Das neue Zuwanderungsgesetz

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Die Reform des neuen Zuwanderungsgesetzes ist am 28.08.2007 in Kraft getreten. Damit wurden die 11 Richtlinien der EU in Bundesrecht umgesetzt. Die wesentlichen Elemente der Reform, dass der Integration dienen soll, bestehen aus der

-         Forderung des Nachweises einfacher deutscher Sprachkenntnisse des nachziehenden Ehegatten, um seine Integrationsfähigkeit zu stärken,

-         Beschränkung des Ehegattennachzugs durch ein Mindestalter beider Ehegatten von 18 Jahren zum Schutz vor Zwangsehen, sowie Vorschriften, die der Bekämpfung von Zwangsehen und Scheinehen dienen,

-         Anpassung der Regelungen zum Daueraufenthaltsrecht für Unionsbürger und Familienangehörige, 

-         Schaffung einer "Erlaubnis zum Daueraufenthalt-EG" als neuer unbefristeter Aufenthaltstitel neben der Niederlassungserlaubnis,

-         Schaffung eines vorübergehenden Aufenthaltsrechts für Opfer des Menschenhandels zur Mitwirkung im Strafverfahren, 

-         Einführung eines besonderen Aufenthaltstitels für Forscher und von Mobilitätsregeln für in einem anderen Mitgliedstaat zugelassene Studenten,

-         Einbürgerungsvoraussetzung: Nachweis von Kenntnissen der Rechts- und Gesellschaftsordnung, der Sprache und der Lebensverhältnisse in Deutschland. Damit wird für die Bundesländer die Voraussetzung geschaffen, vorbereitende Einbürgerungskurse anzubieten und

-         Bleiberechtsregelung für geduldete Ausländer und Ausländerinnen (Duldung). 

Aus diesen Bereichen soll hier zu den deutschen Sprachkenntnissen bei Familiennachzug und zu der Bleiberechtsregelung für geduldete Ausländer und Ausländerinnen im besonderen eingegangen werden.

 
Sprachkenntnisse des nachziehenden Ehegatten

Gem. § 30 Aufenthaltsgesetz ist dem Ehegatten eines Ausländers eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen, wenn beide Ehegatten das 18. Lebensjahr beendet haben, der Ehegatte sich zumindest auf einfache Art in deutscher Sprache verständigen kann und der Ausländer eine Niederlassungserlaubnis, Erlaubnis für Daueraufenthalt EG, Aufenthaltserlaubnis oder  eine Aufenthaltserlaubnis seit 2 Jahren besitzt.

Die Verständigung in deutscher Sprache ist nicht notwendig, wenn der in der BRD lebende Ehegatte einen Aufenthaltstitel besitzt und die Ehe bereits bestand, als er sein Lebensmittelpunkt in die BRD verlegt hat, der im Ausland lebende Ehegatte wegen körperlicher, geistiger oder seelischer Krankheit nicht in der Lage ist einfache deutschkenntnisse nachzuweisen, bei dem Ehegatten erkennbar geringer Integrationsbedarf besteht oder der Ehegatte wegen seiner Staatsangehörigkeit visumfrei in die BRD einreisen darf.

Die D.O.C. ANWALTSKANZLEI ist der Meinung, dass die neue Sprachprüfung in den Auslandsvertretungen mit den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts zur Familienzusammenführung nicht vereinbar ist.  Insofern gibt es bei der Regelung zum Ehegattennachzug verfassungs- und gemeinschaftsrechtliche Bedenken. Sprachkenntnisse sind zwar integrationspolitisch wünschenswert und verständlich, dass diese jedoch bereits im Ausland erworben werden müssen deckt sich nicht mit Art. 6 des GG, der die Familie unter besonderen Schutz stellt. Für viele Paare kann diese Regelung zu einem langfristigen bzw.  dauerhaften Nachzugsverbot des Ehepartners oder der ehelichen Kinder führen.

