Bundesgerichtshof entscheidet über Prämiensparverträge

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Der BGH hat am 06.10.2021, Az. XI ZR 234/20, im Rahmen der mündlichen Verhandlung entschieden, dass Prämiensparer einen Anspruch auf Nachberechnung und Gutschrift der Zinsen haben. Ein Urteil liegt noch nicht vor, aber eine ausführliche Pressemitteilung (Nr. 182/2021)

Hintergrund des BGH Urteils zu Prämiensparverträgen

Banken boten Sparern ca. zwischen 1990 und 2010 Prämiensparverträge an, mit einem variablen Zins und einem Bonus. Die Formulierung der Zinsklausel variierte von Bank zu Bank und liest sich z. B. wie folgt:

Die Spareinlage wird variabel, z.Zt. mit .. % p.a. verzinst.

In Zeiten der Niedrigzinsphase sind das für die Banken teure Verträge. Folglich versuchen sie die Verträge zu kündigen und den Sparer mit möglichst niedrigen Zinsen abzufinden.

Die Verbraucherzentrale Sachsen sah dieses Vorgehen als rechtswidrig an. Es strengte daher eine Musterfeststellungsklage vor dem OLG Dresden (Urteil vom 22.03.2020, 5 MK 1/19) an und gewann.

Daraufhin legte die unterlegene Bank bei dem BGH Revision ein. Am 6.10.2021 wurde verhandelt.

Welche Fragen wurden dem BGH zu den Prämiensparverträgen vorgelegt?

Der BGH hatte nicht einfach zu der Frage Stellung zu nehmen, ob die Klausel in den Prämiensparverträgen wirksam ist oder nicht. Dazu hatte es schon längst entschieden und Kläger und Beklagte waren sich einig, die Klausel ist nicht wirksam. Er sollte entscheiden, welche Klausel stattdessen gilt.

Fallen in einem Vertrag Klauseln weg, so sieht das Gesetz eine ergänzende Vertragsauslegung vor. Etwas schwammig heißt es hier, dass das beiderseits Gewollte zu ermitteln und den Interessen beider Seiten Rechnung zu tragen ist. Natürlich führt dies zu einer Reihe von Streitigkeiten und folgende Fragen waren zu klären:

1. Welches ist der richtige Referenzzins?

Der Referenzzins für langfristige Spareinlagen weist einen höheren Zinssatz auf als der für kurzfristige Spareinlagen. Selbstverständlich präferierte die Verbraucherzentrale den langfristigen und die Bank den kurzfristigen Referenzzins.

Im Rahmen der Musterklage scheute das OLG Dresden eine verbindliche Aussage. Es ließ anklingen, dass es auf den individuellen Einzelfall ankäme. Heißt, es wäre bei jedem einzelnen Sparer durch ein teures Sachverständigengutachten der Zins zu ermitteln. Sparer ohne Rechtsschutz scheuen diesen Weg natürlich.

2. Wie berechnet sich der Abstand zwischen Referenz- und Vertragszins?

Auf dem ersten Blick ist nicht klar, worum es hier geht. Es ist aber eine für den Verbraucher in Zeiten von Niedrigzinsen extrem wichtige Frage. Dies soll anhand eines Beispiels erläutert werden:

Beträgt der anfänglich Vertragszins 4 % und der Referenzzins 8 %, so ist der absolute Abstand 4, der relative 50 %. Beträgt der Referenzzins in 2020 4 %, so bekommt der Sparer bei einem absoluten Abstand 0 Zinsen und bei einem relativen 2 %.

Es erklärt sich von selbst, welche Partei welche Auslegung befürwortet.

3. Wann verjährt der Anspruch des Prämiensparers auf Nachberechnung des Prämiensparvertrages?

Auch hier gibt es zwei Ansatzpunkte.

Entweder die Verjährung beginnt mit Kündigung des Prämiensparvertrages. In der Folge hat der Sparer Anspruch auf Nachberechnung über die gesamte Spardauer.

Oder die Verjährung beginnt mit der jährlichen Zinsgutschrift. Bei einer dreijährigen Regelverjährung könnte der Sparer lediglich die Nachberechnung der letzten drei Jahre verlangen. Damit wäre sein Anspruch auf Nachberechnung faktisch verfallen.

Entscheidung des BGH vom 06.10.2021 zu Prämiensparvertragen

Der BGH hat zu allen drei Fragen eindeutig zu Gunsten der Verbraucher Stellung genommen.

1. Der interessengerechte Referenzzins

Der BGH verweist darauf, dass die Prämiensparverträge gerade durch die Bonusklausel auf langfristiges Sparen ausgelegt sind. Deshalb ist allein der Referenzzins für langfristiges Sparen interessengerecht. 

Über die konkrete Zinskurve muss nunmehr noch einmal das OLG Dresden entscheiden.

2. Der korrekte Abstand zwischen Referenz- und Vertragszins

Der anfängliche relativeAbstand ist beizubehalten. Nur so kann laut BGH erreicht werden, dass günstige Zinskonditionen günstig und ungünstige Zinskonditionen ungünstig bleiben.

3. Der Beginn der Verjährung

Die Verjährung beginnt mit Beendigung des Prämiensparvertrages. Die Zinsen verjähren mit dem Anspruch auf Auszahlung des angesparten Kapitals. Das gilt auch für die Nachberechnung.

Welche Rechte können Sparer von Prämiensparverträgen nunmehr geltend machen?

Ihre Bank ist zur Nachberechnung über die gesamte Laufzeit verpflichtet. Offen ist nach wie vor, welche konkrete Zinskurve zu Grunde zu legen ist. Hier wird es sicherlich immer noch Auseinandersetzungen geben. Aber klar ist, es muss eine Zinskurve für langfristige Sparverträge sein.

Mit dem Einwand der Verjährung und der relativen/absoluten Zinsanpassung müssen Sie sich aber nicht mehr auseinandersetzen.

Sollten Sie Hilfe bei der Geltendmachung Ihrer Rechte benötigen, so unterstützt Sie die Kanzlei CDR-Legal Rechtsanwalts GmbH gerne. Die Kanzlei vertritt bereits Prämiensparer und weist entsprechende Expertise auf. Gerne können wir im Rahmen eines Erstgesprächs Ihre Möglichkeiten und Rechte besprechen.


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