Das manipulierte Testament

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Wenn es ans Erben geht, kann es brenzlig werden: Nicht jeder gesetzliche Erbe, der enterbt wurde, ist ein guter Verlierer… . Meist stellt sich dies im Erbscheinsverfahren heraus. Dort streiten testamentarisch eingesetzte (gewillkürte) und übergangene gesetzliche Erben oft heftig um die Gültigkeit eines Testaments und um die Erteilung eines Erbscheins.

Die Klassiker im Erbscheinsverfahren

Oft drehen sich Streitigkeiten im Erbscheinsverfahren um angeblich oder tatsächlich verschwundene (Original-) Testamente, mitunter aber auch um Veränderungen bzw. Manipulationen, die an der Originalurkunde vorgenommen worden waren, wie in diesem kürzlich vom OLG Rostock entschiedenen Fall:

Tipp-ex auf dem Testament

Die Erblasserin und ihr Ehemann hatten sich in einem gemeinschaftlichen Testament gegenseitig als alleinige Erben eingesetzt. Nach ihrem Tod stritten sich ihr Witwer und ihr – enterbter – Sohn um ihre Erbenstellung und um die Erteilung eines Erbscheins.

Der Grund:

Das Testament war im Original und in einer Kopie vorhanden. Die Unterschrift der Erblasserin auf der Originalurkunde war geweißt worden, jedoch nicht auf der Kopie. Wie es dazu gekommen war, blieb unklar. Der Sohn machte geltend, dass seine Mutter ihre Unterschrift überpinselt habe, weil sie das gemeinschaftliche Testament widerrufen habe. Da dieses Testament nun unwirksam sei, gelte die gesetzliche Erbfolge, so dass auch er Erbe geworden sei und der Ehemann keinen Erbschein als alleiniger Erbe erteilt bekommen dürfe.

Der einseitige Widerruf eines gemeinschaftlichen Testaments

Der einseitige Widerruf eines gemeinschaftlichen Testaments ist nicht ohne weiteres zulässig – und schon gar nicht, indem der widerrufende Ehegatte das Dokument selbst oder seine Unterschrift darauf einfach vernichtet.

Der Widerruf seitens der Erblasserin wäre nur zulässig gewesen, wenn nur die Erblasserin das Testament unterschrieben hätte, ihr Ehemann aber noch nicht.

Wer den Tipp-ex-Pinsel wann „geschwungen“ hatte, war allerdings, wie gesagt, nicht festzustellen. Da also, wenn überhaupt, jedenfalls kein zulässiger Widerruf vorlag, musste geprüft werden, ob die testamentarisch verfügte Erbfolge (Ehemann als Alleinerbe) tatsächlich eingetreten war oder ob nicht vielmehr die gesetzliche Erbfolge (Ehemann und Sohn als Miterben) galt.

Das Originaldokument war nicht gültig, da es nur noch die Unterschrift des Ehemannes enthielt, gemeinschaftliche Testamente aber von beiden Eheleuten unterzeichnet werden müssen.

Ausnahmsweise also musste das Gericht sich mit der Kopie des Testaments befassen, auf der sich die Unterschriften beider Eheleute befanden.

Was grundsätzlich gilt für Testamente im Original und in Kopie

Grundsätzlich sind nur Original-Testamente zu eröffnen und in einem Erbscheinsverfahren zu berücksichtigen. Ausnahmsweise aber kann die Erbfolge auch aus einer Testamentskopie festgestellt werden, wenn das Original nicht mehr vorhanden ist. Hierzu gibt es eine Fülle von Beschlüssen verschiedener Oberlandesgerichte  (siehe weitere Nachweise in meinem Rechtstipp "das verschwundene Testament").

Im vorliegenden Fall befand das OLG Rostock, dass, wenn eine Kopie zum Nachweis der formgerechten Errichtung des Original-Testaments genügen könne, dies erst recht gelten müsse, wenn das Original noch vorhanden, aber die Frage einer nachträglichen Veränderung virulent sei (OLG Rostock, Beschluss v. 19.03.2021, 3 W 13/18, BeckRS 2021, 25217 unter Verweis auf Beschluss des OLG Düsseldorf v. 12.03.2021, I-3 Wx 151/20, NJW-RR 2021, 734).

Somit galt die testamentarisch verfügte Erbfolge und dem Antrag des Witwers auf Erteilung eines Erbscheins, der ihn als alleinigen Erben auswies, wurde stattgegeben.

Fazit

Wer verhindern möchte, dass sein letzter Wille nach seinem Ableben manipuliert wird, der kopiere das Original und gebe die Kopie einer Vertrauensperson oder deponiere sie an einem anderen, aber sicheren Ort.


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

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Rechtsanwältin Kathrin Fedder-Wendt ist von 14.05.2024 bis 25.05.2024 nicht verfügbar.

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