Bestimmung des Nacherben durch den Vorerben: Zulässig?

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Vor- und Nacherbschaft sind ein beliebtes Instrument bei der Testamentsgestaltung. 

Der Vorerbe ist dabei  zunächst ein "Erbe auf Zeit". Der Nacherbe erhält ein Anwartschaftsrecht auf die Nacherbschaft. Er wird mit Eintritt des Nacherbfalls Erbe. 

Meistens werden sowohl die Vorerben als auch die Nacherben im Testament namentlich genannt. In vielen Fällen liegt ohnehin ein sogenanntes Ehegattentestament vor, bei dem der länger lebende Ehegatte der Vorerbe und die Kinder die Nacherben sind. 

Unbekannte Nacherben

Dies muss jedoch nicht so sein, wie ein Fall aus Berlin zeigt: 

Der Beschluss des Kammergerichts vom 25.08.2022, Az. 1 W 262/22 hatte folgende Regelung im Testament zum Gegenstand:

"2. Soweit mein Enkel (...) Erbe wird, ist er nur von den gesetzlichen Beschränkungen befreiter Vorerbe. Nacherbe auf seinen Tod sind seine gewillkürten eigenen Erben, ersatzweise meine Tochter (...)."

4-Jähriger Vorerbe

Das Problem war hier, dass der Nacherbe im Testament nicht namentlich genannt wird, sondern letztlich durch den Vorerben (damals 4 Jahre alt) bestimmt wird.

In dem Rechtsstreit war die Frage zu klären, ob eine solche Regelung im Testament gegen § 2065 Abs. 2 BGB verstößt.

Dieser lautet wie folgt:

"Der Erblasser kann die Bestimmung der Person, die eine Zuwendung erhalten soll, sowie die Bestimmung des Gegenstands der Zuwendung nicht einem anderen überlassen."

Diese Einschränkung der Testierfreiheit hat viel Kritik erfahren. Mit der Vorschrift soll jedoch vermieden werden, dass mangels Erbenbestimmung die Durchsetzung von Rechten durch oder gegen den Nachlass wesentlich erschwert wird.

Kammergericht Berlin sieht keinen Verstoß

Das Gericht hat sich letztlich dazu entschieden, dass kein Verstoß vorliegt.

Dabei verkennt das Gericht nicht, dass im Zeitpunkt der Testamentserrichtung nicht absehbar war - und ist es bis heute nicht -, ob und welche Personen der damals vierjährige Vorerbe zu seinen Erben bestimmen werde.

Das Gericht ist jedoch der Meinung, dass der Vorerbe bei seiner eigenen Testamentserrichtung in erster Linie nur seine eigenen Erben im Blick hat. Deshalb bestimmt - nach Ansicht des Gerichts - der Vorerbe die Nacherben nur mittelbar und nicht unmittelbar.

Diese feine Unterscheidung führt letztlich dazu, dass die Anordnung der Vor- bzw. Nacherbschaft im vorliegenden Fall wirksam war.

Vorsicht bei der Testamentsgestaltung

Trotzdem sollte man bei der Testamentsgestaltung Vorsicht walten lassen. Von einer nachträglichen Bestimmung der Nacherben ist trotz des Urteils aus Berlin wohl eher abzuraten. Dies zeigen allein schon andere obergerichtliche Entscheidungen.

Jedenfalls riskiert man einer solchen Testamentsgestaltung Rechtsstreitigkeiten über den Nachlass. Besteht von Erblasserseite trotz dessen Interesse an einer solchen Gestaltung, ist besonderes Augenmerk darauf zu legen, dass die Nacherben lediglich mittelbar bestimmt werden.

Robert Nebel, M.A.

Rechtsanwalt

Licenciado en Derecho


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