Datenschutzrecht: Zur Zulässigkeit der Speicherung von dynamischen IP-Adressen

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Der Bundesgerichtshof hat am 15.05.2017, Az. VI ZR 135/13, sein Urteil in Sachen „Breyer ./. Bundesrepublik Deutschland“ gesprochen, doch wer sich die Beantwortung der im Raum stehenden Frage erhoffte, wird enttäuscht. 

Ausgangsrechtsstreit

Der Politiker Patrick Breyer hatte gegen die Bundesrepublik Deutschland Klage erhoben. Er beabsichtigte der Bundesrepublik Deutschland untersagen zu lassen, die IP-Adresse seines zugreifenden Hostsystems über das Ende des Zugriffs der allgemein zugänglichen Websites für Online-Mediendienste von Bundeseinrichtungen hinaus zu speichern oder speichern zu lassen. 

Die Klage wurde im ersten Rechtszug abgewiesen, das Berufungsgericht hat die abweisende Entscheidung teilweise abgeändert. Es hat die Bundesrepublik Deutschland verurteilt, es zu unterlassen, die IP-Adresse des zugreifenden Hostsystems von Herrn Breyer, die im Zusammenhang mit seinem Zugriff auf allgemein zugängliche Websites für Online-Mediendienste der Einrichtungen des Bundes übertragen wird, über das Ende des jeweiligen Nutzungsvorgangs hinaus zu speichern oder durch Dritte speichern zu lassen, sofern diese Adresse in Verbindung mit dem Zeitpunkt des über sie vorgenommenen Zugriffs gespeichert wird und Herr Breyer während dieses Zugriffs seine Personalien, auch in Form einer die Personalien ausweisenden E‑Mail‑Anschrift, angegeben hat, soweit die Speicherung nicht im Störungsfall zur Wiederherstellung der Verfügbarkeit des Telemediums erforderlich ist.

Das Berufungsgericht hat dazu ausgeführt, eine dynamische IP-Adresse sei in Verbindung mit dem Zeitpunkt des über sie vorgenommenen Zugriffs ein personenbezogenes Datum, sofern der Nutzer der Website während des Vorgangs seine Personalien angegeben habe, weil der Betreiber der Website den Nutzer dadurch ermitteln könne, dass er dessen Namen mit der IP-Adresse seines Computers verknüpfe.  Im Übrigen sei der Klage von Herrn Breyer jedoch nicht stattzugeben. Gebe Herr Breyer nämlich während eines Nutzungsvorgangs seine Personalien nicht an, könne nur der Internetzugangsanbieter die IP-Adresse einem bestimmten Anschlussinhaber zuordnen. In den Händen der Bundesrepublik Deutschland sei die IP-Adresse hingegen – auch in Verbindung mit dem Zeitpunkt des über sie vorgenommenen Zugriffs – kein personenbezogenes Datum, weil der Nutzer der betreffenden Websites für diesen Mitgliedstaat nicht bestimmbar sei.

Gegen die Entscheidung des Berufungsgerichts haben sowohl Herr Breyer als auch die Bundesrepublik Deutschland Revision beim Bundesgerichtshof eingelegt. 

Der BGH hat die Frage, ob es sich bei IP-Adressen um personenbezogene Daten handelt dem Europäischen Gerichtshof vorgelegt. Dieses urteilte unter dem 19.10.2016, berichtigt durch Beschluss vom 06.12.2016, dass eine dynamische IP-Adresse für den Anbieter ein personenbezogenes Datum im Sinne von § 12 Abs.1, 2 TMG in Verbindung mit § 3 Abs. 1 BDSG darstelle, wenn er über rechtliche Mittel verfüge, die es ihm erlauben, die betreffende Person anhand der Zusatzinformationen, über die der Internetzugangsanbieter dieser Person verfügt, bestimmen zu lassen.

Als personenbezogenes Datum darf eine IP-Adresse folglich nur unter den Voraussetzungen des § 15 Abs. 1 TMG gespeichert werden. 

Der BGH hat nunmehr im Rahmen seines Urteils vom 15.05.2017 ausgeführt, dass § 15 Abs. 1 TMG richtlinienkonform dahingehend anzuwenden sei, dass ein Anbieter personenbezogene Daten ohne dessen Einwilligung auch über das Ende des Nutzungsvorgangs erheben und verwenden darf, soweit die Erhebung und Verwendung erforderlich seien, um die generelle Funktionsfähigkeit des Dienstes zu gewährleisten. Allerdings bedürfe es an dieser Stelle einer Abwägung mit dem Interesse und den Grundrechten der Nutzer. 

Der Ausgang des Fall Breyers ist damit noch immer offen, denn diese notwendige Abwägung der Interessen und Rechte der Beteiligten konnte vom BGH mangels entsprechender tatsächlicher Feststellungen der Vorinstanz nicht getroffen werden. Das Berufungsgericht hatte insoweit nicht geprüft, inwieweit die Speicherung der IP-Adresse notwendig war, um die generelle Funktionstüchtigkeit des angebotenen Dienstes zu gewährleisten. 

Es bleibt also nach wie vor abzuwarten, wie das Berufungsgericht nach Feststellung der erforderlichen Tatsachen entscheiden wird. 

Quelle: Pressemitteilung BGH Nr. 074/2017 v. 16.05.2017 


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