BGH: So haften Eltern nicht für unzulässiges Filesharing ihrer minderjährigen Kinder

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Heute hat der Bundesgerichtshof (BGH) ein wegweisendes Urteil gefällt, welches viele Eltern aufatmen lässt, die sich hohen Schadensersatzforderungen von Rechteinhabern ausgesetzt sehen, weil ihre Sprösslinge urheberrechtlich geschützte Musikwerke aus dem Netz heruntergeladen haben.

Die Klägerinnen in dem entschiedenen Fall sind der Ansicht, die beklagten Eltern seien wegen einer Verletzung ihrer elterlichen Aufsichtspflicht zum Ersatz des Schadens verpflichtet, der durch das unbefugte öffentliche Zugänglichmachen der Musikstücke durch ihre Kinder entstanden sei. Sie nahmen die Eltern wegen des öffentlichen Zugänglichmachens von 15 Musikaufnahmen auf Zahlung von Schadensersatz in Höhe von 200 € je Titel, insgesamt also 3.000 € nebst Zinsen sowie auf Erstattung von Abmahnkosten in Höhe von 2.380,80 € in Anspruch.

Das Landgericht Köln hatte der Klage noch stattgegeben. Auch die die Berufung der Eltern vor dem OLG Köln ist ohne Erfolg geblieben. Das Berufungsgericht hat in der Tat angenommen, die Beklagten hafteten nach § 832 Abs. 1 BGB für den durch das illegale Filesharing ihres minderjährigen Sohnes entstandenen Schaden, weil sie ihre elterliche Aufsichtspflicht verletzt hätten. Sie hätten die Einhaltung der von ihnen aufgestellten Verhaltensregeln für die Internetnutzung nicht - wie von ihnen behauptet - kontrolliert. Hätten die Beklagte auf dem Computer ihres Sohnes tatsächlich eine Firewall und ein Sicherheitsprogramm installiert, das bezüglich der Installation weiterer Programme auf „keine Zulassung" gestellt gewesen wäre, hätte ihr Sohn die Filesharingsoftware nicht installieren können. Hätte der Beklagte zu 1 den PC seines Sohnes monatlich überprüft, hätte er die von seinem Sohn installierten Programme bei einem Blick in die Softwareliste oder auf den Desktop des Computers entdecken müssen.

Dem ist der BGH heute unmissverständlich entgegengetreten. Nach Ansicht des BGH genügen Eltern ihrer Aufsichtspflicht über ein normal entwickeltes 13-jähriges Kind, das ihre grundlegenden Gebote und Verbote befolgt, regelmäßig bereits dadurch, dass sie das Kind über das Verbot einer rechtswidrigen Teilnahme an Internettauschbörsen belehren. Eine Verpflichtung der Eltern, die Nutzung des Internet durch das Kind zu überwachen, den Computer des Kindes zu überprüfen oder dem Kind den Zugang zum Internet (teilweise) zu versperren, besteht grundsätzlich nicht. Zu derartigen Maßnahmen sind Eltern - so der BGH - erst verpflichtet, wenn sie konkrete Anhaltspunkte für eine rechtsverletzende Nutzung des Internetanschlusses durch das Kind haben.

Fazit: Eltern sollten ihre Kinder belehren, dass es im Internet grundsätzlich keine Musik, Filme etc. „kostenlos" gibt, die im Geschäft Geld kosten und ihrem Kind eindringlich das Versprechen abnehmen, im Internet keine Fremden Rechte zu verletzen, d.h. keine Tauschbörsen zu benutzen, um damit urheberrechtlich geschützte Werke zu tauschen. Ist dies geschehen und ist das Kind im Allgemeinen bei ernster Ansprache folgsam, müssen Eltern ihre Kinder in Bezug auf die Internetnutzung nicht überwachen - es sei denn, die Eltern haben den Verdacht, das Kind könnte fremde Rechte im Netz verletzen.

Wenn Sie eine Abmahnung erhalten haben, unterschreiben Sie keinesfalls ohne Weiteres die geforderte Unterlassungsverpflichtungserklärung, sondern wenden Sie sich an einen Fachanwalt für Gewerblichen Rechtsschutz und lassen Sie prüfen, ob die geltend gemachten Rechte in Ihrem Fall überhaupt bestehen.

BGH, Urteil vom 15.11.2012, Az.: I ZR 74/12 - Morpheus; Vorinstanzen LG Köln, Urteil vom 30.03.2011, Az.: 28 O 716/10, CR 2011, 687; OLG Köln, Urteil vom 23.03.2012, Az.: 6 U 67/11, WRP 2012, 1007

Quelle: Pressemitteilung des BGH, Nr. 193/2012 vom 15.11.2012; eigene Recherche



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