Schutz bei Kontopfändungen: Das neue P-Konto!

  • 6 Minuten Lesezeit
Monique Michel anwalt.de-Redaktion

In wirtschaftlich schwierigen Zeiten geht es nicht nur den Unternehmen schlechter, sondern auch viele Arbeitnehmer müssen aufgrund von Kurzarbeit oder gar Arbeitslosigkeit mit weniger Geld auskommen. Wer laufende Zahlungspflichten hat, z.B. Wohnungsmiete, Unterhalt für den geschiedenen Ehepartner, Raten für den Pkw, die neue Waschmaschine oder den Fernseher, der kann schnell in finanzielle Not geraten. Nicht umsonst haben TV-Sendungen zur Schuldnerberatung Hochkonjunktur. Mit der aktuellen Reform des Kontopfändungsschutzes setzt der Gesetzgeber hier ein deutliches Signal zugunsten der Schuldner. Die Redaktion von anwalt.de erklärt, was sich ändert und welche Vorteile das neue „P-Konto“ hat.

[image] Bisherige Rechtslage

Der Gläubiger eines Schuldners hat grundsätzlich die Wahl, welche Vermögenswerte eines Schuldners er pfänden will, um seine Ansprüche durchzusetzen. Neben der Pfändung von Gegenständen (z.B. in der Wohnung des Schuldners) kommen auch die Pfändung des Arbeitseinkommens oder die Pfändung von Bankguthaben in Betracht.

Kann ein Schuldner seinen Zahlungspflichten nicht mehr nachkommen, ist für den Schuldner v.a. die Pfändung des Girokontos seines Schuldners vorteilhaft, denn jeder Zahlungseingang, der dort verzeichnet wird, dient dann dank des Pfandrechts zur Befriedigung seines Anspruchs.

Für den Schuldner jedoch birgt die Pfändung seines Girokontos enorme Nachteile: Er kann keinerlei Zahlungsvorgänge mehr darüber abwickeln, d.h. auch die Begleichung von Miete, Strom, Heizung, Versicherungsraten u.a. alltäglichen Geschäften ist ausgeschlossen. Das kann zur besonderen Notlage des Schuldners führen, denn um den pfändungsfreien Selbstbehalt für das Konto zu erlangen, muss er häufig erst eine gerichtliche Entscheidung erstreiten. Bis dahin sind jedoch weitere Kosten für verspätete oder untergebliebene Zahlungen entstanden.

Kompliziert wird der bisherige Pfändungsschutz für einen Schuldner bislang auch durch die jeweils unterschiedlichen Pfändungsvorschriften, die für Arbeitseinkommen, Sozialleistungen oder andere Leistungen Dritter gelten.


Reformziel: Das Existenzminimum besser sichern

Hauptzweck der Reform ist es, das Existenzminimum eines Schuldners besser und v.a. frühzeitig zu sichern, damit er nicht durch eine Kontopfändung tiefer in finanzielle Not gerät. Neu ist, dass dieser Pfändungsschutz für Konten künftig auch für Selbstständige gilt. Die Gesetzesänderungen vereinheitlichen gleichzeitig die Pfändungsvorschriften für die verschiedenen Guthaben und Einkommen eines Schuldners und entlasten dadurch auch die Banken sowie Gerichte und Gerichtsvollzieher als Vollstreckungsorgane.

Der wesentliche Kern der Gesetzesreform ist dabei die Einführung des sogenannten „P-Kontos“.

Die Vorteile des sogenannten „P-Kontos“

Das P-Konto ist zunächst ein normales Giro-Konto, das bei einer Bank geführt wird. Künftig kann jeder Bankkunde von seinem Geldinstitut verlangen, dass sein Girokonto als P-Konto geführt wird. Für das P-Konto wird dann automatisch der Pfändungsfreibetrag nach § 850 c ZPO von aktuell 985,15 EUR eingetragen.

Vorteil 1: Der Pfändungsschutz gilt automatisch, der Schuldner muss ihn nicht erst über das Gericht erwirken.

