Der nachvertragliche Provisionsanspruch und der Ausgleichanspruch des Handelsvertreters

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Das Outsourcing des eigenen Vertriebs an selbständige Handelsvertreters ist ein von Unternehmen (oftmals junge Unternehmen/Startups) oftmals gewähltes Mittel und den eigenen Vertrieb aufzubauen. Dabei gilt es jedoch in rechtlicher Hinsicht einiges zu beachten. So ist vielen Unternehmen und auch selbständigen Vertrieblern nicht bewusst, dass dem Handelsvertreter/Vertriebler per Gesetz auch nach Beendigung der Geschäftsbeziehung ein Ansprüche in beachtlicher Höhe zustehen können. 

Der nachvertragliche Provisionsanspruch …

nach § 87 Abs. 3 S. 1 Nr. 2 HGB kann vom Handelsvertreter nach Beendigung seines Geschäftsverhältnisses geltend gemacht werden, wenn er ein Geschäft für den Unternehmer vermittelt, eingeleitet oder vorbereitet hat. Der Geschäftsabschluss muss überwiegenden auf seine Tätigkeit zurückzuführen sein.

Der Unternehmer kann nur einen nachvertraglichen Provisionsanspruch aus § 87 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 HGB vertraglich abbedingen.

Den Ausgleichanspruch …

nach § 89b Abs. 1 HGB kann der Handelsvertreter nach Beendigung des Vertragsverhältnisses geltend machen.

Für die Praxis: Der Ausgleichsanspruch kann nicht im Voraus vertraglich ausgeschlossen oder qualitativ beschränkt werden. Eine Aufhebungsvereinbarung vor Beendigung des Vertragsverhältnisses schließt den Anspruch ebenfalls nicht aus. Erfasst sind auch Vereinbarungen, die den Anspruch teilweise ausschließen oder beschränken. Insoweit ist der Ausgleichsanspruch nicht abdingbares Recht.

Beide Vertragsparteien können aber bei, beziehungsweise nach Vertragsbeendigung Vereinbarungen über die Zahlung und die Höhe eines Ausgleichsanspruches treffen.

Wichtig: Handelsvertreter, die hauptberuflich mehrere Jahre für ein Unternehmen tätig gewesen sind, sollten sich am Ende der Zusammenarbeit nicht in ein nebenberufliches Handelsvertreterverhältnis nach § 92b HGB abwälzen lassen, denn dann entfällt der Ausgleichsanspruch.

Wann im Einzelfall tatsächlich ein Anspruch auf Ausgleich besteht, hängt von mehreren Voraussetzungen ab.

1. Das Handelsvertreterverhältnis muss beendet sein:

Eine Kündigung durch den Handelsvertreter begründet selbst keinen Ausgleichsanspruch, außer die Kündigung wurde vom Unternehmer veranlasst. Bei Kündigung durch den Unternehmer hat der Handelsvertreter ausnahmsweise keinen Ausgleichanspruch, wenn er dem Unternehmer durch eigenes schuldhaftes Verhalten einen wichtigen Grund zur fristlosen Kündigung gegeben hat.

Ein Ausschluss des Ausgleichanspruches für den Handelsvertreter besteht ebenso bei einer sogenannten „Nachfolgeklausel“.

2. Dem Unternehmer müssen nach Beendigung des Vertragsverhältnisses erhebliche Vorteile zufließen:

Unter erhebliche Vorteile sind neu geworbene Kunden und der Aufbau gefestigter Geschäftsverbindungen mit Mehrfachkunden zum Unternehmer zu verstehen.

3. Billigkeit des Ausgleichs:

Bei der Billigkeitsprüfung werden alle Umstände des Handelsvertreterverhältnis einschließlich der Gründe für seine Beendigung und die dem Handelsvertreter entstehenden Provisionsverluste berücksichtigt.

Bei Fragen hierzu können Sie sich gerne an mich wenden. Wir bieten sowohl Unternehmen als auch Handelsvertretern/Vertrieblern rechtliche Beratung zu allen Fragen des Handelsvertreterrechts an.

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