BGH erleichtert GmbH-Geschäftsführerhaftung bei Insolvenz oder D&O-Deckung schafft Haftung

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BGH erleichtert GmbH-Geschäftsführerhaftung bei Insolvenz oder D&O-Deckung schafft Haftung

von Rechtsanwalt Felix Titel* und Rechtsanwalt Dr. Marc Laukemann*

 

Der Bundesgerichtshof hat am 18.11.2020 das lang ersehnte Machtwort zum Schutz von Geschäftsführern durch D&O Versicherungen im Insolvenzfall gesprochen. Die Sanierungspraxis atmet auf. Manager dürfen weiter darauf vertrauen, dass D&O Versicherungen in der Insolvenz Deckung gewähren. Höchstrichterlich ist damit entschieden, dass ein Ersatzanspruch gemäß § 64 GmbHG kein Anspruch eigenen Art sondern ein gesetzlicher Haftpflichtanspruch im Sinne der Versicherungsbedingungen ULLA („Allgemeine Versicherungsbedingungen für die Vermögensschaden - Haftpflichtversicherung von Unternehmensleitern und Leitenden Angestellten“) ist. Ob dieses von vielen vorschnell bejubelte Urteil Geschäftsführern von insolventen Unternehmen tatsächlich hilft, ist allerdings sehr fraglich.

 

Historie / Entscheidung OLG Düsseldorf

Das OLG Düsseldorf hatte mit Urteil vom 20.07.2018 4 U 93/16 entschieden, dass es sich bei der Haftung von Vorständen und Geschäftsführern für Auszahlungen vom Firmenkonto nach Insolvenzreife um einen Anspruch eigener Art handele, der nicht unter den Schadensersatz einer D&O Versicherung falle. Seit der Entscheidung wurde im Wesentlichen eine Entscheidung des BGH zu der Frage ersehnt, die zu der rechtlichen Einordnung Stellung nimmt.

 

Rechtslage 

Der Geschäftsführer haftet gem. § 64 GmbHG gegenüber der Gesellschaft für Zahlungen nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit oder der Überschuldung. Für Vorstände von Aktiengesellschaften enthält § 93 AktG eine sinngleiche Regelung. Diese Regelungen dienen der Masseerhaltung und- Sicherung. Der Haftung kann ein Geschäftsführer nur dadurch entgehen, dass er darlegt, dass die Zahlungen mit der Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes vereinbar sind, § 64 Satz 2 GmbHG. Dafür muss er allerdings nachweisen, dass die Zahlungsunfähigkeit / Überschuldung der Gesellschaft später als von dem Insolvenzverwalter angenommen, eingetreten ist und dass die Zahlungen bis dato ordnungsgemäßer Geschäftsführung entsprechen. In der harten Realität des insolventen Unternehmens wird der Eintritt der Zahlungsunfähigkeit durch den Insolvenzverwalter an dem Tag angenommen, an dem den ersten offenen Rechnungen nicht mehr ausreichend liquide Mittel gegenüberstanden. Der Geschäftsführer hat dann faktisch das Gegenteil zu beweisen, was ihm häuft äußerst schwerfällt.

 

Konkreter Fall

Der Entscheidung des BGH ging eine Entscheidung des OLG Frankfurt voraus, die sich in der Begründung auf die Entscheidung des OLG Düsseldorf gestützt hatte. Das OLG wies damit die Klage eines Insolvenzverwalters gegen die D & O Versicherung ab.

Der BGH hat mit Entscheidung vom 18.11.2020 umfassend Stellung bezogen zur Rechtsnatur des § 64 GmbHG. Danach ergibt sich nach Auslegung der Klausel Ziffer 1.1 ULLA dass der in § 64 GmbHG geregelte Anspruch ein bedingungsgemäßer gesetzlicher Haftungsanspruch auf Schadensersatz ist. Ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer wird die Versicherungsklausel dahingehend verstehen, dass auf Schadensersatze gerichtete Ansprüche von der vertraglichen Leistungsverpflichtung erfasst sind. Von einem durchschnittlichen Versicherungsnehmer könne keine komplexe dogmatische Einordnung des Anspruchs aus § 64 GmbHG oder des in Ziffer 1.1 formulierten Leistungsversprechens erwartet werden.

 

Schlussfolgerungen für die Praxis

Nur auf den ersten Blick wirkt die Entscheidung des BGH geschäftsführerfreundlich. Tatsächlich werden Insolvenzverwalter im Hinblick auf die Möglichkeit eine höhere Quote zu erreichen bei abgeschlossenen D & O Versicherungen noch stärker als bisher auf § 64 GmbHG gestützte Haftungsansprüche geltend machen.  Dem in Anspruch genommenen Geschäftsführer wird es im Zweifel noch schwerer fallen, Haftungsklagen unter Hinweis auf eigene wirtschaftliche Grenzen abzuwehren oder entsprechende Vergleiche abzuschließen. Versicherungen hingegen werden im Zweifel § 64 GmbHG explizit ausschließen oder die Haftungsübernahme unter Berufung auf sonstige Versicherungsregeln soweit und solange wie möglich auszuschließen. Der Stress für GmbH-Geschäftsführer wird im Falle der Inanspruchnahme daher nicht unbedingt weniger werden. Da die Haftungsregelung des § 64 GmbHG nicht abdingbar ist, ist der Geschäftsführer dringend gehalten bei den ersten Krisenanzeichen fachkundige Hilfe in Anspruch zu nehmen.

 

* Rechtsanwalt Felix Tittel ist Fachanwalt für Insolvenzrecht, zertifizierter Restrukturierungsexperte. Rechtsanwalt Dr. Marc Laukemann ist u.a. Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht. Beide sind Partner bei LFR Wirtschaftsanwälte, München

 

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