BGH ändert seine Rechtsprechung zur Berechnung des Rückkaufwerts von Lebensversicherungen

  • 2 Minuten Lesezeit

Mit einer Pressemitteilung vom 25.7.2012 (Nr. 122/2012) hat der Bundesgerichtshof mitgeteilt, dass der für das Versicherungsvertragsrecht zuständige 4. Zivilsenat mit Urteil vom 25.07.2012, Az. IV ZR 201/10 seine Rechtsprechung bezüglich der Wirksamkeit einiger Klauseln in den Versicherungsbedingungen über Lebensversicherungen sowie aufgeschobene und fondsgebundene Rentenversicherungen geändert hat. Das Urteil selbst liegt noch nicht in gedruckter Form vor. Anhand der Ausführungen in der Pressemitteilung ist aber davon auszugehen, dass die Rechte der Verbraucher durch das Urteil erheblich gestärkt wurden, weil dem Versicherer dadurch untersagt wurde, Abzüge vom Rückkaufwert für Vertriebsprovisionen und Stornokosten vorzunehmen.

Hintergrund der Entscheidungen ist, dass der Versicherungsnehmer bei der vorzeitigen Beendigung von Lebens- und Rentenversicherungen einen Anspruch auf Auszahlung des Rückkaufswertes hat. Anspruchsgrundlage hierfür ist für die dem Urteil zugrundeliegenden Verträge der § 176 VVG alter Form. Die Versicherer nehmen jedoch auf Grundlage der Allgemeinen Lebensversicherungsbedingungen regelmäßig Abzüge für die anteiligen Vertriebsprovisionen und sonstige Stornoabzüge vor, zahlen also nur einen Teil des sich rechnerisch ergebenden Rückkaufswerts aus.

Dies war bereits in der Vergangenheit Gegenstand einer Reihe von Entscheidungen. Bedeutsam waren dabei insbesondere die Urteile vom 09.05.2001 (Az. IV ZR 121/00 und IV ZR 138/99) und vom 12.10.2005 (Az. IV ZR 162/03 und IV ZR 177/03). Danach wurde zwar die sog. Zillmerung der Abschlusskosten, d.h. die Verrechnung der Abschlusskosten mit den Versicherungsprämien der ersten Jahre, anerkannt, der BGH hat jedoch festgestellt, dass der Rückkaufwert mindestens 50% des ungezillmerten Deckungskapitals betragen müsse. Ähnlich wurde später für fondsgebundene Versicherungen entschieden. Außerdem wurden bestimmte Bedingungen, die den Versicherer berechtigen sollten, Abschläge vorzunehmen, als intransparent und damit unwirksam angesehen.

Mit der neuen Entscheidung hat der BGH nunmehr das System der Zillmerung als solches als unwirksam angesehen, weil es den Versicherungsnehmer in seinen Rechten unangemessen benachteiligt.

Die genaue Begründung in den schriftlichen Urteilsgründen wird abzuwarten sein, jedoch besteht nach den bislang vorliegenden Ausführungen zu erwarten, dass sich für viele Versicherungsnehmer, die in der Vergangenheit ihre Lebensversicherung gekündigt haben und den Rückkaufwert ausgezahlt bekamen, Ansprüche auf Nachzahlung ergeben. Jedenfalls sollten sie die entsprechenden Unterlagen durch einen sachkundigen Rechtsanwalt auf etwaige Ansprüche hin überprüfen lassen.

Heiko Effelsberg, LL.M.
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Versicherungsrecht


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

Artikel teilen:


Sie haben Fragen? Jetzt Kontakt aufnehmen!

Weitere Rechtstipps von Rechtsanwalt Heiko Effelsberg LL.M.

Beiträge zum Thema