Im Rahmen dieses pfändungsfreien Guthabens können dann selbst bei Pfändung des Kontos Geldgeschäfte (Überweisungen, Abhebungen, Lastschriften, Daueraufträge u.A.) abgewickelt werden.

Vorteil 2: Der Schuldner kann alltägliche Zahlungsverpflichtungen noch wie gehabt über ein Girokonto abwickeln und muss nicht auf Barzahlungsverkehr ausweichen.

Künftig kommt es auch nicht mehr auf den Zeitpunkt des Geldeingangs an, denn wenn der pfändungsfreie Betrag des P-Kontos in einem Monat nicht ausgeschöpft wird, kann der verbleibende Betrag in den nächsten Monat übertragen werden.

Vorteil 3: Auf diese Weise kann der Schuldner sogar Guthaben ansparen für Zahlungspflichten, die in größeren Zeitabständen fällig werden (z.B. Versicherungsbeiträge, Steuernachzahlungen).

Durch die Angleichung der jeweiligen Pfändungsvorschriften, z.B. für Sozialleistungen, Arbeitseinkommen und andere Einkünfte, muss der Schuldner nicht mehr gegenüber der Bank und dem Gericht die Art seiner Einkünfte nachweisen.

Vorteil 4: Weniger Bürokratie für alle Beteiligten.

Weil es für den Pfändungsschutz nicht mehr auf die Art der Einkünfte ankommt, gilt er nun erstmals auch für das Einkommen von Selbstständigen – ein Vorteil, der ihnen insbesondere in wirtschaftlich schwierigen Phasen das berufliche und finanzielle Überleben sichert. Auch freiwillige Leistungen Dritter sind jetzt vom Pfändungsschutz erfasst. Wollen also etwa Familienangehörige einen Schuldner unterstützen, ist dies im Rahmen des Pfändungsfreibetrags durch Überweisung auf das P-Konto möglich. Bislang war das oft nicht sinnvoll, weil ihre Leistungen direkt an den pfändenden Gläubiger abgeflossen sind.

Vorteil 5: Auch Einkünfte aus selbstständiger Tätigkeit sowie freiwillige Leistungen Dritter sind geschützt.


Beispiele für Kontenpfändung

Beispiel 1: Ein Arbeitnehmer hat ein monatliches Nettoeinkommen von 1.300 EUR, das jeweils am 1. eines Monats seinem Girokonto gutgeschrieben wird. Am 15. des Monats wird sein Konto durch einen Gläubiger wegen Zahlungsansprüchen gepfändet.

Bisherige Rechtslage: Der Schuldner muss bei Gericht einen Antrag zur Freigabe seines pfändungsgeschützten Arbeitseinkommens erreichen. Weil die Pfändung erst am 15. des Monats erfolgte, kann die Freigabe auch nur ab diesem Zeitpunkt, d.h. nur anteilig erteilt werden. Die Freigabe durch das Gericht muss der Schuldner seiner Bank mitteilen.


Nettoeinkommen

1.300,00 EUR

Pfändungsfreies Arbeitseinkommen § 850 c ZPO

1.079,60 EUR

Monatlich pfändbarer Betrag       

   220,40 EUR

Anteiliger Pfändungsfreibetrag:

1.079,60 EUR x 15 : 30 = 1.079,60 EUR : 2 =  
 

539,80 EUR


Bei bisheriger Rechtslage wird das Gericht nur den anteiligen Betrag von 539,80 EUR freigeben.


Künftige Rechtslage: Die Bank des Schuldners berücksichtigt automatisch den monatlichen Pfändungsfreibetrag von 985,15 EUR für das P-Konto. Der Schuldner muss das Gericht nicht anrufen und der Freibetrag wird nicht anteilig gekürzt.

Hinweis: Er kann jedoch weiterhin bei Gericht zusätzlichen Pfändungsschutz beantragen, z.B. weil er durch Krankheit einen Mehrbedarf hat.


Beispiel 2: Wie in Fall 1, der Schuldner ist jedoch verheiratet und hat ein minderjähriges Kind.

