Der unerwartete steuerliche Haftungsbescheid gegen den GmbH-Geschäftsführer nach § 69 AO.

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1. Der haftende Personenkreis des § 69 AO

Vertreter und Verfügungsberechtigte im Sinne der §§ 34, 35 AO haften, bei schuldhafter Verletzung der ihnen auferlegten steuerlichen Pflichten, für nicht oder nicht rechtzeitig abgeführte bzw. bezahlte Steuern über § 69 AO.

Der Gesetzgeber hat hier der Finanzbehörde einen Haftungstatbestand an die Hand gegeben, über welchen vorrangig Geschäftsführer von GmbHs / UGs (haftungsbeschränkt) bei Insolvenz der Gesellschaft persönlich in Haftung genommen werden können.

In der praktischen Anwendung des § 69 AO ergreift die Haftung sogar den faktischen Geschäftsführer und in bestimmten Fällen auch den betreuenden Steuerberater.


2. Die haftungsauslösende Pflichtverletzung

Der Haftungsschuldner muss eine Pflichtverletzung begangen haben, die ursächlich für den eingetretenen Schaden ist.

Grundlage und Maßstab für die Pflichtverletzung sind sämtliche steuerlichen Pflichten aus der Abgabenordnung und den Einzelsteuergesetzen.

Die Vertreter und Handelnden haben daher u. a. die Verpflichtung, dafür zu sorgen, dass die Steuern aus den Mitteln entrichtet werden, zu deren Verwaltung sie berufen und verantwortlich sind. Hierzu zählt über die Vermögensfürsorgepflicht auch die Bildung von Rücklagen für zukünftige anfallende Steuern und Nebenleistungen.

Je nach Steuerart kann in Krisenfällen eine quotale Zahlung angezeigt bzw. haftungsvermeidend sein.


3. Kausalität bzw. Ursächlichkeit zwischen Pflichtverletzung und "Steuerschaden"

Eine Haftung besteht aber nur, wenn die Pflichtverletzung für den Schaden ursächlich war. D. h. wäre der "Steuerschaden" auch bei rechtmäßigem Verhalten eingetreten, scheidet eine Haftung über § 69 AO aus.


4. Schaden muss "real" eingetreten sein

Maßgeblich ist, dass Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis nicht oder nicht rechtzeitig festgesetzt oder erfüllt worden sind und der Fiskus hierdurch einen Steuerschaden hat. 

Im Umkehrschluss entfällt jedoch sodann die Haftung über § 69 AO, wenn die Gesellschaft die Steuerschuld (nachträglich) bezahlt.


5. Verschulden des haftenden Vertreters

Der Vertreter / Verfügungsberechtigte muss vorsätzlich oder grob fahrlässiges steuerrechtliche Pflichten verletzt haben.

Das Merkmal des "Verschuldens" wird insbesondere relevant, wenn mehrere Geschäftsführer bestellt sind und darüber hinaus eine Aufgabenverteilung innerhalb der Gesellschaft besteht. Denn dann kann die Thematik "Verschulden" als Exkulpation für eine Haftung über § 69 AO ggü. der Finanzbehörde als Verteidigungslinie aufgebaut werden.


6. Umfang der Haftung nach § 69 AO

Der Haftungsumfang des § 69 AO geht auf alle Steuerschulden der Gesellschaft für deren "Ausfall" der Vertreter verantwortlich ist bz w. gemacht wird.

Die Haftung erstreckt sich jedoch nicht auf später entstandene Zinsen sowie die Kosten der Zwangsvollstreckung und Zwangsgelder.

Die Haftung richtet sich gegen den Vertreter in Person. Eine Vollstreckung erfolgt in sein Privatvermögen.


7.) Geltendmachung und Durchsetzung der Haftung durch die Finanzbehörde

Die Geltendmachung der Haftung steht im Ermessen der Finanzbehörde und erfolgt über Haftungsbescheid nach § 191 AO.

Zwischen der Gesellschaft und dem haftendem Vertreter besteht Gesamtschuldnerschaft nach § 44 Abs. 1 Satz 1 AO.


Steuerliche Anmerkung:

Wenn der Vertreter als Haftungsschuldner für Steuerschulden der Gesellschaft in Anspruch genommen wird, kann er die von ihm geleisteten Zahlungen als nachträgliche Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit (§ 19 EStG) oder bei Einkünften aus Kapitalvermögen nach § 20 EStG steuerlich in Ansatz bringen.


Zu den Verteidigungsmöglichkeiten gegen eine steuerliche Haftung nach § 69 AO können Sie in meinem weiteren Artikel hierzu nachlesen.

"Verteidigungsmöglichkeiten gegen einen Haftungsbescheid der Finanzbehörde wegen Vertreterhaftung nach § 69 AO."



Dieser Artikel stellt keine konkrete und individuelle Rechtsberatung dar, sondern gibt lediglich einen groben Erstüberblick über die geschilderte rechtliche Materie. Rechtliche Sicherheit für Ihre konkrete Fallkonstellation können Sie nur durch abgestimmte Prüfung und Beratung eines fachkundigen Rechtsanwalts erhalten

Gerne stehe ich Ihnen bei Fragen rund um das steuerliche Haftungsrecht als Fachanwalt für Steuerrecht zur Verfügung.


Foto(s): Canva.de - Dr. Holger Traub


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