Der manipulierte Tacho beim Gebrauchtwagen – welche Rechte hat der Käufer?

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Statistiken gehen davon aus, dass etwa jeder dritte Gebrauchtwagen einer Tachomanipulation unterzogen wurde und weniger als die tatsächlich gefahrenen Kilometer anzeigt. Die Dunkelziffer ist hoch. Dabei spielt es kaum eine Rolle, ob das Fahrzeug von einem Händler oder einem Privatmann angeboten wurde. Es geht dabei nicht um eine Bagatelle, weil sich die Gesamtzahl der manipulierten Fahrzeuge nach Schätzungen der Polizei im Jahr auf 2 Millionen Fälle addiert. Dabei erzielen die Verkäufer unrechtmäßig durchschnittlich einen zusätzlichen Gewinn von etwa 3.000 Euro pro Manipulation und verursachen so pro Jahr einen gesamtwirtschaftlichen Schaden von rund 6 Milliarden Euro. Viele Käufer eines Gebrauchtwagens sind an dieser Stelle zu gutgläubig. Sie verlassen sich fast blind auf die Tacho-Anzeige und die Angaben des Verkäufers, prüfen die Fahrzeug-Dokumentation nicht oder nur oberflächlich. Da mit einem nachteilig veränderten Tachostand unter anderem eine satte Wertminderung zulasten des Käufers einhergeht, und der Käufer es mit strafbarem Verhalten zu tun hat, ist ein gesundes Misstrauen angebracht, um die eigenen Rechte zu wahren. Neben einer unrechtmäßigen Wertsteigerung werden mit einem manipulierten Tacho bevorzugt auch die Restzahlungen von Leasingverträgen gedrückt oder aber Kulanz- sowie Garantieleistungen vom Hersteller erschlichen. Der erfahrene Verkehrsrechtler, Rechtsanwalt Sven Kienhöfer aus Stuttgart, gibt im Folgenden Tipps zu den rechtlichen Möglichkeiten im Angesicht eines manipulierten Tachos beim Gebrauchtwagenkauf.

Die Tachomanipulation im Zivilrecht 

Bei der zivilrechtlichen Würdigung von Tachomanipulationen und den sich daraus ergebenden rechtlichen Möglichkeiten des Käufers muss zwischen einem Kauf vom Händler und dem reinen Privatgeschäft unterschieden werden.

1. Gebrauchtwagenkauf vom Händler

Einige Händler garantieren inzwischen regelmäßig die Richtigkeit der Laufleistung beim Gebrauchtwagenkauf. Dazu verpflichtet etwa der Bundesverband freier Kfz-Händler (BVfK) seine Mitglieder, wenn es um Privatkunden geht. Wird später eine Manipulation am Tacho entdeckt, muss der Händler das Fahrzeug zurücknehmen und den Kaufpreis erstatten.

Auch wenn keine Garantie durch den Händler gegeben wurde, ist die rechtliche Situation des privaten Käufers nicht ungünstig. Wahlweise kommt ein Rücktritt vom Kaufvertrag oder eine Kaufpreisminderung in Betracht, weil dem Fahrzeug bei einer gefälschten Laufleistung die vertraglich vereinbarte Beschaffenheit abgesprochen wird. Dies ist selbst dann der Fall, wenn der Tachostand im Kaufvertrag nur als abgelesen notiert wurde. Nach Auffassung des OLG Düsseldorf wurde es sogar als ausreichend angesehen, dass die Kilometerangabe in einer Internetanzeige angeben war, ohne dass sie später im Kaufvertrag wiederholt wurde (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 15.11.2012, Aktenzeichen I-3 W 228/12). Bei einem Händler muss der Käufer darauf vertrauen können, dass die Laufleistung korrekt ist. So sehen es jedenfalls die Zivilrichter. Es kommt auch eine Anfechtung des Kaufvertrags in Betracht. Diese Anfechtung wegen arglistiger Täuschung ist deshalb attraktiv, weil der Käufer so zu stellen ist, als wäre der Vertrag nie geschlossen worden und weil sie innerhalb von drei Jahren nach Kenntnis des Anfechtungsgrundes erfolgen kann. Dagegen verkürzen viele Gebrauchtwagenhändler die Sachmängelhaftung auf 1 Jahr, sodass für eine Realisierung von Rücktritt oder Kaufpreisminderung Eile geboten sein kann. Problematisch ist die Anfechtung allerdings unter dem Gesichtspunkt, dass die Arglist dem Verkäufer unter Umständen nicht nachgewiesen werden kann.

2. Gebrauchtwagenkauf von Privat

Bei einem Privatverkäufer kann ein Käufer ohne weitere Zusicherungen nicht ohne weiteres darauf vertrauen, dass die Laufleistung der Angabe entspricht. Anders ist es, wenn der Verkäufer eine Garantie zum Tachostand abgibt. Das kann bereits der Fall sein, wenn der Verkäufer darauf beharrt, dass die angegebene Laufleistung stimme und alles in Ordnung sei. (Vgl. dazu Urteil v. 01.04.2004, OLG Koblenz, Aktenzeichen: 5 U 1385/05). Bei einer Garantie kommt es auf ein Verschulden des Verkäufers nicht an, mit der Beschaffenheitsgarantie entfaltet auch der typische Gewährleistungsausschluss, den private Verkäufer bevorzugt vereinbaren, keine Wirkung. In diesem Fall stehen dem Käufer wie beim Händlerkauf Rücktritt und Minderung zur Wahl. Hat der private Verkäufer keine Garantie übernommen – und zu deren Übernahme reicht keine bloße Angabe des Tachostands im Kaufvertrag aus – und wurde die Sachmängelhaftung wirksam ausgeschlossen, ist dem Käufer der Weg mit den typischen Gewährleistungsansprüchen, wie Rücktritt und Minderung, versperrt. Die Anfechtung wegen arglistiger Täuschung scheitert regelmäßig am Nachweis der Arglist. Verzichten Sie deshalb nicht auf eine Garantie!

