Der Geschäftsführervertrag oder Anstellungsvertrag des GmbH-Geschäftsführers

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I. Doppelstellung des Geschäftsführers

Der Geschäftsführer (m/w/d) leitet das Geschäft der GmbH und vertritt die Gesellschaft nach außen. Rechtlich steht der Geschäftsführer dabei in einer Doppelstellung:

  1. Zum einen ist er aufgrund seiner organschaftlichen Bestellung als Geschäftsführer der gesetzliche Vertreter der GmbH im Außenverhältnis (zu den Rechten und Pflichten nach dem GmbH-Gesetz siehe diesen Rechtstipp).
  2. Der Geschäftsführer ist daneben auch Angestellter der GmbH. Die Rechte und Pflichten im Innenverhältnis zwischen Geschäftsführer und GmbH werden im Geschäftsführervertrag geregelt, der auch Anstellungsvertrag oder Dienstvertrag genannt wird.

Die organschaftliche Stellung als gesetzlicher Vertreter ist vom Anstellungsverhältnis zu trennen. Die Bestellung als Geschäftsführer beinhaltet nicht automatisch den Abschluss eines Geschäftsführervertrags. Umgekehrt wirkt sich eine Abberufung als Geschäftsführer nicht automatisch auf das Anstellungsverhältnis aus (Ausnahme: es ist eine sog. Koppelungsklausel vereinbart, wonach die Abberufung als Geschäftsführer zugleich als Kündigung des Anstellungsvertrags gilt).

II. Sozialversicherungspflicht

Ob für den Geschäftsführer eine Sozialversicherungspflicht besteht, ist stets eine Frage des Einzelfalls, insbesondere der Höhe seiner Beteiligung und der konkreten Ausgestaltung des Gesellschaftsvertrags. Als grobe Richtschnur kann man sich an folgender Faustregel orientieren: 

  1. Ein geschäftsführender Gesellschafter, der mit 50% oder mehr Prozent am Stammkapital beteiligt ist, ist nicht sozialversicherungspflichtig, während bei einer geringeren Beteiligung als 50% regelmäßig eine sozialversicherungspflichte Beschäftigung vorliegt. 
  2. Bei Geschäftsführern, die am Stammkapital nicht beteiligt sind (sog. Fremdgeschäftsführer), besteht in der Regel ein sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis.

Wer Gewissheit möchte, sollte ein Statusfeststellungsverfahren bei der Deutschen Rentenversicherung durchführen.

III. Vertragsschluss

Der Geschäftsführervertrag wird zwischen dem Geschäftsführer und der GmbH abgeschlossen. Die GmbH wird beim Vertragsschluss durch die Gesellschafterversammlung vertreten (Ausnahme: bei einer dem MitbestG unterfallenden GmbH ist der Aufsichtsrat zuständig).

Für den Dienstvertrag des Geschäftsführers besteht kein gesetzliches Formerfordernis. Zur Dokumentation und zum Nachweis gegenüber dem Finanzamt sollte der Geschäftsführervertrag jedoch schriftlich abgeschlossen werden.

IV. Vertragsinhalt

Der Geschäftsführer gilt grundsätzlich nicht als Arbeitnehmer, sodass die arbeitsrechtlichen Vorschriften zum Schutz von Arbeitnehmern auf ihn grundsätzlich keine Anwendung finden. Daher sollten bestimmte Punkte, die für Arbeitnehmer gesetzlich geregelt sind, ausdrücklich im Geschäftsführervertrag geregelt werden.

Im Folgenden finden Sie bitte einen kurzen Überblick über einige der wichtigsten Regelungen in einem Geschäftsführervertrag:

1. Aufgaben und Zuständigkeiten

  • Die Pflichten und Zuständigkeiten des Geschäftsführers, z.B. auch in Bezug auf Tochtergesellschaften, müssen bestimmt werden.
  • Zu regeln ist, ob es eine Aufgabenteilung bzw. Ressortverteilung mit anderen Geschäftsführern gibt (sog. Geschäftsverteilungsplan)?
  • Häufig wird für die Geschäftsführung zusätzlich eine Geschäftsordnung erlassen, welche die internen Regeln der Geschäftsführung näher bestimmt (siehe hierzu diesen Rechtstipp).
  • Die Vertretungsbefugnisse des Geschäftsführer sollten definiert werden, insbesondere ob er Einzelvertretungsbefugnis oder Gesamtvertretungsmacht hat und ob er von den Beschränkungen des § 181 BGB (sog. Insichgeschäfte) befreit ist.
  • Es können Geschäftsvorfälle festgelegt werden, bei denen der Geschäftsführer zunächst die Zustimmung der Gesellschafter einholen muss (sog. zustimmungsbedürftige Geschäfte).
  • Ggf. soll der Geschäftsführer bestimmte Planungs- und Berichtspflichten gegenüber den Gesellschaftern haben wie Aufstellen eines Jahresplans, Übersenden der monatlichen BWA oder Erstellen von Halbjahres- oder Quartalsberichten.
  • Die Dienstzeiten des Geschäftsführers sowie Anwesenheitspflichten im Betrieb bzw. Möglichkeiten zu Homeoffice sollten geregelt werden.

