Bundesgerichtshof verhandelt: Kein Löschungsanspruch für Basisdaten in einem Bewertungsportal?

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Die Macht des Internets wächst stetig. Das höchste deutsche Gericht hat aktuell entschieden, dass Ärzte gegen die Meinung von Patienten auf Bewertungsportalen rechtlich kaum eine Chance haben. Frechheit, jetzt trifft es auch noch die Götter in Weiß. So prognostizieren die Rechtsanwälte Dr. Schulte und Partner die Entscheidung nach der Verhandlung vom 23.09.2014 (Az. VI ZR 358/13).

Kaum jemand schließt einen Vertrag, ohne seinen Vertragspartner beim ersten Hören des Namens nicht gegoogelt zu haben. Das Gleiche gilt für die neue anvisierte Stereoanlage, zu denen Bewertungen auf Amazon ausgiebig studiert werden, bevor man sich zum Kauf entscheidet. Kaum verwunderlich ist es daher, dass auch der Gang zum Arzt immer häufiger erst erfolgt, nachdem Bewertungen früherer Patienten studiert wurden. Nach eigenen Angaben „Deutschlands größte Arztempfehlung“ mit über 250.000 eingetragenen Ärzten und bereits jetzt über 3 Millionen Feedbacks von Patienten ist http://www.jameda.de (betrieben durch die jameda GmbH, St.-Cajetan-Str. 41, 81669 München).

Nachdem sich Patienten unter bloßer Angabe einer E-Mail-Adresse, die verifiziert wird, angemeldet haben, können sie Bewertungen für die Ärzte abgeben, die von jameda mit Namen, Fachrichtung, Praxisanschrift und Kontaktdaten bereits hinterlegt wurden. Als ein Arzt hiervon erfuhr, versuchte er, sich rechtlich dagegen zu wehren, dass seine Daten ohne seine vorherige Einwilligung abrufbar und er durch Patienten bewertbar sei. Zwar finden sich zu seiner Person neben zwei positiven Bewertungen lediglich eine Bewertung „na ja“, dennoch habe er in den ersten Quartalen seit den Bewertungen bereits einen Umsatz- bzw. Patientenrückgang zu verzeichnen, den er hierauf schiebt.

Der BGH muss jetzt entscheiden, ob ein Löschungsanspruch für Daten besteht, wir vermuten: der BGH bestätigt in seinem Urteil damit die vorinstanzlichen Entscheidungen des Amtsgerichts München (Urteil vom 12.10.2012 – 158 C 13912/12) sowie des Landgerichts München I (Urteil vom 19.07.2013 – 30 S 24145/12): Ein Löschungsanspruch nach §§ 35 Absatz 2 Nummer 1 des Bundesdatenschutzgesetzes (BDSG), 823 Absatz 2 Satz 1 und 1004 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) in Verbindung mit § 4 BDSG bestehe nicht. Denn nach § 29 Absatz 1 Satz 1 ist das geschäftsmäßige Erheben, Speichern und Nutzen personenbezogener Daten zum Zweck der Tätigkeit von Auskunfteien solange zulässig, wie „kein Grund zu der Annahme besteht, dass der Betroffene ein schutzwürdiges Interesse an dem Ausschluss der Erhebung, Speicherung oder Veränderung hat“. Ein derartiges schutzwürdiges Interesse vermochte der Bundesgerichtshof nicht zu erkennen.

Dies zu Recht, wie Rechtsanwalt Dr. Erik Kraatz von der Kanzlei Dr. Schulte und Partner Rechtsanwälte mbB meint: „Ein schutzwürdiges Interesse des Arztes kann sich einzig aus seinem allgemeinen Persönlichkeitsrecht ergeben, dem jedoch die Kommunikationsfreiheit von jameda gegenübersteht. Beide grundrechtlichen Positionen hatte der Bundesgerichtshof gegeneinander abzuwägen, wobei hinsichtlich der Basisdaten für jameda der Umstand spricht, dass die Daten aus frei zugänglichen Quellen (z.B. gelbe Seiten) stammen und daher auch jenseits des Bewertungsportals frei zugänglich sind. Dennoch bedeutet die Entscheidung selbstverständlich keinen Freibrief, besteht doch weiterhin ein Löschungsanspruch bezogen auf einzelne Bewertungen, sofern sie falsche Tatsachen behaupten oder Schmähkritik beinhalten.“

Die Entscheidung verdeutlicht einmal mehr die bei Meinungsäußerungen im Internet aufeinander prallenden Rechte und hierbei, dass es endlich Zeit wird für umfassende klare Regeln des gegenseitigen Umgangs im Internet. Denn zumindest gefühlt befinden wir uns hier wegen der zunehmenden Anonymität wie im „Wilden Westen“.

Lesen Sie hierzu unsere diversen Aufsätze auf unterschiedlichen Internetseiten.


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