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Darf bei einem Stau der Standstreifen benutzt werden?

  • 2 Minuten Lesezeit
Sandra Voigt anwalt.de-Redaktion

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Mit dem Ende der Sommerferien in den ersten Bundesländern nimmt der Verkehr auf deutschen Straßen gerade wieder immens zu. Stau ist vorprogrammiert. Um der ewigen Warterei und dem nervigen Stop-and-go zu entgehen und am Stau vorbeizufahren, nutzen einige Verkehrsteilnehmer daher den Standstreifen. Doch Vorsicht: Wer dabei erwischt wird, muss nach dem Bußgeldkatalog 2015 mit einem Punkt in Flensburg und einem Bußgeld in Höhe von 75 Euro rechnen. Baut der Standstreifennutzer dann auch noch einen Unfall, erhöhen sich sowohl die Anzahl der Flensburger Punkte als auch das Bußgeld. Unter Umständen kommt sogar ein Fahrverbot hinzu – ganz zu schweigen von einer Schadenersatzforderung des Unfallgegners.

Unfall auf dem Standstreifen

Als auf der Autobahn ein Stau entstand, lenkte ein Autofahrer sein Kfz auf den Standstreifen, um an den wartenden Fahrzeugen vorbeizufahren. Darunter befand sich auf der rechten Fahrspur auch ein Sattelschlepper, der plötzlich nach rechts auf den Standstreifen ausscherte, gerade als der Pkw-Fahrer ihn überholte. Es kam zur Kollision der beiden.

Der Autofahrer verlangte daraufhin gerichtlich Schadenersatz – schließlich habe der Unfallgegner seinen Lkw grund- und achtlos auf den Seitenstreifen gelenkt und damit den Unfall verursacht. Der Brummifahrer wies die Vorwürfe jedoch zurück und erklärte, nur deswegen auf den Standstreifen gelenkt zu haben, um die Gasse für die Rettungsfahrzeuge auf der Autobahn aufrechtzuerhalten.

Standstreifennutzer haftet allein

Das Amtsgericht (AG) Recklinghausen wies sämtliche Ansprüche des Autofahrers zurück.

Zunächst einmal stellte das Gericht klar, dass der Brummifahrer den Unfall durchaus hätte verhindern können. Zwar musste er nicht mit einem Auto auf dem Standstreifen rechnen – gleichwohl hätte er sich aber vor dem Ausscheren nach rechts davon überzeugen müssen, dass sich neben ihm kein anderes Fahrzeug befindet. Unter „normalen“ Umständen müsste er daher zumindest in Höhe der Betriebsgefahr seines Sattelschleppers haften.

Allerdings hat sich der Autofahrer derart verkehrswidrig verhalten, dass er den Unfall nach Ansicht des AG allein verursacht hat. So hat er gegen § 2 I StVO (Straßenverkehrsordnung) verstoßen, als er den rechten Seitenstreifen benutzte. Ein Standstreifen gehört nämlich nicht zur Fahrbahn und ist daher auch nicht zu befahren. Anderes gilt nur in Notfällen, etwa wenn man eine Panne hat, oder wenn man z. B. in einem Baustellenbereich mittels Verkehrsschild ausdrücklich dazu aufgefordert wird.

Gemäß § 5 I StVO müssen Verkehrsteilnehmer darüber hinaus stets links überholen. Diese Regel hat der Autofahrer jedoch verletzt, als er auf dem Seitenstreifen rechts an den wartenden Fahrzeugen vorbeifuhr.

Sein gefährliches Fahrmanöver überwog damit das unaufmerksame Verhalten des Lkw-Fahrers bei Weitem. Dessen eventuelle Haftung trat daher hinter der des Autofahrers vollständig zurück.

(AG Recklinghausen, Urteil v. 13.03.2014, Az.: 55 C 210/13)

(VOI)

Foto(s): ©Fotolia.com

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