Das Kriterium der erforderlichen Sprachkenntnisse im Ausland sollte daher aus dem Aufenthaltsgesetz wieder "ersatzlos gestrichen" werden. Integrationsbemühungen und Vorgaben nach erfolgtem Nachzug sind vollkommen ausreichend und lobenswert. Die Integration muss nämlich erst erfolgen, wenn die gesellschaftlichen Lebensverhältnisse, Normen und Werte sich geändert haben. Integrationserwartungen im Vorfeld, bevor man überhaupt das sich zu integrierende Land erreicht hat, führt nur zu zwangsweisen Integrationsbemühungen, ohne inhaltliche Bekenntnis. Die betroffenen Menschen und Familien könnten es daher als Schikane auffassen, da eine erheblich frühere Familienzusammenführung durch diese Regelung in den meisten Fällen vermieden wird. Beispielsweise Frauen aus Ländern, in denen es nur wenige oder keine Angebote für Sprachkurse gibt, würden diskriminiert werden. Frauen und Männer, die keinen ungehinderten Zugang zu diesen Sprachkursen haben oder die die finanziellen und technischen Mittel nicht habenwerden ebenso diskriminiert wie Analphabeten unter den nachziehenden Familienangehörigen. Denn dem Wortlaut des Gesetzes nach, fallen diese Personen nicht unter die Ausnahmenregelung.

In der Praxis wäre es daher sinnvoller, wenn die nachziehenden Ehepartner und Kinder die Sprachkurse in Deutschland absolvieren würden. Theorie und Praxis würden somit kombiniert werden, was einer besseren Integration dienen würde. Die derzeitige Regelung greift jedenfalls zur Zeit in das eheliche Zusammenleben in verfassungswidriger Weise ein, da das Grundrecht auf Familie, Ehe und eheliches Zusammenleben sowohl für Deutsche als auch für Ausländer gilt, das Gesetz jedoch zur erheblichen ungerechtfertigten Eingriffen bei den betroffenen Ausländern führt.

Die neuen Regelungen im Aufenthaltsgesetz  zum Familiennachzug sind jedenfalls nicht erforderlich, um die damit gewünschten Ziele zu erreichen und damit nicht verhältnismäßig.

 
Aufenthaltserlaubnis  für geduldete Ausländerinnen und Ausländer 

Ein weiteres wesentliches Element der am 28.August 2007 in Kraft getretenen Reform des Zuwanderungsgesetzes ist die Einführung einer Aufenthaltserlaubnisregelung für Ausländerinnen und Ausländer mit Duldungserlaubnis. Ausländer, die sich am 07.07.2007 mindestens acht (8) Jahre oder, falls in häuslicher Gemeinschaft mit einem oder mehreren minderjährigen Kindern lebend, seit sechs (6) in Deutschland mit einer sogenannten „Duldung“serlaubnis aufhalten, weitgehend integriert sind, über ausreichenden Wohnraum verfügen und hinreichende Deutschkenntnisse nachweisen können, wird auf Antrag  eine befristete Aufenthaltserlaubnis bis zum 31.12.2009 erteilt und der uneingeschränkte Zugang zum Arbeitsmarkt eröffnet.  Für die Zeit nach dem 31.12.2009 wird die Aufenthaltserlaubnis verlängert, wenn die Ausländerin bzw. der Ausländer in dieser Zeit überwiegend in einem Beschäftigungsverhältnis stand und der Lebensunterhalt mit eigenen Mitteln gesichert ist. Gut integrierte Kinder, d.h. Kinder die der deutschen Sprache überwiegend mächtig sind, erhalten auf Antrag unter erleichterten Voraussetzungen ein eigenständiges Aufenthaltsrecht.

Die D.O.C. ANWALTSKANZLEI begrüßt diese verspätete Reform. Allerdings sollte für das Schicksal der geduldeten Ausländerinnen und Ausländer die nicht unter diese Regelung fallen ebenfalls eine zufrieden stellende Lösung gefunden werden.

Geduldete Ausländerinnen und Ausländer hingegen sollten prüfen, ob Sie von dieser Regelung profitieren können und für diesen Fall möglichst schnell den Antrag bei der zuständigen Ausländerbehörde auf Aufenthaltserlaubnis stellen.

Dr. Oktay Çağlar


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