Bundesverfassungsgereicht zu Loyalitätsobliegenheiten in kirchlichen Arbeitsverhältnissen

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Der 2. Senat des Bundesverfassungsgerichts hat mit seinem Beschluss vom 22.10.2014 zum dortigen Aktenzeichen 2 BvR 661/12 ein Urteil des Bundesarbeitsgerichts aufgehoben, das die Kündigung eines Chefarztes im Krankenhaus eines katholischen Trägers nach dessen Wiederverheiratung für unwirksam erklärt hat.

Mit der jetzigen Entscheidung bestätigt und konkretisiert der Senat seine bisherige Rechtsprechung.

Welche kirchlichen Grundverpflichtungen als Gegenstand eines Arbeitsverhältnisses bedeutsam sein können, richtet sich hiernach alleine nach den von der verfassten Kirche anerkannten Maßstäben und dem konkreten Inhalt des Arbeitsvertrages. Die staatlichen Gerichte dürfen sich nicht über das kirchliche Selbstverständnis hinwegsetzen, so lange dieses nicht im Widerspruch zur grundlegenden verfassungsrechtlichen Gewährleistung steht. Erst in einer zweiten Stufe sind die Grundrechte des betroffenen Arbeitnehmers und deren durch das allgemeine Arbeitsrecht geschützten Interessen mit den kirchlichen Belangen und korporativen Religionsfreiheit im Rahmen einer Gesamtabwägung zum Ausgleich zu bringen.

Der Verfassungsbeschwerde des katholischen Krankenhausträgers wurde stattgegeben und das Verfahren an das Bundesarbeitsgericht zurückverwiesen, da Bedeutung und Tragweite des kirchlichen Selbstbestimmungsrechts bislang nicht ausreichend berücksichtigt worden sind.

In der Sache ging es um den Chefarzt der Abteilung Innere Medizin eines in kirchlicher Trägerschaft geführten Krankenhauses.

Die erste Ehe des Chefarztes wurde Anfang 2008 geschieden. Zuvor lebte der Chefarzt bereits von 2006 bis 2008 mit einer neuen Lebensgefährtin zusammen. Dies war dem Geschäftsführer des Krankenhauses auch bekannt.

Im August 2008 heiratete der Kläger seine Lebensgefährtin standesamtlich, wovon das Krankenhaus im November 2008 erfuhr.

Im März 2009 kündigte das Krankenhaus das Arbeitsverhältnis ordentlich zum 30.09.2009.

Das Bundesverfassungsgericht hat das Urteil des Bundesarbeitsgerichts aufgehoben, da dieses nach Ansicht des Verfassungsgerichts die Bedeutung und Tragweite des kirchlichen Selbstbestimmungsrechts im Rahmen der Auslegung von § 1 Ab. 2 KSchG verkannt hat.

Das Bundesarbeitsgericht hat nunmehr nach Zurückverweisung bei der Auslegung von § 1 Abs. 2 KSchG die praktische Konkordanz zwischen dem kirchlichen Selbstbestimmungsrecht und der korporativen Religionsfreiheit auf Seiten des Krankenhauses und dem Schutz von Ehe und Familie im Sinne von Artikel 6 Abs. 1 Grundgesetz sowie den Gedanken des Vertrauensschutzes nach Artikel 2 Abs. 1 Grundgesetz zu Gunsten des Chefarztes herzustellen. Das Bundesverfassungsgericht hat damit mit der vorliegenden Entscheidung die Rechtsstellung des Kirchenrechts grundsätzlich gestärkt und den Arbeitsgerichten konkrete Überprüfungsabläufe an die Hand gegeben, nach denen zukünftig in kirchenrechtlichen Angelegenheiten der vorliegenden Art vorzugehen ist.

(Quelle: Pressemitteilung Nr. 102/2014 vom 20.11.2014 des Bundesverfassungsgerichts)


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