Der verlorene Sohn

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Ein Erblasser verstarb ohne ein Testament. Alle bekannten Verwandten, die als gesetzliche Erben infrage kamen, schlugen das Erbe jedoch aus. Sie fürchteten wohl die unsichere Lage der Erbschaft. Schließlich erbte der Staat und das Land Niedersachsen wurde als Erbe bestimmt. Das Land verkaufte das mit der Erbschaft erlangte Grundstück des Erblassers auf der Basis eines Wertgutachtens. Zwei Jahre später tauchte ein bisher unbekannter Sohn des Erblassers aus erster Ehe auf. Er behauptete, der Grundstücksverkauf sei viel zu billig erfolgt und forderte Schadensersatz wegen Amtspflichtverletzung in Höhe von € 120.000,00. Nach seiner Ansicht hatte sich das Nachlassgericht nicht ausreichend um eine Erbenermittlung gekümmert. Das Oberlandesgericht Braunschweig (Az: 11 U 65/19) sah das anders. Die Richter bejahten zwar die Möglichkeit, einen Erbenermittler einzuschalten. Aber sie betonten auch, dass der Nachlasspfleger Herr des Verfahrens bleiben muss und erst dann einen Erbenermittler einschalten darf, wenn er zuvor alle erforderlichen und zumutbaren Maßnahmen zur Ermittlung selbst vorgenommen hat und dabei  erfolglos geblieben ist Eine Nichte habe beim Nachlassgericht eine Verwandtenliste eingereicht, auf der der Sohn aus erster Ehe nicht vermerkt war. Seit seinem zweiten Lebensjahr hatte dieser auch keinen Kontakt mehr zu seinem Vater gehabt. In einem früheren, aber verworfenen Testament hatte der Erblasser außerdem erklärt, außer einer bereits verstorbenen Tochter keine anderen Kinder zu haben. Diese Umstände zusammengenommen ergaben für die Richter keinen Anlass, eine weitere Erbenermittlung durchzuführen. Der verlorene Sohn musste sich also mit dem tatsächlichen Verkaufserlös für das Grundstück zufrieden geben.


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