Der „eingeschriebene Brief“ im Sinne des Gesetzes

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Manchmal dauert es mehr als hundert Jahre bis höchstrichterlich ganz praktische Fragen geklärt werden. So etwa bei der Frage, was eigentlich genau unter einem eingeschriebenen Brief zu verstehen ist, wie es das GmbHG in immerhin drei Paragrafen (§ 21 Abs. 1 und Abs. 2, § 27 Abs. 1 und § 51 Abs. 1) vorschreibt.

Entbrannt ist die Frage im Rahmen eines Prozesses wegen einer angestrebten Kaduzierung von Geschäftsanteilen einer GmbH nach § 21 Abs. 2, 3 GmbHG. Die Kaduzierung, also die Einziehung der Geschäftsanteile, wurde durch die verbleibenden Gesellschafter einer GmbH gegenüber einem Gesellschafter betrieben der seiner Einlagepflicht nicht nach kam. Als formelle Wirksamkeitsvoraussetzung für eine Kaduzierung nennt das Gesetz die Übermittlung per eingeschriebenen Brief. Die Gesellschafter entschieden sich für ein Einwurf-Einschreiben. Der betroffene Gesellschafter hielt das nicht für ausreichend. Letztinstanzlich hat der Bundesgerichtshof (BGH) sich mit seinem Urteil vom 27.09.2016 damit auseinandergesetzt.

Wo und was ist das Problem?

Die Formulierung „eingeschriebener Brief“ ist so alt wie das GmbHG, welches aus dem Jahre 1892 stammt. Zwischenzeitlich haben sich die Zeiten im postalischen Zustellungswesen geändert. Die Post ist schon lange keine Behörde mehr, die Postboten keine Beamten und ein eingeschriebener Brief wird von der Deutschen Post in fünf verschiedenen Varianten angeboten.

Was macht der BGH daraus?

Der BGH hat, unter Berücksichtigung der hierzu vertretenen vielschichtigen Meinungen in der Fachliteratur, insbesondere die Geschäftsbedingungen der Post angeschaut. Denn aus diesen ergibt sich der Leistungsumfang der einzelnen Produkte zum Typ „Einschreiben“. Der Grundtypus stellt nach dem BGH das einfache Übergabe-Einschreiben dar. Diese kann zusätzlich mit der Option „Rückschein“ und/oder „Eigenhändig“ kombiniert werden. Daraus schlussfolgert der BGH, dass bei der Übermittlungsart „Einschreiben Einwurf“ der Begriff des „Einschreibens“ als Oberbegriff verwendet und der Zusatz „Einwurf“ lediglich als Unterscheidungszusatz angefügt wird.

Diese Erkenntnis hat der BGH mit dem gesetzgeberischen Willen von 1892 verglichen. Immerhin:

Im Zeitpunkt der Einführung des § 21 Abs. 1 Satz 2 GmbHG im Jahr 1892 gab es nur das Übergabe-Einschreiben. Der historische Gesetzgeber hat sich folglich nicht mit der Frage befasst, ob auch andere Formen des Einschreibens von der auszulegenden Norm erfasst werden sollen.

Der BGH hebt sodann hervor, dass der aktuelle Gesetzgeber die postalische Neuordnung durch die Einführung des Einwurf-Einschreibens vor rund 20 Jahren nicht zum Anlass genommen hat, das Gesetz sprachlich anders zu fassen. Daher stellt der BGH insbesondere auf den Zweck der Regelung ab. Dieser ist die Zugangssicherung und die Sicherung der Beweisführung. Im Vergleich zwischen Einwurf-Einschreiben und Übergabe-Einschreiben ist ersteres dem letzteren gegenüber in dieser Beziehung mindestens gleichwertig. Da beim Übergabe-Einschreiben eine Zugangsverhinderung leichter fällt, hält der BGH das Einwurf-Einschreiben für ausreichend. Im Ergebnis war die Kaduzierung war formell wirksam.

Damit steht höchstrichterlich fest, dass als eingeschriebener Brief im Sinne des GmbHG heutzutage ein Einwurf-Einschreiben ausreicht.

Was bedeutet das in der Praxis:

Mit dieser Erkenntnis kann man sich also bequem die höheren Gebühren des Übergabeeinschreibens sparen.

Aber Achtung: Sowohl das Einwurf-Einschreiben, als auch das Übergabe-Einschreiben können bestenfalls den Zugang eines Umschlags an die angegebene Adresse nachweisen. Der Inhalt des Schreibens ist damit noch nicht bewiesen. Vorsorglich sollte man einen Zeugen für den Versand des Schreibens hinzuziehen.

Und: Die Rechtsprechung ist nicht heranzuziehen, wenn im Gesellschaftsvertrag andere, strengere Regelungen getroffen wurden. 


Rechtstipp aus den Rechtsgebieten

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