Die Tachomanipulation – die strafrechtliche Rechtslage

Strafrechtlich ist die Manipulation eines Tachos unter verschiedenen Gesichtspunkten interessant. Zum einen erfasst § 22b des Straßenverkehrsgesetzes (StVG) als strafrechtliche Spezialnorm „Einwirkungen auf den Wegstreckenzähler oder den Messvorgang, die mit dem Ziel erfolgen, die Messdaten zu verfälschen“ die gezielte Veränderung des Tachostands. § 22b StVG sieht dabei allein schon eine Freiheitsstrafe von bis zu einem Jahr vor.

Gelingt objektiv der Nachweis des manipulierten Tachos, kommt weiterhin eine Strafbarkeit nach § 263 des Strafgesetzbuches (StGB) – Betrug – in Betracht. Der Betrugstatbestand erfordert allerdings auf der subjektiven Tatbestandsebene eine qualifizierte Form des Vorsatzes in Gestalt der Absicht, sich einen rechtswidrigen Vermögensvorteil zu verschaffen. Dieses subjektive Element ist nicht immer zu beweisen, sodass der § 22b StVG eine bessere Ausgangslage bietet, die Tachomanipulation strafrechtlich zu ahnden.

Trotz der drohenden strafrechtlichen Sanktionen scheinen viele Verkäufer das Risiko einzugehen, am Tacho „zu schrauben“, weil der mögliche Vorteil so einfach zu erlangen ist und offensichtlich viele Fälle unentdeckt bleiben beziehungsweise nicht zur Anzeige kommen. Gerade deshalb ist es wichtig, sich schon beim Verdacht einer Manipulation am Tacho durch einen erfahrenen Rechtsanwalt und Verkehrsrechtler beraten und vertreten zu lassen. Auch wenn der Nachweis des gefälschten Tachostands nicht auf den ersten Blick möglich ist, gibt es doch gewisse Hinweise und Indizien für eine Fälschung. So sind oftmals Unstimmigkeiten in der Dokumentation des Fahrzeugs auffällig. Reparatur-Rechnungen, HU-Berichte, das Serviceheft und die Ölwechsel-Aufkleber stimmen dann nicht mit der Tacho-Angabe überein. Zuweilen bringt ein Gespräch mit dem Vorbesitzer erstaunliche Erkenntnisse.

Technisch gesehen haben besonders Vertragswerkstätten einige Möglichkeiten, Manipulationen auf die Spur zu kommen. So können sie Fehler- und Wartungsintervall-Speicher auslesen, protokollierte Kilometerstände anzeigen, das Produktionsdatum des Tachos oder einzelner Steuergeräte bestimmen. Vielfach bringt auch die sogenannte Lebensakte oder eine digitale Dokumentation zur Reparaturhistorie Hinweise auf eine Fälschungsaktivität am Tacho. Der Innenraum kann einen erhöhten Verschleiß aufweisen und so ein weiteres Indiz für eine Manipulation der Laufleistung sein. Nach langjähriger intensiver Benutzung zeigen regelmäßig die Autositze, das Lenkrad, der Schaltknüppel und auch die Pedalerie eindeutige Spuren von übermäßiger Abnutzung. Allerdings weisen Experten darauf hin, dass diese Verschleißerscheinungen frühestens bei Laufleistungen ab 120.000 Kilometer einen sichtbaren Unterschied machen. Auch angesichts dieser vielen Indizien ist der Nachweis einer Manipulation nicht einfach zu führen und mit Unsicherheiten verbunden.

Checkliste beim Gebrauchtwagenkauf zum Thema Laufleistung

Idealerweise lassen Sie sich die Laufleistung schriftlich beim Kauf eines gebrauchten Fahrzeuges immer garantieren!

Wer einen Gebrauchtwagen kauft, sollte die Plausibilität der Laufleistung wie folgt prüfen:

  1. Fahrzeug-Dokumentation genau lesen und auf mögliche Unstimmigkeiten achten.
  2. Das Innere des Fahrzeugs sowie das Innere des Motorraums genau ansehen – sind hier Auffälligkeiten gegeben, die eine mögliche Tachomanipulation vermuten lassen? (Stärkerer Verschleiß als plausibel, Abweichungen bei Aufkleber und Ölwechselerinnerungen?)
  3. Bei Verdacht mögliche Vorbesitzer und Stammwerkstätten kontaktieren.
  4. Bestimmte Werte durch eine Vertragswerkstatt auslesen lassen.
  5. Bei begründetem Verdacht unverzüglich einen entsprechend versierten Rechtsanwalt (Verkehrsrechtler) aufsuchen, um mögliche weitere Schritte einzuleiten.

Tachomanipulation – besser sofort zum versierten Verkehrsrechtler

Rechtsanwalt Sven Kienhöfer in Stuttgart ist Ihr Ansprechpartner in Sachen Tachomanipulation. Haben Sie einen entsprechenden Verdacht, unterstützt er Sie beim Nachweis der Fälschung. In der Folge berät er Sie umfassend zu strafrechtlichen sowie zivilrechtlichen Ansprüchen und setzt entsprechende Forderungen nach Möglichkeit auch vor Gericht für Sie durch. Zögern Sie nicht, im Fall einer manipulierten Laufleistung mit der Kanzlei Kienhöfer Kontakt aufzunehmen, sichern Sie Ihre Ansprüche noch heute.


Rechtstipp aus den Rechtsgebieten

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