Coronavirus: Wer hat einen Anspruch auf Entschädigung nach dem Infektionsschutzgesetz?

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Wem steht ein Anspruch auf Entschädigung nach dem Infektionsschutzgesetz zu, wem nicht?

Mitarbeiter von Betrieben, Firmen oder Praxen, die aufgrund einer Infektion eines Mitarbeiters mit dem Coronavirus geschlossen wurden oder Personen, die aufgrund einer Infektion oder des Verdachts hierauf von der Behörde unter Quarantäne gestellt worden sind, haben grundsätzlich einen Anspruch auf Entschädigung nach dem Infektionsschutzgesetz, sofern die Voraussetzung des § 1 Abs. 1 IfSG vorliegen.

Wer zählt zu dem entschädigungsberechtigten Personenkreis?

Entschädigungsberechtigt sind nur die in § 56 Abs. 1 genannten Personen. Dies sind Ausscheider, Ansteckungsverdächtiger, Krankheitsverdächtige oder sonstige Träger von Krankheitserregern. Kranke sind dem Wortlaut des Gesetzes hiervon nicht erfasst.

Im Einzelnen: 

Ausscheider

ist eine Person, die Krankheitserreger ausscheidet und dadurch eine Ansteckungsquelle für die Allgemeinheit sein kann, ohne krank oder krankheitsverdächtig zu sein

Ansteckungsverdächtiger

ist eine Person, von der anzunehmen ist, dass sie Krankheitserreger aufgenommen hat, ohne krank, krankheitsverdächtig oder Ausscheider zu sein

Krankheitsverdächtiger

ist eine Person, bei der Symptome bestehen, welche das Vorliegen einer bestimmten übertragbaren Krankheit vermuten lassen

Sonstige Träger von Krankheitserregern/Carrier

sind Personen, bei denen eine Ansteckung vorliegt, welche jedoch mangels Symptome weder unter die Legaldefinition eines Kranken noch eines Krankheitsverdächtigen fallen, gleichzeitig aber auch keine Ausscheider sind.

Kranker

ist eine Person, die an einer übertragbaren Krankheit erkrankt ist

Entschädigung, wenn jemand bereits vor dem Verbot “Kranker“ ist?

Wer bereits vor der Anordnung des Verbots bereits „Kranker“ ist, hat jedenfalls nach dem Wortlaut der Vorschrift keinen Anspruch auf Entschädigung. Dies deshalb, weil In diesem Fall aufgrund der Arbeitsunfähigkeit aufgrund anderer gesetzlicher Vorschriften oder privater Vorsorge Leistungen beansprucht werden können.

Entschädigung bei krankheitsbedingter AU nach dem Verbot?

in diesem Fall bleibt der Entschädigungsanspruch in Höhe des Betrages, der bei Eintritt der AU an den Berechtigtne zu zahlen war, bestehen. Beruht der Entschädigungsanspruch auf einer Absonderung und tritt die AU nach dieser ein, gehen die Ansprüche, die der berechtigten Person zustehen, automatisch auf das zu entschädigende Land über. 

Entschädigung auch bei Verbot vor Aufnahme einer neuen Tätigkeit?

Entscheidend ist, dass sich das Verbot auf die bisherige Erwerbstätigkeit bezieht. Unter der bisherigen Tätigkeit ist die Erwerbstätigkeit zu verstehen, die zum Zeitpunkt des Eintritts des Verbots ausgeübt worden ist.

Problematisch ist dies in jenen Fällen, in denen z. B. zum 01.04.2020 ein Wechsel in der beruflichen Tätigkeit erfolgen sollte, diese jedoch aufgrund des Ausspruchs eines Verbotes nicht erfolgen konnte. In diesem Fall folgt die Aufnahme der neuen Erwerbstätigkeit, für welche das Verbot bereits zuvor ausgesprochen worden ist, dem Verbot. Sie stellt daher nicht die „bisherige Tätigkeit“ im Sinne des Infektionsschutzgesetzes dar. Dies hat zur Folge, dass für den dann erlittenen Verdienstausfall eigentlich kein Anspruch nach dem Infektionsschutzgesetz bestehen dürfte. Dies deshalb nicht weil die frühere Tätigkeit wirksam zum 31.03.2020 gekündigt worden und die Ausübung der neuen Tätigkeit aufgrund des Verbotes nicht Erfolgt. Gleiches dürfte gelten, wenn zum 01.04.2020 nach Arbeitslosigkeit eine neue Tätigkeit aufgenommen werden sollte und dies aufgrund eines zuvor ausgesprochenen Verbots nicht möglich ist. 

Entschädigung auch bei fehlendem Verdienstausfall?

Voraussetzung für einen Entschädigungsanspruch ist, dass es zu einem Verdienstausfall gekommen ist. Ein solcher liegt demnach nicht vor, wenn der Betroffene einen solchen nicht erlitten hat, z. B. weil ihm aufgrund einer tarifvertraglichen Reglung oder aber dem Abschluss einer privaten Ausfallversicherung ein Lohn- oder Gehaltsfortzahlungsanspruch zusteht.

Wer keine Tätigkeit ausübt und somit keinen Verdienstausfall erleidet, kann keinen Entschädigungsanspruch nach dem Infektionsschutzgesetz beanspruchen.

Entschädigung auch bei unrechtmäßiger Tätigkeit?

Voraussetzung eines Entschädigungsanspruchs ist, dass es sich bei der bisherigen Tätigkeit um eine rechtmäßige gehandelt hat.

Zusammenhang zwischen Verbot und Verdienstausfall 

In allen Fällen ist weitere Voraussetzung, dass der erlittene Verdienstausfall auf das behördlich angeordnete Verbot zurückzuführen ist. Dies ergibt sich eindeutig aus dem Wortlaut der Norm, wonach demjenigen, der aufgrund des Gesetzes als Ausscheider, Ansteckungsverdächtiger, Krankheitsverdächtiger oder als sonstiger Träger von Krankheitserregern im Sinne von § 31 S. 2 Verboten in der Ausübung seiner bisherigen Tätigkeit unterliegt und dem „dadurch“ ein Verdienstausfall entsteht, eine Entschädigung in Geld erhält.

Ausschlussklausel

§ 1 Abs. 3 IfSG beinhaltet eine Ausschlussklausel. Diese greift in den aktuellen Corona-Fällen jedoch nicht, da eine Infektion mit dem Erreger nicht durch die Inanspruchnahme einer Schutzimpfung oder anderen prophylaktischen Maßnahme hätte verhindert werden können.  

Sind die Voraussetzung erfüllt, besteht dem Grunde nach ein Anspruch auf Entschädigung für den erlittenen Verdienstausfall. 

Fazit

Ob in der aktuellen Situation alle Normen so ausgelegt werden, insbesondere die Voraussetzung, dass sich das Verbot die bisher ausgeübten Tätigkeit beziehen muss und kein Anspruch besteht, wenn diese dem Verbot erst nachfolgt, bleibt abzuwArten.


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