Bisheriger Rechtslage: Das Gericht wird auf Antrag folgenden pfändungsfreien Betrag freigeben:


Nettoeinkommen

1.300,00 EUR

Pfändungsfreies Arbeitseinkommen § 850 c ZPO

1.569,99 EUR

Monatlich pfändbarer Betrag

 0 EUR

Anteiliger Pfändungsbetrag:

1.569,99 EUR x 15 : 30 = 1.569,99 EUR : 2 = 


784,96 EUR


Pfändungsfrei ist somit der Betrag von 784,96 EUR, der vom Gericht freigegeben wird.


Künftige Rechtslage: Das Geldinstitut muss unabhängig vom Zeitpunkt der Pfändung den Grundfreibetrag von 985,15 EUR berücksichtigen. Wenn ihm der Schuldner nachweisen kann, dass er die Unterhaltspflichten gegenüber seiner Ehefrau und seinem Kind nicht erfüllen kann, muss die Bank sogar einen pfändungsfreien Betrag von 1.200 EUR berücksichtigen. Als Nachweis können Bescheinigungen der Familienkasse, des Arbeitgebers, der Schuldnerberatungsstelle oder eines Sozialleistungsträgers gelten.

Um von dem noch höheren Freibetrag über 1.569,99 EUR nach § 850 c ZPO zu profitieren, muss der Schuldner allerdings den Antrag zur Freigabe an das Gericht stellen.


Beispiel 3: Das Giro-Konto eines Selbstständigen wird gepfändet. Das Konto hat ein Guthaben von 1.000 EUR bei Pfändung und laufende Zahlungen für erbrachte Dienstleistungen des Selbständigen gehen darauf ein.

Bisherige Rechtslage: Für den Selbstständigen besteht keinerlei Pfändungsschutz, weil sein Einkommen aus selbständiger Arbeit nicht als Arbeitseinkommen i.S.d. §§ 850 ff ZPO gilt und nicht als Sozialleistung pfändungsgeschützt ist. Er erhält keinerlei Freigabe.

Künftige Rechtslage: Er erhält den gleichen Pfändungsschutz wie ein abhängig beschäftigter Arbeitnehmer. Er kann gleichermaßen ein P-Konto führen und erhält dafür die gleichen Pfändungsfreibeträge wie der Arbeitnehmer aus den Beispielen 1 und 2.


Wie bekommt man ein P-Konto?

Die Einrichtung eines P-Kontos ist nur möglich, wenn man bereits ein bestehendes Giro-Konto hat. Dieses Giro-Konto wird dann in ein P-Konto umgewandelt. Dazu bedarf es eines Antrags bei der kontoführenden Bank.

Achtung: Es darf pro Person nur ein einziges P-Konto geführt werden. Daher werden die Geldinstitute auch ermächtigt, die SCHUFA über die Einrichtung eines P-Kontos zu informieren. Bei jedem Antrag auf ein P-Konto können sie dann durch Abruf der Schufa-Informationen prüfen, ob bereits ein P-Konto für die jeweilige Person eingerichtet ist.

Nähere Informationen rund um die Schufa, die Daten die sie speichert und welche Rechte man ihr gegenüber hat lesen Sie in folgendem Beitrag: Die Schufa und ihre Geheimnisse - anwalt.de klärt auf


Inkrafttreten der Reform und weitere Reformziele

Wenngleich sich in der gegenwärtigen Finanzsituation sicher viele bereits den Schutz des P-Kontos wünschen, wird man sich noch etwas gedulden müssen. Nach der Zustimmung des Bundesrats muss das Gesetz erst noch verkündet werden, um dann zwölf Monate später in Kraft zu treten. Die Kreditinstitute haben somit ausreichend Zeit sich auf das P-Konto vorzubereiten, das also voraussichtlich Mitte 2010 eingeführt wird.

Ob bis dahin auch ein weiteres Reformziel, nämlich die Einführung eines Giro-Kontos für jedermann, umgesetzt wird, bleibt abzuwarten.

(MIC)

Foto(s): ©iStockphoto.com

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