2. Nebentätigkeiten

  • In der Regel hat die Gesellschaft ein nachvollziehbares Interesse daran, dass der Geschäftsführer keine Nebentätigkeiten ohne die vorherige Zustimmung der Gesellschafterversammlung aufnimmt.
  • Bestehende Nebentätigkeiten können in den Dienstvertrag aufgenommen und vorab genehmigt werden.

3. Vergütung

  • Die Höhe und Auszahlung der fixen Vergütung müssen festgelegt werden.
  • Daneben kann der Geschäftsführer Anspruch auf eine Weihnachtsgratifikation bzw. ein 13. Gehalt haben.
  • Insbesondere wenn der Geschäftsführer von der Sozialversicherung befreit bzw. privat krankenversichert ist, sollte geregelt werden, inwiefern die Gesellschaft Beiträge zur Krankenversicherung und Altersversorgung übernimmt.
  • Zudem kann dem Geschäftsführer die Zahlung einer Tantieme versprochen werden. Hierbei sind die Voraussetzungen für das Entstehen, die Höhe und die Auszahlung der variablen Vergütung genau festzulegen. Das Entstehen und die Höhe hängt regelmäßig vom Erreichen bestimmter wirtschaftlicher Kennzahlen oder Geschäftsziele ab; es kann aber auch pauschal eine prozentuale Beteiligung am Gewinn vereinbart werden. Die Auszahlung erfolgt in der Regel einige Zeit nach Feststellung des Jahresabschlusses für das vorangegangene Geschäftsjahr.

4. Dienstwagen/Mobiltelefon/Laptop

  • Dienstwagen sind eine beliebte Vergütungskomponente. Hierbei sollte u.a. festgehalten werden, auf welche Fahrzeugklasse bzw. bis zu welcher Leasingratenhöhe der Geschäftsführer einen Anspruch hat, ob er das Fahrzeug auch privat nutzen darf und wer die laufenden Kosten einschl. Kraftstoff trägt. Die entsprechenden Vermögensvorteile muss der Geschäftsführer privat versteuern.
  • Daneben kann festgelegt werden, ob der Geschäftsführer ein Mobiltelefon und/oder Notebook erhält, das er ggf. auch privat nutzen darf.

5. D&O-Versicherung

  • Vor allem für einen nicht beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführer bzw. einen Fremdgeschäftsführer kann es wichtig sein, dass die Gesellschaft eine Vermögensschadenhaftplfichtversicherung (sog. D&O-Versicherung) für Schäden aus fehlerhafter Geschäftsführung zugunsten des Geschäftsführers abschließt. 
  • Neben Deckung von Innen- und Außenhaftung sowie von grober Fahrlässigkeit sollte u.a. die Deckungssumme der Police sowie der Selbstbehalt angemessen sein und ausreichende Nachmeldefristen erworben werden.
  • Die Absicherung des Geschäftsführers kann auch im Wege eines sog. Verschaffungsanspruchs geregelt werden, wonach die Gesellschaft verpflichtet ist, dem Geschäftsführer eine bestimmten Qualitätsstandards entsprechende D&O-Versicherung zu verschaffen, und  den Geschäftsführer von etwaiger Haftung freizustellen, wenn sie den Verschaffungsanspruch nicht erfüllt.

6. Reisekosten und Aufwendungsersatz

  • Es sollte geregelt werden, dass dem Geschäftsführer geschäftlich veranlasste Kosten erstattet werden.
  • Besonders empfindlich ist hierbei die Abrechenbarkeit von Reisekosten. Um späteren Streit über die Angemessenheit von Reisekosten zu vermeiden, können vorab bestimmte Richtlinien festgelegt werden, z.B. Hotel-Kategorie, Bahn 1. oder 2. Klasse, Flug Business oder Economy.

7. Urlaub

  • Weil das Bundesurlaubsgesetz auf Geschäftsführer nicht anwendbar ist, muss der Urlaubsanspruch vertraglich bestimmt werden. Marktüblich sind etwa 25 bis 35 Arbeitstage.
  • Zudem sollte festgelegt werden, inwiefern nicht genommener Urlaub ins nächste Jahr übertragen bzw. abgegolten werden kann.

8. Entgeltfortzahlung bei Krankheit und Tod

  • Da das Entgeltfortzahlungsgesetz nicht für Geschäftsführer gilt, ist zu regeln, unter welchen Bedingungen die Bezüge im Krankheitsfall fortgezahlt werden. In zeitlicher Hinsicht sind 6 Wochen bis zu 6 Monate üblich.
  • Ergänzend kann den Hinterbliebenen des Geschäftsführers ein Anspruch auf Fortzahlung der Bezüge im Todesfall gewährt werden, wobei etwa 3 Monate üblich sind.

9. Wettbewerbsverbot

  • Während der Amtszeit unterliegt der Geschäftsführer einem strengen gesetzlichen Wettbewerbsverbot aufgrund der ihm gegenüber der GmbH obliegenden Treuepflicht. Von diesem Wettbewerbsverbot kann er nur durch Gesellschaftsvertrag bzw. Gesellschafterbeschluss befreit werden; eine Befreiung im Anstellungsvertrag genügt nicht.
  • Einer der meistdiskutierten Fragen ist, ob den Geschäftsführer auch ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot treffen soll. Zu regeln sind insbesondere (i) die sachliche, räumliche und zeitliche (bis zu 24 Monate) Reichweite des Wettbewerbsverbots, (ii) ob der Geschäftsführer im Gegenzug eine Karenzentschädigung erhält, und (iii) ob der Geschäftsführer bei Verstoß eine Vertragsstrafe zahlen muss. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot eine empfindliche Einschränkung der beruflichen Freiheit des Geschäftsführers darstellen kann und in keinem Fall leichtfertig akzeptiert werden sollte.

10. Haftung

Im Interesse des Geschäftsführers können Haftungsbeschränkungen für fehlerhafte Geschäftsführung vereinbart werden. In Betracht kommen insbesondere folgende Haftungsbegrenzungen:

  1. Ein Ausschluss der Haftung bei fahrlässigen Pflichtverletzungen (die Haftung für Vorsatz kann nicht im Vorhinein erlassen werden).
  2. Eine Begrenzung der Haftung auf einen Höchstbetrag  von z.B. 3-12 Monatsgehältern.
  3. Festlegung, dass die GmbH die Beweislast trifft, macht sie Ansprüche gegen den Geschäftsführer geltend, und dass keine Beweiserleichterung bzw. Beweislastumkehr  zum Nachteil des Geschäftsführers gilt (insbesondere nicht § 93 Abs. 2 S. 2 AktG analog).
  4. Vereinbarung von kurzen Ausschlussfristen von z.B. 3-12 Monaten, innerhalb derer Ansprüche gegen den Geschäftsführer geltend gemacht werden müssen.

11. Vertragsdauer und Kündigung

  • Der Vertrag kann für eine bestimmte Dauer (häufig 2 bis 5 Jahre) abgeschlossen werden. Eine solche Befristung kann mit einer Verlängerungsoption verbunden werden. Alternativ kann der Vertrag auch für unbestimmte Zeit mit der Möglichkeit zur ordentlichen Kündigung eingegangen werden.
  • Kündigungsmodalitäten: Es ist genau zu regeln, unter welchen Voraussetzungen und mit welchen Fristen der Vertrag von der jeweiligen Partei gekündigt werden kann. Das Recht zur Kündigung aus wichtigem Grund kann keinesfalls ausgeschlossen werden.
  • Die GmbH kann berechtigt sein, den Geschäftsführer unter Fortzahlung seiner Bezüge freizustellen.
  • Es kann durch eine sog. Koppelungsklausel vereinbart werden, dass die Abberufung als Geschäftsführer zu einer automatischen Beendigung des Geschäftsführervertrags führt.

V. Verdeckte Gewinnausschüttung

In steuerlicher Hinsicht ist darauf zu achten, dass die Leistungen an den Geschäftsführer keine verdeckte Gewinnausschüttung darstellen. Da verdeckte Gewinnausschüttungen durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst sind, besteht das Risiko insbesondere bei geschäftsführenden Gesellschaftern. Zur Vermeidung einer verdeckten Gewinnausschüttung darf die dem Geschäftsführer zugesagte Vergütung, einschließlich sonstiger Leistungen, nicht unangemessen hoch sein.



Ich berate Sie gerne bei der Prüfung bzw. Erstellung eines für Sie passenden Geschäftsführervertrags.  Bitte melden Sie sich gerne, wenn Sie eine Frage haben.  

Mit besten Grüßen, RA Dr. Rainer Freudenberg, LL.M.

Foto(s): Freudenberg Law


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